Gut für Sachsen-Anhalt: Solidarität statt Ellenbogen
(Beschluss des Landesparteitages am 19. März 2021)
Präambel
Die Wucht der andauernden Corona-Pandemie hat Sachsen-Anhalt, Deutschland und die ganze Welt hart getroffen. Wir sind im Anfang der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Ihre Folgen werden uns weit über die nächsten Landtags- und Bundestagswahlen hinaus beschäftigen. Das Corona-Management des Bundes und des Landes hat bei der Eindämmung der zweiten Welle der Pandemie versagt.
Unter der Krise leiden vor allem diejenigen, die ohnehin schon zu wenig Geld für sich und ihre Familien haben. Den deutschen Milliardären geht es dagegen immer besser. Ihr Vermögen ist seit einem Jahr um knapp 100 Milliarden gewachsen. Dies ist ein Sinnbild für die herrschende Politik, die das Auseinanderdriften der Gesellschaft hinnimmt.
Wer DIE LINKE wählt, wählt soziale Sicherheit und stärkt eine Kraft gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf Beschäftigte, Versicherte, Rentner*innen und Patient*innen. Wer DIE LINKE wählt, stärkt eine Kraft, die sich gegen sinnlose Rüstungsausgaben wendet und die Gelder für eine Bildungsoffensive einsetzen wird. Schulen und Kitas, statt Panzer und Kriegsschiffe! Und fast zwei Drittel der Bürger*innen Sachsen-Anhalts, darunter auch viele CDU-Anhänger, wollen eine Vermögensabgabe zur Bewältigung der Krisenlasten, wie sie DIE LINKE fordert.
Die wirklichen Leistungsträger dieser Gesellschaft, die durch ihre tägliche Arbeit den Reichtum schaffen, müssen endlich bessere Löhne erhalten. Das gilt vor allem für die „systemrelevanten Berufe“, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden. Gerade während des Lockdowns konnten wir sehen, wie sehr Frauen unsere Gesellschaft mit ihrer Arbeit zusammenhalten. Genau diese Tätigkeiten werden aber schlecht oder gar nicht bezahlt. Gesellschaftlich notwendige Arbeit muss jetzt und für die Zukunft neu bewertet werden. Auch hier hat der Markt versagt.
Nur ein starker Sozialstaat mit einem hohen Anteil kommunalen und gesellschaftlichen Eigentums wird dafür sorgen können, dass wirkliche Leistungen, wie sie gerade unter Coronabedingungen vor allem von Frauen in der Pflege und in den Krankenhäusern erbracht wurden, aber auch andere Arbeiten mit hohem körperlichen Einsatz, so bezahlt und wertgeschätzt werden, wie sie es verdienen. Nur ein solcher Sozialstaat kann zum Rettungsanker für Selbstständige und Kleine Unternehmen werden.
Die Stärke der LINKEN wird mit darüber entscheiden, ob die enormen Möglichkeiten der öffentlichen Hand in Sachsen-Anhalt endlich zu einer wirksamen Krisenbekämpfung eingesetzt werden, ob Massenarbeitslosigkeit und neue Privatisierungen abgewendet werden können, ob wir künftig bessere Krankenhäuser und bessere Pflegedienste in Sachsen-Anhalt haben werden, ob der Mangel an den Schulen beendet wird. Ohne uns wird es keine Entschuldung der Kommunen geben.
Unsere Stärke ist unser Antifaschismus. Wir kämpfen auf allen Ebenen gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Menschenfeindlichkeit und Antifeminismus. Das gesellschaftliche Problem des rassistischen, menschenfeindlichen Hasses muss konsequent gelöst werden! Unsere Stärke ist entscheidend, wenn es um die Bekämpfung alter und neuer Nazis geht.
Nicht Sachsen-Anhalt ist schwach, sondern sein Ministerpräsident, seine Regierung und seine zerstrittene und verzagte KENIA-Koalition sind es. Diese Regierung regiert nicht und diese Koalition gestaltet nicht, sondern verwaltet den Mangel. Während andere Landeregierungen die historisch einmalige Niedrigzinsphase sowohl für den Ausgleich der besorgniserregenden Steuerausfälle nutzen, als auch eigene zusätzliche Hilfs- und Konjunkturprogramme auflegen, versagt das Kabinett Haseloff in diesen beiden Punkten. So werden mitten in der Krise die Landesfinanzen gegen die Wand gefahren. Wie sehr wir in Sachsen-Anhalt eine neue Politik brauchen, zeigt sich vor allem im ländlichen Raum. Über viele Jahre hinweg - zuerst unter Böhmer & Bullerjahn, jetzt unter Haseloff - zieht sich der Staat aus der Fläche zurück. Mit dieser Politik der stillgelegten Busse und Bahnen, der verkauften Krankenhäuser muss Schluss sein.
Mit unserem Landtagswahlprogramm reden wir Klartext über Missstände und sagen konkret, was sich ändern muss. Wir sind überzeugt davon, dass Sachsen-Anhalt gestärkt aus der Krise hervorgehen kann. Ein Konjunktur- und Investitionspaket, gezielte Hilfen für Solo-Selbstständige, die Erhöhung des Mindestlohnes und die Ausweitung der Tarifbindung sind dabei Punkte, auf die es ankommt. Im Gesundheitswesen wollen wir neue Wege gehen: Mit einem Krankenhausverbund wollen wir nicht nur einen Schutzschirm gegen die Privatisierung kommunaler Krankenhäuser schaffen, sondern ein leistungsfähiges, öffentliches Krankenhausunternehmen, das schrittweise Häuser von Privaten übernehmen kann. Privaten Krankenhausbetreibern, die ihren Versorgungsauftrag nicht erfüllen, muss die Betriebserlaubnis entzogen werden und die Krankenhäuser sind in öffentliche Hand zu überführen.
Der Klimawandel stellt auch Sachsen-Anhalts Wirtschaft vor enorme Herausforderungen. Das betrifft keineswegs nur den Kohleausstieg im Süden unseres Landes, sondern ebenso die Automobilzulieferer sowie die Land- und Forstwirtschaft. Dass eine Wirtschaft, die sich auf dem Verbrennen fossiler Rohstoffe gründet, keine sicheren Perspektiven mehr bieten kann, sehen immer mehr Menschen ein. Deswegen gibt es in unserem Programm keine wichtige wirtschaftliche Frage, die nicht auch einen Klimaschutzaspekt hat. Wir richten unsere wirtschafts-, energie- und agrarpolitischen Konzepte an der Achse des ökologischen Strukturwandels aus. Doch das, was ökologisch vernünftig ist, ist deswegen nicht automatisch sozial gerecht. Doch das, was ökologisch vernünftig ist, ist deswegen nicht automatisch sozial gerecht. Grüne Politik erscheint innovativ, vor allem aber gibt sie denen, die schon haben, immer noch etwas mehr dazu. Der ökologische Umbau muss auch im Interesse derer erfolgen und ausgestaltet werden, die mit weniger finanziellen Möglichkeiten ausgestattet sind, hier in Sachsen-Anhalt und weltweit. DIE LINKE steht wie keine andere Partei für einen sozial-ökologischen Wandel.
Vor allem in der Krise wollen die Menschen Sicherheit und eine Perspektive für ein besseres Leben in Gerechtigkeit und Würde. Diese Hoffnung wird nicht nur durch wirtschaftliche Verwerfungen bedroht, sondern auch durch alte und neue Nazis, Reichsbürger und andere Feinde einer demokratischen Gesellschaft. Der antisemitische, rassistische und frauenfeindliche Terroranschlag vom 09. Oktober 2019, der in einer Reihe mit den Morden des „NSU“, an Walter Lübcke, in Hanau oder Christchurch steht, ist Folge der gewaltvollen Ideologie der völkischen Rechten. Im ganzen Land sind verfestigte extrem rechte, neonazistische und faschistische Strukturen aktiv, von denen eine konkrete Gefahr für das Leben und die Freiheit der Menschen in Deutschland ausgeht. Wir brauchen eine Regierung, die endlich konsequent dagegen vorgeht. Mit Schwerpunktstaatsanwaltschaften, mit einer konsequenten Entwaffnung, mit konsequenter Anwendung der Gesetze. Die AfD ist der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus. Trotzdem sind Teile der CDU nicht bereit, sich von einer Zusammenarbeit zu distanzieren. DIE LINKE kämpft gegen jeden Einfluss der extremen Rechten auf die Regierungspolitik in Sachsen-Anhalt.
DIE LINKE ist die Partei, die im Bund, im Land und in den Kommunen auf einen starken Sozialstaat setzt. DIE LINKE ist die einzige Partei, die die Interessen der Menschen in Ostdeutschland konsequent vertritt.
DIE LINKE ist ihrem sozialistischen Erbe verpflichtet. Sie steht für den Bruch mit der SED-Herrschaft. Die ostdeutsche Revolution von 1989 war ebenso auch mutige Reformbewegung eines demokratischen und ökologischen Sozialismus. Wir wollen die Gesellschaft demokratisch, sozial und ökologisch verändern. Wir wollen ein demokratisch-sozialistisches Ideal, das das Privateigentum nicht über alles hebt, das wichtige Bereiche des öffentlichen Lebens nicht dem Markt überlassen will, Gleichheit und Solidarität, Freiheit und Frieden sind für uns die Vision einer besseren Gesellschaft.
Teil I: Gerechtigkeit, die wir meinen
DIE LINKE kämpft für ein neues Normalarbeitsverhältnis, das für alle Menschen soziale Sicherheit ermöglicht und auf individuelle Lebenslagen Rücksicht nimmt: Arbeit muss für alle Menschen sicher und unbefristet, tariflich bezahlt, sozial abgesichert und demokratisch mitgestaltet sein. Das gilt, egal ob die Arbeit mit Laptop oder Wischmopp, im Pflegekittel oder Blaumann geleistet wird. In einem reichen Land wie Deutschland fängt sozial gerechte Politik damit an, dass Armut trotz Arbeit, sozialer Abstieg und permanente Unsicherheit in prekären Jobs sofort gestoppt werden.
Seitdem in Deutschland auch auf Druck der LINKEN der Mindestlohn eingeführt wurde, war er vor allem für viele Geringverdiener*innen in Sachsen-Anhalt ein Erfolgsmodell. Er führte zu einer überdurchschnittlichen Erhöhung des Lohnniveaus und zu einer erhöhten Binnennachfrage. Der Mindestlohn ist jedoch kein Ersatz für gute Löhne, die eine auskömmliche Rente ermöglichen. Und gute Löhne gibt es vor allem dort, wo nach Tarif bezahlt wird. Doch nur die Hälfte unserer Beschäftigten ist durch einen Tarifvertrag geschützt. Deswegen unterstützen wir die Gewerkschaften in ihrem Kampf um gute Tarifverträge. In Streiks können Gewerkschaftsmitglieder höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen erkämpfen. Und wir haben eine klare und einfache Botschaft: Öffentliche Aufträge soll nur bekommen, wer sich an Tarifverträge hält bzw. einen Vergabemindestlohn von 13 Euro brutto pro Stunde bezahlt. Wir setzen uns für ein Vergabegesetz mit verbindlichen sozial-ökologischen Kriterien ein. DIE LINKE tritt dafür ein, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, insbesondere für die Bereiche Handel, Reinigung und Pflege. Das Vetorecht der Arbeitgeber bei Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen gehört abgeschafft. Wir unterstützen die Forderung des DGB nach einem Kompetenzzentrum für Gute Arbeit.
Geht es nach Ministerpräsident Haseloff (CDU), bleibt Sachsen-Anhalt ein Niedriglohnland. Die Menschen arbeiten länger, verdienen dafür weniger und haben nicht so viel Urlaub wie in den alten Bundesländern. Denn die CDU führt in Sachsen-Anhalt einen rückwärtsgewandten Kampf gegen den Mindestlohn, die Tarifbindung und die Erweiterung von Arbeitnehmerrechten. Das muss sich ändern. Nicht in 10 oder 20 Jahren, sondern jetzt.
Existenzsicherung in der Wirtschaftskrise
Viele Beschäftigte müssen aufgrund von Kurzarbeit Lohneinbußen hinnehmen. Das bedeutet auch später weniger Rente. Das Kurzarbeitergeld muss auf 90 Prozent erhöht werden. Jeglichen Forderungen, den Mindestlohn zu senken, erteilt DIE LINKE. Sachsen-Anhalt eine scharfe Absage. Wir fordern ein Grundeinkommen für Solo-Selbstständige, Künstler*innen und Dienstleister*innen der Veranstaltungsbranche von 1.200 Euro im Monat bis zum Ende der Beschränkungen für ihre Arbeit.
Das Land Sachsen-Anhalt muss als Arbeitgeber vorbildlich sein
Galt ein Job im öffentlichen Dienst vor Jahren als sicher bis zur Rente, ist jetzt dieser Sektor vor allem durch Überalterung und Befristung geprägt. Fast die Hälfte der zurzeit im Öffentlichen Dienst Beschäftigten erreicht in den kommenden zehn Jahren das Rentenalter. Dennoch erfolgt mehr als die Hälfte der Neueinstellungen nur befristet und nur jede/r vierte befristet Beschäftigte wird in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. So gewinnt man keinen Nachwuchs, sondern verprellt ihn. DIE LINKE wird den Öffentlichen Dienst wieder zum attraktiven Arbeitgeber machen. Sachgrundlose Befristungen wollen wir abschaffen, den Nachwuchs besser ausbilden und durchlässige Aufstiegskorridore schaffen. Insbesondere für mittlere und gehobene Laufbahnen wollen wir mehr Entwicklungsmöglichkeiten aus dem eigenen Personalbestand schaffen. Frauen in Führungspositionen wird DIE LINKE aktiv fordern und fördern. Außerdem werden wir uns für flache Hierarchien und partizipative Führung einsetzen, sodass alte Machtstrukturen auch im Öffentlichen Dienst aufgebrochen werden.
Was wir für Arbeitsnehmerrechte tun wollen
Der Aushöhlung von Arbeitsschutzrechten unter dem Vorwand der Digitalisierung oder der Corona-Pandemie sagen wir den Kampf an. Arbeit muss flexibler werden, aber für die Beschäftigten, nicht die Konzerne. Die Bestimmungen zu Sonn- und Feiertagsarbeit dürfen nicht aufge-weicht werden. Dauerhaftes Arbeiten von zu Hause aus, ob Home-Office oder mobiles Arbeiten, kann zu sozialer Vereinsamung führen und die ständige Erreichbarkeit durch den Arbeitgeber belastet die Psyche weiter. Die Kosten, welche durch mobiles Arbeiten entstehen, dürfen nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Wo Gewerkschaftsarbeit behindert (union busting) und Gewerkschafter*innen gemobbt werden, muss der Staat eingreifen. Wer die Bildung eines Betriebsrates oder dessen Arbeit behindert, macht sich strafbar. Aber nur in seltenen Fällen kommt es zur Anklage. Hier muss bei der Ahndung und Verfolgung von solchen Straftaten mehr getan, aber auch der öffentliche Druck auf solche Unternehmen erhöht werden, auch mit Einschränkungen bei der Fördermittelvergabe des Landes. DIE LINKE fordert die Einführung eines Verbandsklagerechtes für Gewerkschaften. Wir wollen, dass gegen Mobbing von Beschäftigten und Betriebsräten, gegen Verstöße gegen Tarifverträge und Arbeitsrechte auch die Gewerkschaften Klage erheben können.
Ausbeuterische Werkverträge und Leiharbeit abschaffen
Skandalöse Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, auf dem Bau und in der Landwirtschaft gefährden die öffentliche Gesundheit. Hohe Infektionszahlen sind dort deswegen kein Zufall, sondern Ergebnis unerträglicher Ausbeutungsverhältnisse auf der Basis von Werksverträgen und Leiharbeit. So ziehen sich Unternehmen aus der Verantwortung für Arbeitnehmer*innenschutz, kassieren aber hohe Gewinne durch die Dumpingangebote von Subunternehmen. DIE LINKE fordert die Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit, illegaler Arbeitnehmer*innenüberlassung und das Verbot von Leiharbeit. Sozialstandards und Arbeitnehmer*innenrechte müssen überall in Sachsen-Anhalt und für jede/n gelten, egal, woher sie/er kommt.
Betriebliche Mitbestimmung stärken
Dass nur rund 14 Prozent der Betriebe mit mehr als 5 Beschäftigten im Land einen Betriebsrat haben, muss sich endlich ändern. DIE LINKE fordert über die jährlich stattfindende Betriebsrätekonferenz hinaus, eine Förderung der Anerkennungskultur betrieblicher Mitbestimmung, u.a. auch durch eine Aufnahme in den Unterricht an berufsbildenden Schulen. Unternehmen, Betriebs- und Personalräte wollen wir beim betrieblichen Gesundheitsmanagement unterstützen und Weiterbildungsstandards etablieren und verbessern.
Damit Arbeit nicht krank macht
Die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz sind ein wichtiges Gut. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz von Menschen darf nicht dem Kommerz bzw. dem Rotstift geopfert werden. Das Landesamt für Verbraucherschutz, vor allem der Fachbereich Arbeitsschutz, war jahrelang Kürzungs- und Spardruck ausgesetzt und ist personell unterbesetzt. Schon heute wird ein Unternehmen in Sachsen-Anhalt durchschnittlich nicht einmal rund alle 19 Jahre kontrolliert. Eine effektive Kontrolltätigkeit sieht anders aus. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt setzt sich für mehr Personal im Landesamt ein.
Das Verlangen nach ständiger Erreichbarkeit, die beschleunigte digitale Informationsflut und Arbeitsverdichtung sowie schlechte Arbeitsausstattungen gefährden die Gesundheit und führen zu einer Zunahme vor allem psychischer Erkrankungen. Auf diese Veränderungen ist bislang im Arbeitsschutzrecht und bei der Prävention nicht ausreichend reagiert worden. Deswegen brauchen wir eine Anti-Stress-Verordnung, und eine gesetzliche Verpflichtung der Arbeitgeber*innen beim betrieblichen Gesundheitsmanagement. Die Trennung von Arbeit und Privatleben ist ein schützenswertes Gut. Die Ausweitung des Home-Office erfordert daher angepasste Regelungen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Es sollte einen Rechtsanspruch für Beschäftigte auf mobiles Arbeiten und Home-Office geben, aber nur freiwillig und mit verbindlichem tariflichen Schutz vor Überlastung und Stress.
Mehr Geld für Auszubildende
Auszubildende sind nicht einfach billige Arbeitskräfte, die zu ausbildungsfremden Tätigkeiten und Überstunden gezwungen werden können. Betrieben, die gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz und das Berufsbildungsgesetz verstoßen, muss von den zuständigen Stellen die Ausbildungsberechtigung entzogen werden. Wir fordern eine Mindestausbildungsvergütung von 1050 Euro. Das Schulgeld bei den nichtärztlichen Heilberufen und Erziehungsberufen werden wir abschaffen und eine adäquate Ausbildungsvergütung für die schulischen Ausbildungen einführen.
Wir wollen ein landesweites Azubiticket
In Sachsen-Anhalt nehmen demografisch bedingt auch in den kommenden Jahren weniger junge Menschen eine Ausbildung auf. Dadurch kommt es zwangsläufig zu weiten Wegen zur Ausbildungsstätte und zur Berufsschule. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt setzt sich für ein Angebot an Internatsplätzen an jedem Berufsschulstandort und für ein Azubiticket, das den Namen verdient, ein.
Der Fachkräftemangel kann überwunden werden
Arbeit in Sachsen-Anhalt muss attraktiver werden, sowohl bei der Bezahlung als auch bei der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt sowie den Arbeitsbedingungen. Sachsen-Anhalt leidet seit Jahren unter dem Weggang von jungen Menschen. Schon jetzt fehlen Lehrer*innen, Erzieher*innen, Richter*innen, Fachkräfte im Industriebereich, aber auch im Handwerk, in der Gastronomie/Hotellerie und im Gesundheitswesen. Prekäre Beschäftigung im Wissenschaftsbereich und mehr Solo-Selbstständige durch Outsourcing von regulärer Beschäftigung, etwa im Bereich Webdesign, Netzwerkadministration usw. sind für viele keine ausreichenden Perspektiven. DIE LINKE will alle Möglichkeiten nutzen, Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen sollen Fachkräfte halten, das Land aber auch interessant für Rückkehrer machen. Wir wollen, dass betriebliche und überbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen auch darauf ausgerichtet sind, berufliche Perspektiven von Fachkräften zu stärken.
Berufliche Weiterbildung wird beim Voranschreiten von Digitalisierung und Strukturwandel eine wichtige Rolle einnehmen. Einerseits müssen Betriebe es ihren Beschäftigten ermöglichen, steigenden Anforderungen im digitalen Bereich gerecht zu werden, andererseits müssen arbeitssuchende Menschen auf neue Gegebenheiten im Arbeitsalltag vorbereitet werden. Die Bandbreite von nötigen Qualifizierungsangeboten vom 2-stündigen Kurs zu Datenschutz bei Videokonferenzen bis zur 2-jährigen Umschulung ist so vielfältig wie die Menschen selbst und muss ausgeschöpft werden. Allerdings muss Arbeitnehmer*innen nicht nur berufliche Weiterbildung, sondern jegliche Form der Erwachsenenbildung wie z.B. politische, kulturelle oder ehrenamtliche Bildung während ihrer Arbeitszeit ermöglicht werden. Dazu strebt DIE LINKE die Änderung des Bildungsfreistellungsgesetzes in ein modernes Bildungszeitgesetz an. Digitale Formate wie Webinare und Livestreams sind Bestandteil der Erwachsenenbildungsangebote und gewinnen künftig an Bedeutung. Die Träger der Erwachsenenbildung benötigen in diesem Feld Rechtssicherheit. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die Abrechnungssystematik bei den Trägern der öffentlich verantworteten Erwachsenenbildung diesem Wandel angepasst wird. Zahlreiche Studien zur demografischen Entwicklung zeigen, dass es sich Sachsen-Anhalt nicht leisten darf, auch nur einen Menschen auszugrenzen. Angebote von Trägern der öffentlich verantworteten Erwachsenenbildung zu Alphabetisierung und Grundbildung sind zu fördern und auszubauen.
Sachsen-Anhalt braucht Zuwanderung
Ohne zugewanderte Fachkräfte kann unsere Wirtschaft nicht auskommen. Und dafür braucht es eine offene Willkommenskultur und die schnelle Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen. Im Ausland erworbene Berufsqualifikationen müssen schneller als bisher anerkannt werden, der Weg zur Anerkennung muss übersichtlicher werden und es muss Teilanerkennungen und vor allem entsprechende Qualifizierungsangebote geben. Alle damit befassten Institutionen auf Landes- und Regionalebene müssen eine umfassende Unterstützung erfahren. Das gilt für Institutionen wie das Landesschulamt, das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung oder das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe ebenso wie für die unabhängigen Berufskammern. Der Auf- und Ausbau der für ihre Arbeit notwendigen Datenbanken über ausländische Bildungssysteme soll eine umfassende Förderung durch das Land erfahren. Die beständige interkulturelle Weiterbildung der Mitarbeiter*innen ist sicherzustellen. Die wichtige Unterstützung von migrantischen Arbeitskräften und die Hilfen gegen Ausnutzung und Missbrauch müssen fortgeführt werden und das Projekt BemA-Beratung migrantischer Arbeitskräfte - personell verstärkt werden. Die Ausbeutung migrantischer Arbeitskräfte, etwa in Schlachthöfen oder Erntebetrieben, ist zu bekämpfen. DIE LINKE fordert häufigere und unangekündigte Kontrollen und dass Verstöße konsequent geahndet werden. Die Zusammenarbeit von Zoll, Gewerbeämtern und Landesamt für Verbraucherschutz, Veterinäramt muss verbessert werden. Wir wollen das Landesamt für Verbraucherschutz vor allem im Bereich Arbeitsschutz personell verstärken.
Nicht nur Erwerbsarbeit ist Arbeit
Erwerbsarbeit, Familienarbeit und gesellschaftliches politisches Engagement sind gleichermaßen wichtige Bereiche gesellschaftlicher Arbeit. Wir wollen dafür sorgen, dass sie für Männer und Frauen gleichermaßen besser miteinander vereinbar werden. Heute erbringen Frauen mehr als die Hälfte der gesellschaftlichen Arbeit. Insbesondere die – unbezahlte – Familienarbeit liegt zum übergroßen Teil immer noch bei den Frauen. Besonders im Bereich Gesundheit und Pflege wird Arbeit oft freiwillig und unbezahlt geleistet. Auch wenn wir auf dieses Engagement nicht verzichten wollen und können, gilt es doch zu verhindern, dass über diesen Weg bezahlte Arbeit verdrängt oder ersetzt wird.
Erwerbsarbeit im Bereich von Gesundheit und Pflege wird nach wie vor schlecht bezahlt und überwiegend von Frauen geleistet. Wir wollen, dass diese Arbeit aufgewertet und besser bezahlt wird. Hier braucht es einen Systemwechsel zur Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich und Arbeitsumverteilung. Wir wollen dazu Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände bei der konkreten Entwicklung von Modellen der Arbeitszeitverkürzung, die sich am wirklichen Bedarf der Arbeitnehmer*innen orientieren, unterstützen.
Durch das Ende der ESF-Förderperiode 2021/22 werden die kaum noch zählbaren Arbeitsmarktprogramme für einzelne Personengruppen wie z.B. Alleinerziehende, ältere arbeitslose Menschen oder Langzeitarbeitslose auslaufen. DIE LINKE will anstatt einer neuen unübersichtlichen Förderstruktur ein Modellprojekt Grundeinkommen in Verbindung mit freiwilliger und sozialversicherungspflichtiger Gemeinwohlarbeit für arbeitslose Menschen etablieren.
DIE LINKE will den Sozialstaat in Deutschland erneuern. Dies ist nötig, weil die Armut und die Armutsrisiken in unserem Land rapide ansteigen. Stimmen aus Union und FDP stellen die Finanzierbarkeit des Sozialstaates wegen Corona infrage. Jetzt müssen unsere sozialen Sicherungssysteme vor neuen Angriffen derjenigen geschützt werden, die die Krise skrupellos missbrauchen wollen, um nach den Wahlen Leistungen zu kürzen. Für die Kosten der Krise müssen die großen Vermögen herangezogen werden, die übrigens auch am stärksten von den Konjunkturprogrammen des Bundes profitiert haben.
Ein Schutzschirm gegen Armut: Gute Löhne, Gute Renten
Es darf nicht sein, dass Menschen mehrere Jobs annehmen müssen, weil sie von einem allein nicht leben können und noch aufstocken müssen. Wenn in Sachsen-Anhalt immer noch mehr als ein Drittel der Menschen für Niedriglöhne arbeiten, zeigt das nicht nur, wie in unserem Land gegen das Prinzip gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit verstoßen wird, sondern die Dimension von Altersarmut, die uns droht, wenn nicht gegengesteuert wird. Wir setzen dagegen auf flächendeckende Tarifverträge mit einer dynamischen Lohnentwicklung. Der Mindestlohn muss auf 13 Euro pro Stunde angehoben werden, damit niemand im Alter auf Grundsicherung angewiesen ist. Wir wollen die gesetzliche Rente stärken und eine Rentenkasse für alle Menschen mit Erwerbseinkommen einführen. Für einen Ruhestand in Würde und für soziale Teilhabe im Alter für jede und jeden brauchen wir einen Mindeststandard in der gesetzlichen Rente. Deshalb will DIE LINKE eine steuerfinanzierte, solidarische Mindestrente von 1.200 Euro netto einführen. Die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre lehnen wir ab. Sie ist nichts außer einer weiteren Kürzung der Renten. Stattdessen wollen wir flexible Übergänge in die Rente vor dem 65. Lebensjahr ermöglichen.
Für eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung: Eine für Alle
Die bestehende Gesetzliche Krankenversicherung folgt Grundsätzen, die sozial ausgeglichen sind. Gesunde zahlen für Kranke und Gutverdienende für Geringverdienende. Aber leider gibt es von diesen Grundsätzen so viele Ausnahmen, dass grobe Ungerechtigkeiten die Folge sind. Einige Bevölkerungsgruppen können sich aus der Solidarität verabschieden, v.a. Beamt*innen, Selbstständige und Angestellte mit hohem Einkommen. Wer arbeitet, zahlt auf sein Gehalt Beiträge, wer Einkommen aus Aktien, aus Vermietung u.a. hat, zahlt darauf nichts. Prozentual sinkt die Belastung mit steigendem Einkommen. Damit muss Schluss sein. Unser Vorschlag ist klar: Wenn sich alle in Deutschland lebenden Menschen nach ihrem Einkommen an der Finanzierung des Gesundheitssystems beteiligen, ist das nicht nur gerechter, sondern die Beitragssätze könnten auch deutlich sinken. Deshalb hat DIE LINKE das Konzept der Solidarischen Gesundheitsversicherung (Bürgerversicherung) entwickelt. Der Beitragssatz könnte damit laut einer Studie aus dem Jahr 2017 von 15,7 Prozent auf unter 12 Prozent des Einkommens sinken. Auf Löhne und Gehälter sowie Renten müssten die Versicherten nur noch einen Anteil von 5,85 Prozent statt derzeit 8,4 Prozent zahlen. Wir brauchen eine Gesundheits- und Pflegereform, um die Kostenübernahme in den Pflegeheimen zu regeln und eine deutlich bessere Bezahlung des Personals in Pflege und Gesundheit durchzusetzen.
Eine Grundsicherung, die Ihren Namen verdient
Statt Hartz IV brauchen wir eine sanktionsfreie und bedarfsdeckende Mindestsicherung, die vor dem finanziellen Absturz schützt, und eine armutsfeste Grundsicherung für Kinder. Hartz IV ist durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung von 1.200 Euro grundlegend zu überwinden. Sanktionen müssen abgeschafft werden. Die Bedarfsgemeinschaftskonstruktion lehnt DIE LINKE ebenso ab wie Zwangsumzüge und Schnüffeleien im Privatleben. In der Krise kämpfen wir für Pandemiezuschläge auf Sozialleistungen und für ein Grundeinkommen (Selbstständigengeld), um eine Pleitewelle bei kleinen Unternehmen, Solo-Selbstständigen, Künstler*innen und Dienstleister*innen der Veranstaltungsbranche zu verhindern.
Kinderarmut überwinden
Mehr als jedes fünfte Kind in Sachsen-Anhalt lebt in Armut oder ist armutsgefährdet. Was ist zu tun? Auf Bundesebene muss eine eigenständige Grundsicherung für Kinder und Jugendliche eingeführt werden. Die Anhebung des Kindergeldes und Kinderfreibetrages wird das aktuelle Problem nicht lösen, denn noch immer wird das Kindergeld auf die Hartz-IV-Leistungen angerechnet und bei den Kinderfreibeträgen profitieren nur die, die auch eine entsprechende Höhe an Steuern zahlen – also die Besserverdienenden. Wir fordern daher als ersten Schritt das Ende der Anrechnung auf Transferleistungen. Auf Landesebene wollen wir ein Netzwerk früher Hilfen entwickeln, das Kinder und Jugendliche von der Geburt bis zum Einstieg in das Berufsleben begleitet. Ein solches Netzwerk bietet Unterstützung für Kinder und Eltern gleichermaßen. Voraussetzung ist ein wertschätzender, vertrauensvoller Umgang aller Beteiligten miteinander. Die Realisierung dieses Konzeptes erfordert einen Dialog mit den Kommunen. Als Anreiz zur Umsetzung dieses Konzeptes durch die Kommunen werden zusätzliche Landesmittel zur Verfügung gestellt.
Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher stärken
Unternehmen, Banken und Konzerne setzen ihre Macht regelmäßig zum Nachteil der Verbraucher*innen ein. Unlautere Werbung, Abzockerei bei Telefon- und Internetangeboten, die miesen Praktiken der Inkasso- und Abmahnindustrie müssen wir uns so wenig gefallen lassen wie schlechte und ungesunde Lebensmittel.
Es gibt inzwischen kaum einen Raum, in dem Menschen keine Werbung aufgedrängt wird. Wir wollen eine schrittweise Einschränkung von Produkt- und Markenwerbung im öffentlichen Raum sowie ein vollständiges Verbot von kommerzieller Werbung an Kitas und Schulen.
Alle Verbraucher*innen müssen das Recht haben, selbst zu bestimmen, was mit ihren Daten geschieht, ohne benachteiligt zu werden.
Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt ist mit ihren Beratungsstellen eine Säule des Verbraucherschutzes in unserem Land. Ihre vielfältigen Angebote der Rechtsberatung, der Fachberatung Lebensmittel, der Energieberatung, der Pflegerechtsberatung – um hier nur einige zu nennen – helfen alltäglich vielen Menschen. Wir wollen dafür sorgen, dass diese Arbeit mit einer guten Finanz- und Personalausstattung durch das Land gewürdigt wird. Auch die kommunalen Schuldnerberatungen und die Insolvenzberatung brauchen eine gute Ausstattung. Denn damit Schulden verhindert werden, bevor sie entstehen, brauchen wir gut ausgestattete Schuldnerberatungsstellen. Dazu gehört auch eine mobile Verbraucherberatung in den ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts.
Einst gab es in Sachsen-Anhalt ein dichtes Netz mit öffentlichen 70 Krankenhäusern. Heute gibt es noch 11 Krankenhäuser in öffentlicher Hand und 18 Häuser, die von frei-gemeinnützigen Trägern betrieben werden. 17 Krankenhäuser sind von privaten Krankenhauskonzernen übernommen worden, der Rest ist geschlossen. Die Menschen wollen kein privatisiertes Gesundheitssystem und keine Zwei-Klassenmedizin. Die Beschäftigten in privatisierten Kliniken wie AMEOS streiken gegen miese Arbeitsbedingungen und schlechte Löhne. Mittlerweile gibt es einen riesigen Investitionsstau, auf den die Landesregierung nur unzureichend reagiert.
Für einen öffentlichen Klinikverbund in Sachsen-Anhalt
DIE LINKE will einen Schutzschirm gegen Privatisierung für die verbliebenen kommunalen Krankenhäuser. Dafür müssen wir den überregionalen Unternehmensstrukturen der privaten Krankenhauskonzerne einen eigenen öffentlichen Klinikverbund entgegensetzen.
Über den Klinikverbund soll sich das Land an den kommunalen Kliniken beteiligen. Außerdem sollte das Land die Salus-GmbH in den Verbund einbringen. Die Verbundgesellschaft wird mit Eigenkapital und Kreditbürgschaften ausgestattet. Damit wird die Kapitalbasis der kommunalen Krankenhäuser gestärkt. Als zusätzlicher Anreiz sollte über die Übernahme von Altschulden der Häuser gesprochen werden. Aufgabe des Klinikverbundes ist es, über Beteiligungen an den kommunalen Häusern eine Holding zu bilden, welche die wirtschaftliche Koordinierung der einzelnen Häuser übernimmt. Die ärztliche Leitung der Standorte sowie die Verwaltungsleitung verbleiben auf kommunaler Ebene. Die wirtschaftliche Gesamtleitung und das Kreditmanagement liegt beim Klinikverbund. Derartige regionale Gesundheitsunternehmen gibt es schon in anderen Bundesländern. Gelänge es, die verbliebenen kommunalen Krankenhäuser unseres Landes unter dem Dach einer Holding zu vereinen, stünden dort ca. 4.500 Betten für die Patient*innenversorgung zur Verfügung. Wir wollen dafür sorgen, dass der Klinikverbund wirtschaftlich so aufgestellt wird, um perspektivisch Krankenhäuser aus dem privaten in den öffentlichen Bereich zurückzuholen. Wenn private Betreiber die Versorgung nicht mehr sicherstellen, ist ihnen der Versorgungsauftrag zu entziehen und das Krankenhaus in die öffentliche Hand zurückzuführen.
Für eine solidarische Finanzierung der Krankenhäuser und der stationären Pflege
Das bestehende Fallpauschalensystem hat zu Personalmangel, Lohndumping und Pflegenotstand geführt. Es ist weder pandemiesicher noch gemeinwohlorientiert. Die Fallpauschalen müssen durch ein neues System der kostendeckenden Finanzierung abgelöst werden. DIE LINKE fordert eine gesetzliche, bedarfsgerechte und voll finanzierte Personalbemessung für alle Berufsgruppen im Krankenhaus. Für die stationäre Pflege müssen die Vorschläge von ver.di, vom Deutschem Pflegerat (DPR) und von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zur Pflegepersonal-Regelung (PPR 2.0) umgesetzt werden.
Das Land muss seiner Verpflichtung zur Finanzierung der Krankenhausinvestitionen nachkommen. Der jährliche Investitionsbedarf aller Krankenhäuser liegt bei 150 Millionen Euro. Für die kommenden 5 Jahre sollte dieser mit 750 Millionen Euro im Haushalt festgeschrieben werden. Davon sollen 80 Millionen Euro jährlich pauschal für Ersatzbeschaffungen und kleine Baumaßnahmen ausgereicht werden. Die verbleibende Summe soll über den Fünfjahreszeitraum als Einzelfallförderung zur Umsetzung der Strukturveränderungen des Krankenhausplanes verwendet werden.
Gesundheits- und Sozialberufe aufwerten
Es wird immer wieder beklagt, dass in der Kranken- und Altenpflege, für die Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen zu geringe Löhne gezahlt werden und deswegen viele Fachkräfte fehlen. Das ist nicht die ganze Wahrheit. Es geht auch darum, dass die Überlastung des Personals durch eine verfehlte Sparpolitik bewusst in Kauf genommen wurde. Deswegen unterstützen wir die Gewerkschaften im Kampf um gute und flächendeckende Tarifverträge. Es müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, diese für allgemeinverbindlich zu erklären, um die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Zur Aufwertung der Gesundheitsberufe gehört aus unserer Sicht auch, die Schulgeldfreiheit für Gesundheitsberufe, die Vergütung der Ausbildung und ihre perspektivische Akademisierung durchzusetzen. Die Leistungen der Beschäftigten in der Gesundheits-, Pflege- und Sozialbranche werden am besten gewürdigt, indem die bestehenden Missstände beseitigt werden und endlich Löhne gezahlt werden, die ihren Leistungen entsprechen.
Öffentliche Gesundheitsdienste und kommunale Pflegedienste
Durch die Pandemie ist vielen bewusst geworden, wie wichtig der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) und leistungsfähige Gesundheitsämter sind. Dass nun von Bund und Ländern beschlossen wurde, Finanzmittel für tausende neue Stellen und den Ausbau elektronischer Meldewege zur Verfügung zu stellen, ist ein überfälliger Schritt. Der ÖGD sollte befähigt werden auch bei der Infektionsprophylaxe, z.B. für Reihenimpfungen in Kitas, Schulen und Betrieben, Kapazitäten zu entwickeln.
Ein dynamischer Pandemieplan für Sachsen-Anhalt
Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass im Falle einer Pandemie ein koordiniertes, zügiges und konsequentes Handeln erforderlich ist. Ein dynamischer Pandemieplan ist dafür ein unverzichtbares Instrument. Der Pandemieplan muss in einem Zweijahresrhythmus angepasst werden – es sei denn, es ergeben sich zwingende Änderungen aus aktuellem Anlass. Wir brauchen eine eigenständige Bevorratung an Schutzausrüstungen, Desinfektionsmitteln, Masken, Medikamenten usw., um im Krisenfall die Versorgung der Bevölkerung und damit die Sicherheit derBürger*innen gewährleisten zu können. Darüber hinaus ist es unabdingbar, die Produktion dieser lebenswichtigen Produkte im Inland sicherzustellen.
Prävention statt Kriminalisierung
DIE LINKE. Sachsen-Anhalt steht für eine gesundheitsorientierte und selbstbestimmte Drogenpolitik und Suchtprävention. Statt Drogenkonsum zu kriminalisieren, wollen wir einen effektiven Jugend-, Gesundheits- und Verbraucherschutz ermöglichen und Menschen in Abhängigkeit aus ihrer Sucht begleiten. Damit einher gehen für uns die Legalisierung von Cannabis, die kontrollierte Abgabe sogenannter harter Drogen an Menschen mit Abhängigkeit und die Möglichkeit, Drogen zum Eigenbedarf auf Verunreinigungen prüfen zu lassen sowie die Einrichtung von Drogenkonsumräumen. Gleichzeitig wollen wir uns den gesellschaftlichen Folgewirkungen von Drogenmissbrauch stellen. Unterstützungsstrukturen für suchterkrankte Menschen. müssen um eine gute wissenschaftliche Begleitung ergänzt werden, um passgenaue Hilfen anzubieten. Wir werden uns dafür einsetzen, sachlichen und wertfreien Präventivunterricht an Schulen anzubieten, der durch geschulte Sozialarbeiter*innen erfolgen soll.
Die Corona-Pandemie wirft auch ein Schlaglicht darauf, wie Frauen unsere Gesellschaft zusammenhalten. Der Frauenanteil in den systemrelevanten Berufen liegt bei 75 Prozent. Nach Angaben des deutschen Frauenrates haben Frauen in den Familien schon vor der Pandemie durchschnittlich1,5 Stunden täglich mehr mit Sorgearbeit verbracht als Männer. Diese Doppelbelastung (Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen, Homeschooling mobiles Arbeiten und Haushalt) ist während der Pandemie weiter gestiegen. Viele wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen gehen jedoch an der Lebenswirklichkeit von Frauen vorbei. Wer einen schlechtbezahlten sogenannten Frauenberuf hat oder prekäre Teilzeit- bzw. Mini-Jobs, ist in Krisenzeiten nicht geschützt. Frauen sind aufgrund der schlechteren Entlohnung (Gender-Pay-Gap und Niedriglohnsektor), Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen etc. weitaus gefährdeter als Männer, in die Armutsfalle zu geraten. Weibliche Arbeit darf nicht länger schlecht bezahlt und abgewertet werden. Eine geschlechtergerechte Krisenpolitikmuss zu besseren Arbeitsbedingungen und höheren Gehältern in den systemtragenden Berufsgruppen führen. Dies setzt für uns voraus, auch erneut die Frage der geschlechtergerechten Verteilung der Mittel in den öffentlichen Haushalten auf die Tagesordnung zu setzen. Deswegen fordern wir in Sachsen-Anhalt das Gender-Budgeting-Prinzip in allen öffentlichen Haushalten sowie dessen Aufnahme in die Landesverfassung.
DIE LINKE will den internationalen Frauentag als gesetzlichen Feiertag in Sachsen-Anhalt einführen.
Frauen verdienen mehr
DIE LINKE will bessere Löhne und mehr Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen, statt selbstgefälligem Beifall. Die schlechtere Bezahlung sogenannter „Frauenberufe“ muss überwunden werden. Wir wollen den Niedriglohnsektor, in dem überwiegend Frauen arbeiten, durch einen Mindestlohn von 13 Euro abschaffen. Die Arbeit in Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen muss endlich aufgewertet und besser bezahlt werden. Wir wollen Mini- und Midijobs durch unbefristete Arbeitsverträge mit existenzsichernden Einkommen ablösen. Perspektivisch sollen keine Pflegefachkraft und keine Erzieher*in unter 3000 Euro brutto/Monat verdienen.
Damit Frauen bestimmen, wo es lang geht
Schon seit 1997 sieht das Frauenfördergesetz von Sachsen-Anhalt vor, dass der öffentliche Dienst, die Kommunen, die Landesbetriebe sowie „alle der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts“ darauf hinwirken sollen, dass alle Gremien zur Hälfte mit Frauen besetzt sind. Davon sind wir weit entfernt. Dies liegt nicht nur an der frauenpolitisch rückwärtsgewandten CDU, die ein modernes Gleichstellungsgesetz blockiert, sondern an der mangelnden Förderung des weiblichen Nachwuchses. DIE LINKE will der strukturellen Benachteiligung von Frauen weiterhin entgegenwirken, um die beruflichen Chancen sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Wirtschaft für Frauen erheblich zu verbessern. Hierbei sind die unter dem Dach des Landesfrauenrates entwickelten Empfehlungen für ein Gleichstellungsgesetz in Sachsen-Anhalt eine geeignete Grundlage.
Im Jahr 2020 – gut 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts – gibt es immer noch keine Gleichberechtigung bei der Besetzung von politischen Führungspositionen. Deswegen wollen wir mit einem Paritégesetz für Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass mindestens die Hälfte der Landtagsmandate und der Mitglieder der Landesregierung weiblich sind. Wir wollen das „Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt“ unter Beteiligung der gleichstellungspolitischen Interessenvertretungen fortschreiben und für die Landesbehörden verbindlich machen.
Frauenarmut verhindern
Frauen sind einem besonderen Armutsrisiko ausgesetzt. Das Armutsrisiko bei Alleinerziehenden und ihren Kindern, d.h. jeder fünften Familie, liegt sogar bei über 40 Prozent. Zur finanziellen Absicherung von Alleinerziehenden und ihren Kindern muss der Unterhaltsvorschuss bedingungslos für alle Bedürftigen verfügbar sein. Die Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsvorschuss muss abgeschafft werden. Die Kürzung des Elterngeldes muss zurückgenommen werden. Es darf nicht auf Transferleistungen wie Hartz IV angerechnet werden. Alleinerziehende sollen einen Anspruch auf 24 Monate Elterngeld erhalten. Wir fordern, dass Betriebe Alleinerziehenden im Falle einer Notfallbetreuung eine Freistellung bei Lohnfortzahlung ermöglichen müssen. Bund und Länder müssen diese Maßnahmen finanziell unterstützen.
Weibliches Forschen und Wissen fördern
Sachsen-Anhalt muss als Bildungsstandort gerade auch für Frauen attraktiv werden. Wir fordern eine dauerhaft etablierte Geschlechterforschung an den Universitäten und Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt. Wir unterstützen die Arbeit des Projektes FrauenOrte, das Biografien von Frauen für Frauen in unterschiedlichen Zeitperioden in ganz Sachsen-Anhalt als Erlebnispfad vorstellt und Frauengeschichte(n) erlebbar macht. Damit erfüllt das Projekt einen wichtigen geschlechtergerechten Bildungsauftrag. Wir fordern die Verstetigung der Projektfinanzierung durch das Land.
Keine Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Deutschland hat sich mit der Istanbul-Konvention verpflichtet, Gewalt gegen Mädchen und Frauen aktiv zu bekämpfen. Doch noch immer ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Jede Vierte wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner. Physische und psychische Gewalt gegen Frauen muss entschieden bekämpft werden. Wir fordern daher die Einrichtung einer Koordinierungsstelle für von Gewalt betroffene oder bedrohte Mädchen und Frauen im Land Sachsen-Anhalt. Mädchen und Frauen mit Beeinträchtigungen Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund zählen zu den besonders verletzlichen Gruppen. Wir wollen die rechtlichen Voraussetzungen verbessern, damit auch Frauen ohne gesicherten Aufenthaltstitel vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt geschützt sind. Zur Kontrolle der Umsetzung der Istanbul-Konvention regen wir die Einrichtung einer staatlichen unabhängigen Monitoringstelle sowie eines Runden Tisches an, an dem Vertreter*innen aller relevanten NGOs mitarbeiten. Darüber hinaus wollen wir Präventions- und Beratungsstellen für Frauen und Mädchen anbieten, die Opfer von Hate Speech geworden sind. Wir brauchen Studien zu geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet sowie die geschlechtsdifferenzierte Erfassung von Cybergewalt in der Polizeilichen Kriminalstatistik.
Frauenschutzhäuser sind für viele Frauen und ihre Kinder die Rettung vor häuslicher Gewalt. Wir stellen uns hinter die Forderungen der LAG der Frauenhäuser und setzen uns für eine bundesweit einheitliche einzelfall- und tagessatzunabhängige, bedarfsgerechte Finanzierung der Frauenschutzhäuser ein. Für alle Gewaltschutzprojekte fordern wir eine institutionalisierte Förderung. Zudem muss die Eingruppierung der Mitarbeiter*innen überprüft werden, um eine Schlechterstellung zu vermeiden. Wir setzen uns dafür ein, dass Gewaltschutzprojekte Angebote für Kinder vorhalten, die von Gewalt mitbetroffen sind.
Niemand soll seinen Lebensabend mit Altersarmut und Rentenungerechtigkeit verbringen. Die Ost-West-Rentenangleichung bis 2025 dauert entschieden zu lange. Um die Lebensleistung der Rentner*innen im Osten Deutschlands zu würdigen, tritt DIE LINKE für eine schnellstmögliche Angleichung der Renten an West-Niveau ein. Die Doppelbesteuerung von Renten sollte so weit wie möglich eingedämmt werden. Deshalb fordert DIE LINKE, den steuerlichen Grundfreibetrag von heute 9.408 Euro sofort auf 12.600 Euro anzuheben. Das würde viele kleine Renten komplett von der Steuerpflicht befreien. Zudem fordert DIE LINKE eine außerordentliche Rentenerhöhung, die zu einem lebensstandardsichernden Rentenniveau und einer automatischen Neuberechnung des individuellen Rentenfreibetrags führen soll. Damit soll sichergestellt werden, dass die Rente auch netto wieder den Lebensstandard sichert und alle - übers gesamte Leben betrachtet - von der nachgelagerten Besteuerung profitieren werden.
Wir wollen das seniorenpolitische Programm des Landes weiterentwickeln und dabei an die tatsächlichen Probleme anknüpfen. Das betrifft z.B. aufsuchende Seniorenarbeit im ländlichen Raum, die Förderung des altersgerechten Wohnens, die Einführung eines landesweiten Seniorentickets und die Einrichtung eines 50/50-Taxis für Menschen ab 65 Jahre.
Die Altenpflege gewinnt für eine älter werdende Gesellschaft immer mehr an Bedeutung, aber sie muss bezahlbar sein und dem Erhalt und der Förderung der Lebensqualität sowie verbliebener Fähigkeiten der pflegebedürftigen Menschen dienen. Jede und jeder Pflegebedürftige muss die freie Wahl zwischen ambulanter und stationärer Pflege sowie alternativen Wohnformen haben. Die bestehenden Zwänge der Pflegeversicherung führen viele Pflegebedürftige, die in voll-stationären Einrichtungen leben, dazu, an ihrem Lebensabend Sozialhilfe beantragen zu müssen, weil sie die steigenden Heimkosten nicht mehr bezahlen können. Deswegen brauchen wir auf Bundesebene eine Reform der Pflegeversicherung. Bis dahin wollen wir in Sachsen-Anhalt ein Landes-Pflegewohngeld für die Betroffenen. Dies ist bereits Praxis in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein und wird als einkommens- und vermögensabhängige Leistung gezahlt.
Es ist nicht hinnehmbar, dass die Landesregierung kein Geriatrie-Konzept vorgelegt hat. Wir wollen eine wohnortnahe, intensivierte geriatrische Versorgung für ganz Sachsen-Anhalt sicherstellen.
Immer mehr ältere Menschen erkennen die Chancen der Nutzung des Internets. Sie haben aber Sorgen, dass sie in der digitalen Welt in Situationen geraten können, denen sie nicht gewachsen sind. Wir wollen deswegen seniorenspezifische Beratungsangebote in Sachsen-Anhalt vernetzen und ausbauen.
Das Gleiche gilt für den gleichberechtigten Zugang zu Leistungen für alle Senior*innen egal welcher Herkunft – Sprachbarrieren und kulturelle Hinderungsgründe sind abzubauen, sodass eine kultursensible Altenhilfe gewährleistet werden kann.
DIE LINKE wendet sich auch weiterhin konsequent gegen Altersdiskriminierung und Gewalt an Älteren in der Gesellschaft. Die Gewalt gegen ältere Menschen, die im häuslichen Bereich gepflegt werden, hat aktuellen Studien zufolge zugenommen. Das ist nicht hinnehmbar. Wir brauchen eine Kultur der Achtung und Freundlichkeit im Umgang mit den Senior*innen. Ihnen muss mehr Gehör für ihre Belange geschenkt werden. Direkte Demokratie mit Rede-, Anhörungs- und Antragsrecht auf allen politischen Ebenen ist dafür notwendig. Dafür wollen wir mit einem Seniorenmitwirkungsgesetz sorgen.
Seit drei Jahrzehnten werden die Menschen vertröstet, wenn es um die Korrektur von Fehlern und Versäumnissen der deutschen Einheit geht. Es ist überfällig, die verschiedenen ostdeutschen Perspektiven, die Erfahrungen aus zwei politischen Systemen anzuerkennen und ernst zu nehmen, was dauerhafte Deindustrialisierung, Niedriglohnpolitik, kulturelle Ignoranz und Abwanderung für jede Region und ihre Menschen bedeuten können. DIE LINKE wird auch deswegen die verfehlte Treuhandpolitik der 90er Jahre und ihre Folgen für Sachsen-Anhalt weiter thematisieren.
Der wirtschaftliche Kahlschlag in den 90er Jahren ging Hand in Hand mit einem Elitenwechsel, der Ostdeutsche von Karrierewegen und Spitzenpositionen ausschloss. Diese Einstellungspolitik hat sich verfestigt und grenzt nun eine junge Generation aus, die nicht mehr in der DDR aufgewachsen ist. Es spricht auch für das persönliche Versagen des Ministerpräsidenten Haseloff, die Förderung des ostdeutschen Nachwuchses in den Ministerialverwaltungen, Landesämtern und Wissenschaftseinrichtungen versäumt zu haben. In den meisten Leitungsbereichen dieser Institutionen sind Ossis in der Minderheit. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass endlich mehr Ostdeutsche in Schlüsselfunktionen kommen.
Es muss Schluss damit sein, dass jede grundsätzliche Kritik an den Problemen mit Verweis auf die DDR diskreditiert und abgebügelt wird. Denn wer jetzt in den Ruhestand geht, hat 30 Jahre im vereinten Deutschland gearbeitet und gelebt. Es ist nicht akzeptabel, dass bereits heute mehr als 40 Prozent der Ostdeutschen nach mindestens 40 Versicherungsjahren weniger als 1000 Euro Rente haben, genauso wenig akzeptabel wie Armutsrenten im Westen.
Die bei der Rentenüberleitung gemachten Fehler müssen endlich behoben werden. Zu viele Gruppen sind betroffen: die in der DDR geschiedenen Frauen, Bergleute der Braunkohleveredlung, Krankenschwestern, Tänzer*innen, Angestellte bei der Post oder der Eisenbahn und andere mehr. Sogar die aus der DDR Geflohenen und Ausgereisten wurden nach der Wiedervereinigung wieder nachträglich zu Ostdeutschen im Rentenrecht. Im 30. Jahr der Einheit erwarten sie endlich Gerechtigkeit und nicht nur die Behandlung von Härtefällen. Hierbei ist auch Verantwortung für ehemalige ausländische Vertragsarbeiter*innen in der DDR anzuerkennen.
Wir setzen uns für die Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen sowohl vor 1989, als auch in den 30 Jahren nach der deutschen Einheit ein. Die Bewältigung von Umbrüchen, Enttäuschungen, Neuanfängen und die Bewahrung von Selbstbewusstsein nach vielen Erniedrigungen hat gerade in Sachsen-Anhalt für sehr viele Menschen einen Erfahrungsvorsprung im Umgang mit Krisen und Konflikten mit sich gebracht. Wir werden diese, zum Teil auch mit bitteren Erfahrungen verbundenen Erkenntnisse weitergeben.
Teil II: Fortschritt, den wir meinen
Der Corona-Lockdown hat die wirtschaftliche Existenz vieler Betriebe und Gewerbetreibende bedroht und infrage gestellt. Die Landesregierung hält sich dagegen zu Gute, „das größte Soforthilfe-Programm für Unternehmen in der Geschichte Sachsen-Anhalts aufgelegt“ zu haben. Tatsächlich hat sie im Gegensatz zu anderen Bundesländern nur wenig Landesgelder für finanzielle Hilfen und öffentliche Investitionen mobilisiert. „Bisher“, so kritisiert der DGB, „macht das Land ‚Dienst nach Vorschrift‘… Fakt ist: Mit dieser mutlosen Politik ist kein Aufbruch möglich. Vier von fünf Unternehmen in Sachsen-Anhalt rechnen mit Umsatzeinbußen, dem Bruttoinlandsprodukt des Landes wird ein empfindlicher Rückgang prognostiziert.“ (1) Zu lange hat sich die KENIA-Koalition der trügerischen Sicherheit hingegeben, dass Sachsen-Anhalt besser als andere durch die Krise gekommen sei. Dagegen haben z.B. Thüringen und Baden-Württemberg für Solo-Selbstständige einen „Unternehmerlohn“ als Zuschuss zum Lebensunterhalt aufgelegt. Dies wurde von der CDU in Sachsen-Anhalt bis November 2020 blockiert.
Von April 2020 bis Februar 2021 haben Betriebe in Sachsen-Anhalt für ca. 305.000 Beschäftigte Kurzarbeit in Anspruch genommen. Kurzarbeit bedeutet in einem Niedriglohnland wie Sachsen-Anhalt ein erhöhtes Armutsrisiko. Der „Corona-Effekt“, also die durch die Pandemie bedingte Arbeitslosigkeit lag im letzten Jahr stetig über 1 Prozent und im Februar 2021 bei 1,3 Prozentpunkten. Sicherlich gibt es in anderen Bundesländern höhere Steigerungsraten, jedoch wird man das tatsächliche Ausmaß der Pandemiefolgen auf dem Arbeitsmarkt erst nach dem Aussetzen der Insolvenzantragspflicht erkennen können. Auch kann sich von Statistik niemand etwas kaufen, Kinder versorgen, Raten und Mieten bezahlen. Sicherlich gibt es in anderen Bundesländern höhere Steigerungsraten. Aber von Statistik kann sich niemand etwas kaufen, Kinder versorgen, Raten und Mieten bezahlen.
Ein Konjunktur- und Investitionspaket für Sachsen-Anhalt schnüren
Öffentliche Investitionen sind der Schlüssel für die Gestaltung der Zukunft nach der Pandemie. Das Land Sachsen-Anhalt verfügt über enorme Möglichkeiten, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. DIE LINKE fordert ein erweitertes Konjunktur- und Investitionsprogramm für Sachsen-Anhalt und steht dabei an der Seite des DGB. Wir stimmen mit den Gewerkschaften überein, dass die historisch einmalige Niedrigzinslage an den Kapitalmärkten für eine solche Investitionsoffensive genutzt werden muss. In diesem Sinne sollten wir uns für die Umsetzung der Forderung des DGB einsetzen, einen Sachsen-Anhalt-Fonds als Sondervermögen einzurichten: DerFonds wird vom Land mit Eigenkapital ausgestattet, „das der Fonds durch Anleihen vervielfacht. Auf dieser Basis kann der Fonds die öffentlichen Investitionen massiv ausweiten – z.B. für Schulen, Straßen, Kitas, Krankenhäuser, den öffentlichen Personennahverkehr. Obligatorisch ist dabei, dass jede Investition mit einem eigenen Tilgungsplan versehen wird. Wichtige Zukunftsinvestitionen können jetzt vorgenommen und über die Nutzungsdauer refinanziert werden. Der Sachsen-Anhalt-Fonds richtet sich dabei explizit auch an Kommunen, indem kommunale Investitionen durch Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaften (ÖÖP) gemeinsam mit dem Fonds getätigt werden können.“ (2) Aus unserer Sicht wäre dies auch für einen Einstieg in die Errichtung weiterer kommunaler Pflegebetriebe zu nutzen.
Den Strukturwandel erfolgreich gestalten
Bereits vor der Pandemie sah sich Sachsen-Anhalt mit großen Herausforderungen bei der Umgestaltung seiner Wirtschaft konfrontiert. Die durch den Klimawandel erforderlichen Transformationsprozesse betreffen Kernbereiche der Wirtschaft, wie die Autozulieferer, die Energiewirtschaft und das Mitteldeutsche Revier, die Land- und Forstwirtschaft. Viele Menschen haben verstanden, dass das auf dem Verbrennen fossiler Rohstoffe basierende Wirtschaftsmodell unumkehrbar zu Ende geht. Mit dem Verbrennen von Kohle und Erdöl kann keine wirtschaftliche, technologische und soziale Zukunft mehr gesichert werden. Doch die Unterstützung für ökologische Umbauprozesse hängt nicht nur entscheidend davon ab, wie dieser Prozess sozial abgefedert wird, sondern wie stark ihn die Menschen selbst in ihren Regionen mitgestalten können. DIE LINKE will die Mittel zur Bewältigung des Strukturwandels dazu nutzen, ein Landesförderprogramm „Klimaschutz in der Industrie“ aufzulegen. Dies wird Zuschüsse für Klimaschutzprojekte in kleinen und mittelständischen Betrieben umfassen sowie langfristige zinslose Kredite zur klimagerechten Umstellung von Produktionsverfahren. Mit Überleitungsgesellschaften setzen wir auf gezielte Weiterbildung und Qualifizierung der Beschäftigten.
Wir müssen den Strukturwandel nutzen, um die noch zu schwach ausgeprägte industrielle Basis unseres Landes zu stärken und vor der Wirtschaftskrise zu schützen. Dabei setzen wir auf Schlüsselzweige wie die chemische und pharmazeutische Industrie, den Maschinen- und Anlagenbau und die Lebensmittelwirtschaft. Sachsen-Anhalt ist ein wichtiger Standort der Solarstromproduktion. Wir haben damit gute Voraussetzungen, zukunftsfähige Strukturen aufzubauen und den Zustand einer verlängerten Werkbank zu überwinden. Statt vorrangig Zulieferer für westdeutsche und internationale Konzerne zu sein, wollen wir eine Industriepolitik, die Wertschöpfung stärker in Sachsen-Anhalt verankert. Sachsen-Anhalt kann gerade im Bereich der erneuerbaren Energien neue Arbeitsplätze gewinnen, wenn die Weichen jetzt richtig gestellt werden und der Strukturwandel für eine umfassende Mobilitätswende, die Nutzung der Solarenergie, den Ausbau der Windkraft unter Berücksichtigung der Naturschutzbelange, die Reduzierung des Energieverbrauchs in allen Lebensbereichen und die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe genutzt wird.
DIE LINKE fordert wie auch der DGB einen institutionalisierten Strukturwandel-Dialog der Sozialpartner, den wir aber noch um Klimabewegung, Umwelt- und Sozialverbände ergänzen wollen.Wir werden die Regionale Innovationsstrategie über das Jahr 2021 hinaus weiterentwickeln. Dabei stellen wir das Wachstum kleiner und mittlerer Unternehmen in den Mittelpunkt – wichtig ist der dauerhafte Aufbau eigener Forschungskapazitäten bei den Unternehmen.
Die Wirtschaftsförderung muss dem Gemeinwohl dienen
Wenn es um Fachkräfte und attraktive Arbeitsplätze in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Sektor geht, steht Sachsen-Anhalt im harten Wettbewerb mit anderen Regionen. Das starrsinnige Festhalten an Billiglöhnen und schlechten Sozialstandards sorgt nicht für mehr Wettbewerbsfähigkeit, sondern für mehr Abwanderung. Es stärkt nicht den Wirtschaftsstandort, sondern schwächt die Kaufkraft. Es vergrault den ostdeutschen Nachwuchs nach Westen.
Nicht nur in der Krise zeigt die CDU, dass sie wenig für die Interessen und Notlagen vor allem der kleinen und mittleren Betriebe übrig hat. Sie fokussiert sich meist auf Großinvestitionen und nicht auf die kleinen und mittleren Betriebe, die wir im Land haben. Während der Pandemie hat sie sich kaum um Solo-Selbstständige gekümmert. DIE LINKE sagt: Unser Land verfügt über enorme Einflussmöglichkeiten für die Gestaltung einer zukunftsorientierten, sozialen, gerechten und innovativen Wirtschaftsstruktur. Wirtschaftsförderung muss an Tariflöhne, gute Arbeit und Mitbestimmung im Betrieb gekoppelt sein. Guter Lohn und gute Arbeit sind Standortfaktoren für Fachkräfte. Wir werden Subventionen so einsetzen, dass Unternehmen nachhaltiger und ökologischer wirtschaften.
Damit Handwerk goldenen Boden hat
Wir wollen das Handwerk und den Mittelstand weiter unterstützen, denn sie wirtschaften so-lide, innovativ und kreativ. Unternehmer*innen, die die Risiken der Selbstständigkeit tragen und in den bei uns überwiegend kleinen und mittleren Betrieben wirken, ermöglichen Beschäftigung, Ausbildung und Innovation. Sie brauchen Unterstützung beim Wachstum, weniger Bürokratie und Hilfe bei der Unternehmensnachfolge. Vor allem in den Bereichen Berufsausbildung und Unternehmensgründungen und -nachfolge wollen wir mit gezielten Maßnahmen zur Fachkräftesicherung und zur Zukunftssicherung der Unternehmen beitragen.
Regionale Wirtschaftskreisläufe sind wichtiger denn je
Die Lieferengpässe bei medizinischer Schutzausrüstung und Medikamenten, aber auch bei Lebensmitteln und Verbrauchsgütern haben uns die Bedeutung einer leistungsfähigen Regionalwirtschaft unmissverständlich vor Augen geführt. Just-in-time-Produktion und die Verlagerung von Lagerkapazität auf die Straße in Form der Ausweitung des LKW-Verkehrs gehören zum Problem und nicht zur Lösung. Die Diversifizierung der Wirtschafts- und Landwirtschaftsstruktur und Stärkung der Eigenversorgung insbesondere in den Bereichen der Daseinsvorsorge und des Bevölkerungsschutzes durch ausreichende Bestände an Schutz- und anderer medizinischer Ausrüstung ist notwendig.
Solidarische und kooperative Wirtschaftsformen, wie Genossenschaften, Sharing- und Tauschplattformen, Sozialunternehmen usw. wollen wir systematisch fördern und entwickeln, in den Kommunen und im Land. Genossenschaften sind eine gute Möglichkeit, um kleine Betriebe im ländlichen Raum zu erhalten. Belegschaften können so gemeinsam ihre Betriebe fortführen. In Sachsen-Anhalt hat sich außerdem „Social Entrepreneurship“ als Teil einer solidarischen Ökonomie im Non-Profit-Bereich entwickelt. Diese Unternehmer*innen wollen zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, insbesondere sozialer und ökologischer, mit unternehmerischen Mitteln beitragen. DIE LINKE erkennt ihre wachsende Bedeutung für einen systemischen gesellschaftlichen Wandel und will sie daher stärker bei wirtschaftsfördernden Maßnahmen mit einschließen.
Start-Ups, Gründerinnen und Gründer fördern
Ohne neue unternehmerische Ideen kann keine Wirtschaft auskommen. Start-ups beleben mit ihren kreativen und innovativen Ideen. Damit sie schnell wachsen und damit auch an ihrem Gründungsort verbleiben, brauchen sie eine breite Unterstützung, u.a. bei der Akquirierung von Risikokapital und bei der Vernetzung. Wir wollen eine Kultur des Ermöglichens schaffen, Formate unterstützen die Vernetzung ermöglichen und Hidden Champions sichtbar machen. Einrichtungen wie der Wissenschaftshafen in Magdeburg, der Weinberg-Campus und das Designhaus in Halle brauchen dabei nicht nur die Unterstützung der Kommunen, sondern sollen auch vom Land stärker unterstützt werden. Wir wollen Netzwerke der Kreativ- und IT-Branche, der Wissenschaft und Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen fördern. Die Schaffung von Co-Working-Spaces soll unterstützt werden. Mit einem neuen Förderprogramm „Zweite Chance“ wollen wir zunächst gescheiterten Gründer*innen einen neuen Anlauf ermöglichen. Das bisher ungenutzte Potential in Sachsen-Anhalt wollen wir analysieren und in eine neue Existenzgründungsstrategie einfließen lassen. Die Arbeit und Erfolge von Unternehmerinnen und Gründerinnen sollen sichtbarer werden, um Frauen zur Selbstständigkeit zu ermutigen.
Tourismus – Mehr als ein Wirtschaftsfaktor
Touristische Angebote sind nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern dienen auch der Lebensqualität vor Ort. Deswegen sprechen wir uns für integrierte Entwicklungskonzepte in den Kommunen aus, die sich sowohl an Einwohner*innen als auch an Tourist*innen wenden. Die Aufsplittung der Tourismusförderung zwischen verschiedenen Ministerien und dem Landestourismusverband muss überwunden werden. Wir wollen das integrierte Landesmarketing mit Hilfe der Investitions- und Marketinggesellschaft (IMG) aus einer Hand entwickeln. Daneben brauchen die regionalen Tourismusverbände eine weitere Stärkung durch das Land sowohl für ein regionales Marketing als auch der touristischen Infrastruktur. Wegen der großen Kinderarmut benötigen wir zum einen den Ausbau von Förderangeboten, die sich direkt an die Betroffenen wenden, als auch die institutionelle Unterstützung von Einrichtungen wie Jugendherbergen, Schullandheimen und Ferienfreizeitanbietern. Ziel sind hier nicht vorrangig hohe Umsätze, sondern ein breites soziales Angebot. Sachsen-Anhalt ist reich an Geschichte, Kunst und Kultur, Naturschätzen und auch Industriedenkmälern. Es ist auch Musikland. Aus unserer Region kommen für die Musik- und Geistestradition bedeutende Persönlichkeiten, wie Georg-Friedrich Händel und Kurt Weil. Mit der Straße der Romanik oder den Stätten der Reformation ist Sachsen-Anhalt ein touristischer Anziehungspunkt. Der Kulturtourismus mit seinen fünf UNESCO-Weltkulturerbestätten sowie der naturnahe Tourismus, wie z.B. die Harzregion, der Elbe-Radweg und der Wassertourismus, müssen vor allem über das regionale Marketing weiterentwickelt werden.
Vorrangige Aufgabe wird in den Jahren 2021 und 2022 die Sicherung und Unterstützung der durch die Corona-Pandemie stark beeinträchtigten touristischen Infrastruktur sein. Das betrifft die Gastronomie, das Beherbergungsgewerbe und die Veranstaltungsbranche in ihrer Gesamtheit. Dazu dienen eine Grundsicherung der Selbstständigen in diesem Bereich sowie spezielle Programme zur Erleichterung des Neustarts von zwischenzeitlich geschlossenen oder eingeschränkten Angeboten. Eine solche Forderung setzt die Einhaltung der Standards für gute Arbeit voraus.
(1,2) Drei Säulen- Konzept des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften für eine Konjunktur- und Investitionsoffensive in Sachsen-Anhalt, Magdeburg Juli 2020, S. 11
Die Energiewende muss sozial werden, denn sie belastet die Menschen mit geringen Einkommen zu stark. Energiearmut ist die soziale Kehrseite der Energiewende. Bundesweit wurden 2018 gegen etwa 300.000 Haushalte Stromsperren verhängt. Dass dies viele Hartz-IV-Empfänger*innen betrifft, ist nicht erstaunlich. Zwischen 2008 und 2018 stieg der Strompreis um rund 40 Prozent, während der Anteil für die Stromkosten im Regelsatz der Grundsicherung nur um 27 Prozent erhöht wurde. DIE LINKE fordert eine Erhöhung der Regelsätze und eine jährliche Strompauschale. Wir werden uns weiter für ein gesetzliches Verbot von Stromsperren einsetzen. Darüber hinaus setzen wir uns für Sozialtarife für Strom ein. Stromsparen muss belohnt werden. Wir brauchen ein sozial gerechtes Strompreissystem. Die Verbraucher*innen dürfen nicht weiter für die enormen Rabatte für energieintensive Branchen zu Kasse gebeten werden.
DIE LINKE fordert, Mittel der EU, des Bundes und des Landes in einem Strukturfonds zur Bewältigung des Klimawandels für die unterschiedlichen Herausforderungen zu bündeln, sei es die Verkehrswende, die Agrarwende oder jegliche anderen strukturellen Veränderungen. Die bevorstehende Stilllegung, der Rückbau und die Renaturierung der Bergbauanlagen erfordern die intensive Unterstützung von Bundes- und Landesregierung.
Wir wissen die Lebensleistung von Bergleuten zu schätzen. In den bevorstehenden Umbruchsprozessen wollen wir ihnen in der nächsten Legislaturperiode Wegbegleiter für neue Arbeitsplätze sein. Die Kumpel wollen keinen mitleidigen oder gar zynischen Nachruf. Sie brauchen glaubhafte Zukunftsperspektiven. Als technische Fachleute sind sie keine Bittsteller*innen, sondern werden etwa im Bereich der erneuerbaren Energien dringend gebraucht. Dafür bedarf es geeigneter Fortbildungen.
Sachsen-Anhalt ist Energieexportland und liegt bei der Erzeugung erneuerbarer Energien (ohne offshore-Anlagen) im Ländervergleich vorn. Energie soll nach unserer Auffassung dort verbraucht werden, wo sie erzeugt wird! Deshalb hält DIE LINKE den Bau der Übertragungsleitung SuedOstLink für einen strategischen Fehler, weil die Energieregion einen Standortvorteil verliert. Der SuedOstLink ist vor allem auf den Nutzen Bayerns und Baden-Württembergs ausgelegt, die ihren Windenergieausbau vernachlässigt haben.
Die Zeit des Abschieds von den fossilen Energien ist gekommen. Auch wenn viele Menschen sich das noch nicht vorstellen können, verstehen sie doch, dass dies unvermeidbar ist. Denn ohne Klimaschutz werden die Felder verdorren, die Wälder sterben und die Unwetter zunehmen. Eine verantwortungsvolle Energiepolitik muss daher den Umbau unseres Energiesystems mit Ziel des vollständigen Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen vorantreiben. Zur Erreichung der Klimaschutzziele ist der Ausbau der erneuerbaren Energien erforderlich. Sachsen-Anhalt kann dabei eine Vorreiterrolle einnehmen. Dazu braucht es allerdings weitere Ansiedlungen von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in der Region.
Über Jahrzehnte haben große Konzerne und damit auch bestimmte Regionen wirtschaftlich von der Nutzung der Kernenergie profitiert. Sachsen-Anhalt gehörte definitiv nicht dazu. DIE LINKE lehnt auch deshalb ein weiteres Endlager für Atommüll in Sachsen-Anhalt ab.
Was für den Ausbau der erneuerbaren Energien nötig ist
Die Potentiale für erneuerbare Energien sind noch längst nicht erschöpft. Bei der Windenergie droht durch das Auslaufen der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und den Ausbaudeckel ein Rückgang der Energieproduktion. Bürgerenergieprojekte werden benachteiligt, Großinvestoren gefördert. Daher fordern wir eine Änderung des EEG auf der Bundesebene. Gleichzeitig sind die Chancen des Repowering im Einklang mit den Interessen von Mensch und Natur zu nutzen. Für Privatpersonen soll es in Zukunft leichter gemacht werden, selbst Strom zu erzeugen und einzuspeisen. Wir setzen uns dafür ein, dass das EEG entsprechend angepasst wird.
Die Erzeugung von Strom und Warmwasser durch Sonnenenergie muss stärker ausgebaut werden. Dabei setzen wir vorranging auf das Potential auf den Dächern und sehen insbesondere die öffentliche Hand in einer Vorbildrolle, die Dächer ihrer Liegenschaften zur Energieerzeugung zu nutzen. Orientiert an den Ländern Hamburg und Berlin wollen wir ein Solargesetz verabschieden, das ab 2023 Photovoltaikanlagen für Neubauten und im Falle von Dachumbauten verpflichtend, aber mit Ausnahmen, vorsieht. Biogasanlagen verstetigen das Angebot an erneuerbaren Energien, denn sie können Strom und Wärme kontinuierlich produzieren und speichern. Dabei ist uns wichtig, dass vielfältige Substrate in den Biogasanlagen eingesetzt werden. Unser Hauptaugenmerk liegt vorrangig in der Verwertung von Abfall- und Reststoffen landwirtschaftlicher Unternehmen. Dagegen soll die Produktion von Energiepflanzen nur in einem ökologisch vertretbaren Maß erfolgen.
Wie wir die Energieversorgung organisieren wollen
Wir stehen für reale Bürger*innenbeteiligung an der Energiewende und der Demokratisierung der Energiewirtschaft. Träger einer solchen Entwicklung sind aus unserer Sicht nicht die großen Energiekonzerne, sondern lokale Unternehmen von Stadtwerken bis hin zu Energiegenossenschaften. DIE LINKE will eine dezentrale und digital vernetzte Energieversorgung, die sowohl wirtschaftlichen und sozialen als auch ökologischen Aspekten gerecht wird. Dezentrale Modelle zur Energieversorgung in den Städten und Dörfern sind nachhaltiger und daher vorrangig zu entwickeln. Produktion und Verteilung von Energie gehören als Teil der Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand. Dazu wollen wir kommunale Eigentumsformen und Genossenschaften fördern, da sie die Möglichkeit einer demokratischen Mitsprache durch die Verbraucher*innen sichern. Initiativen, die sich für eine weitgehende Selbstversorgung mit Energie in ihren Regionen und Kommunen engagieren, soll das Land unterstützen.
Neben der Erzeugung von erneuerbarer Energie sind aus unserer Sicht vor allem auch deren effiziente Nutzung und Einsparung stärker in den Mittelpunkt der Energiepolitik zu stellen, denn es geht um Ressourcenschonung. Energetische Gebäudesanierung insbesondere landeseigener Gebäude muss weiter vorangetrieben werden. Neubauten sollen Passivhausstandard haben.
Gleichzeitig gewinnt die Energiespeicherung an Bedeutung. Speichermöglichkeiten und auch stoffliche Nutzung z.B. mit grünem Wasserstoff sind wegweisend für die Dekarbonisierung der Industrie, machen erneuerbare Energien kontinuierlich verfügbar und dienen der regionalen Wertschöpfung. Deshalb wollen wir diese Projekte im Zuge des Strukturwandels weiter fördern.
Klimawandel und Umweltzerstörung nehmen weltweit ein immer gefährlicheres Ausmaß an. Die Verschmutzung unserer Gewässer, das Insektensterben und riesige Plastikstrudel im Ozean zeigen, wie weit die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen voranschreitet. Die Folgen des Klimawandels sind auch in Sachsen-Anhalt unübersehbar und bedrohlich. Die andauernden internationalen Proteste gegen die Klima- und Umweltzerstörung sind dagegen ein Zeichen der Hoffnung. Die Fridays-for-Future-Bewegung unterstützen wir wegen ihres mutigen Kampfes für eine neue Klimapolitik. Die Klimaschutzbewegung erinnert uns immer wieder daran, dass der Klimawandel die Armen als erstes betrifft und wie die Reichen von der Zerstörung und Verschmutzung unserer Lebensgrundlagen profitieren.
DIE LINKE will deshalb im Land Sachsen-Anhalt ein Klimagesetz auf den Weg bringen, in dem klare Ziele und zugehörige Maßnahmen zur CO2-Reduktion in den Sektoren Energiewirtschaft und Wirtschaft, Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr verbindlich festgeschrieben sind. Damit sollen alle Potentiale des Landes gehoben werden, die Klimakrise weitestgehend aufzuhalten und das 1,5oC-Ziel zu erreichen.
Wir wollen einen Nachhaltigkeitsbeirat berufen, der mit einem Sozial- und Klimacheck politische Entscheidungen und staatliches Handeln auf ihre Auswirkungen prüft.
Energieverbrauch senken
Zur Reduzierung von CO2 muss der Energieverbrauch drastisch reduziert werden. Moderne Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung sollen nicht nur im Kraftwerksbau berücksichtigt werden, sondern auch dort, wo Wärme entsteht (z.B. große Rechenzentren). Die Ausgaben für die energe-tische Sanierung von Gebäuden sollen nicht auf die Mieten umgelegt werden. Wir fordern ein Förderprogramm zur Unterstützung der Kommunen bei der Umrüstung auf energiesparende Straßenbeleuchtung. Landesliegenschaften werden nach Möglichkeit mit Solaranlagen ausgestattet und auf den energetisch neusten Stand gebracht.
Was wir zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen tun können
Wir wollen Anreize für eine erhebliche Reduzierung des Energieverbrauchs des produzierenden Gewerbes schaffen. Deswegen müssen hier auch gezielt die Fördermittel zur Bewältigung des Kohleausstiegs eingesetzt werden, um von der fossilen Energieerzeugung in der Industrie auf alternative Energie umzustellen. Der Verkehr mit Verbrennungsmotoren ist eine Hauptursache für den Anstieg von CO2 in der Atmosphäre. Die Verkehrswende muss kommen. Gleichwohl ist Mobilität ein Grundbedürfnis. Die Verkehrswende ist daher ein Hauptpfeiler zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Die Verkehrswende muss sozial und für die Menschen akzeptabel gestaltet werden. Gerade in Sachsen-Anhalt sind viele Menschen auf das Auto angewiesen, um ihrer Arbeit nachzugehen. Um die Verkehrswende und einen reduzierten Straßenverkehr zu erreichen, brauchen wir einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr, der für alle bezahlbar ist. Attraktiv ist der ÖPNV, wenn auch Dörfer im ländlichen Raum in akzeptabler Zeit erreicht werden und das Früh, am Mittag, am Abend und auch in der Nacht. Der Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene kommt eine große Bedeutung zu. Dafür muss das Schienennetz massiv ausgebaut werden, was viele Arbeitsplätze schafft. Gleiches gilt für die Herstellung und den Einsatz schienengebundener Fahrzeuge. Der überregionale LKW-Verkehr soll auf die Schiene verlagert werden und der Transport zu regionalen Umschlagzentren ermöglicht werden. Von dort transportieren kleinere CO2-neutrale Transporter die Waren vor Ort.
CO2-Bremse statt Schuldenbremse
Wir setzen uns für die Aufnahme einer sogenannten CO2-Bremse in die Landesverfassung ein. Dies soll die erwarteten Treibhausgasemissionen der beschlossenen Gesetze, Novellen und Richtlinien deutlicher und transparenter machen. So sollen konkret neben anderen Parametern, wie geschätzten Kosten und dem Personalaufwand, auch die geschätzten Treibhausgasemissionen des Gesetzes, der Novelle oder der Richtlinie Teil des Dokuments sein. Die Berechnungsmöglichkeiten sollen in den ersten 6 Monaten nach Regierungsvereidigung durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt vorgestellt werden. Um das 1,5°C-Ziel noch zu erreichen ist es unerlässlich, den Klimaschutz auch Teil des Gesetzgebungs- und Implementierungsprozesses werden zu lassen.
E-Mobilität ist eine notwendige Brückentechnologie
Die batteriebetriebene E-Mobilität ist mehr als eine notwendige Brückentechnologie, auch wenn Elektroautos auf Dauer nicht die alleinige Lösung für eine umfassende sozial-ökologische Verkehrswende sein können. DIE LINKE setzt auch im ländlichen Raum auf den notwendigen konsequenten Ausbau des ÖPNV. Gleichwohl wird bei einer realistischen Betrachtung, in den nächsten Jahren der motorisierte Individualverkehr eine Säule der Mobilitätsinfrastruktur in ländlichen Räumen bleiben. Deshalb ist die (möglichst) zügige Elektrifizierung ein wichtiger Baustein innerhalb der Verkehrswende, um die Klimaziele zu erreichen.
Im Osten Deutschlands ist die Versorgung mit der notwendigen Ladeinfrastruktur bisher noch schlechter als anderswo. Hier sehen wir neben dem Bund auch das Land in der Pflicht, deren zügigen Ausbau finanziell zu fördern.
Insgesamt müssen wir aber mehr und mehr vom Einsatz privater Autos wegkommen. Das kann nur mit einer umfassenden Verkehrswende erreicht werden. Ziel muss ein intelligent vernetztes System der verschiedenen Fortbewegungsmöglichkeiten sein.
Wasserstoff ist wegen seiner Energiebilanz momentan noch zu wertvoll, um in Autos verbrannt zu werden, er hat aber als Energiespeicher, mobiler Energieträger und Grundstoff für die Industrie ein großes Potential. Die grüne Wasserstofftechnologie zu erforschen und zu entwickeln ist eine Zukunftsaufgabe, der sich bereits unsere Forschungs- und Wissenschaftslandschaft stellt.
Wir werden diese Entwicklung gezielt fördern und damit aktive Wirtschaftspolitik betreiben.
Um die Verkehrswende im Land mit konkreten Maßnahmen zu unterstützen und dabei auch die Bürger:*innen einzubeziehen, will DIE LINKE. ein landesweites Förderprogramm zur Erstellung und Umsetzung von integrierten Mobilitätskonzepten in den Kommunen. Eine aktive Bürger*innenbeteiligung soll dabei Pflicht sein.
CO2-sparende Lieferketten
Regionalen Wirtschaftskreisläufen kommt zukünftig noch größere Bedeutung zu. Kurze CO2 -sparende Lieferketten sind nicht nur für das Klima günstig, sie stärken auch die Region und die Innenstädte. Die pure Bepreisung von CO2 ist zu kurz gesprungen. Vielmehr muss der gesamte soziale und ökologische Abdruck, den ein Produkt hinterlässt, berechnet und eingepreist werden. Es ist bequem und viel zu einseitig darauf zu verweisen, dass die Verbraucher*innen durch ihr Konsumverhalten steuernd eingreifen können. Handel und Produzenten müssen viel mehr in Verantwortung genommen werden und ihren Beitrag dafür leisten. Das gilt auch bei der Müllvermeidung. Die Entsorgung von Einwegverpackungen aus der Umwelt ist für Land und Kommunen teuer. An diesen Kosten muss sich der Handel beteiligen.
Müllimporte stoppen, Recycling und Müllvermeidung fördern
Die Menschen vor Ort sind es leid, dass ihnen eine Deponie nach der anderen vor die Nase gesetzt wird. Verantwortungsloses Handeln wie in der Grube Teutschenthal hat zu Recht große Proteste hervorgerufen. Deponien auf geologisch ungeeigneten Flächen wie in Roitzsch oder Deponien, die Orte mit Staub bedrohen, wie in Grossörner, haben Bürgerinitiativen gegen Mülldeponien entstehen lassen. Die Menschen nehmen es nicht mehr hin, dass ihnen der Müll aus ganz Europa vor die Füße gekippt wird. Daher kämpft DIE LINKE gegen Müllimporte, wo sie kann. Müllentsorgung muss öffentlicher Auftrag sein und gehört nicht in die Hand privater Geschäftemacher. Daher muss im Abfallentsorgungsplan klar festgelegt werden, wo welcher Müll zu entsorgen ist und dem Wildwuchs privater Mülldeponien muss Einhalt geboten werden. Beim Verbrennen von Müll in Betonwerken müssen die gleichen Anforderungen zum Immissionsrecht gelten, wie in Müllverbrennungsanlagen.
Der beste Müll ist der, der nicht entsteht. Schon bei der Herstellung neuer Materialien muss deren Entsorgung bzw. Wiederverwertbarkeit mitgeplant werden. Eine Kreislaufwirtschaft, die ihren Namen verdient, darf daher nicht die Deponierung von Müll als „Baustoff“ tarnen oder die Verbrennung in Verbrennungsanlagen und Betonwerken als „Brennstoff“ deklarieren, sondern muss die Stoffe wieder in den wirtschaftlichen Umlauf bringen. Insbesondere Forschungsprojekte zum Kohlenstoffkreislauf wie „CarbonTrans“ möchten wir fördern, damit zukünftig aus Kohlenstoff im Müll wieder hochwertige Produkte oder Synthesestoffe für die chemische Industrie werden. Bauten der öffentlichen Hand sollen zukünftig einen Mindestanteil an Recycling-Baustoffen haben.
Gewässerschutz
Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie(WRRL) tritt weitgehend auf der Stelle. Das Land muss endlich auch mit eigenem Geld die Umsetzung der WRRL vorantreiben. Die Durchgängigkeit der Fließgewässer ist Voraussetzung für eine naturnahe Entwicklung und die Wanderung von Fischarten. Dabei ist auch eine Kombination mit dem Tourismus reizvoll. Der Stoffeintrag in die Gewässer, z.B. Nitrate und Phosphate muss weiter reduziert werden. Nitrateintrag ist durch strenge Anwendung der Düngeverordnung, durch Blühstreifen an Gewässerrändern und durch staatliche Kontrollen weiter zu verringern. Nutzungskonflikte um Wasser müssen vor Ort moderiert werden. Dabei haben die Trinkwasserversorgung und die Versorgung der Natur Vorrang.
Natur- und Artenschutz
Der Rückgang der Tier- und Pflanzenarten hat weltweit ein bedrohliches Ausmaß angenommen, so dass Wissenschaftler bereits von einem Auslöschungsereignis sprechen. Als Land können wir direkt auf den Schutz von Ökosystemen und von einzelnen Arten Einfluss nehmen. Dabei unterstützen die Umweltverbände, Vereine vor Ort sowie die Landschaftspflegeverbände den Staat. Sie sollten deswegen vertrauensvoll als Partner auf Augenhöhe behandelt werden. Die Naturparks sollen stärker unterstützt werden. Die umweltpädagogischen Angebote wollen wir ausweiten. Gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten müssen mit mehr staatlichem Geld be-kämpft werden, wenn sie einheimische Arten bedrohen. Insbesondere die „Krefeldstudie“ zeigt einen nicht hinnehmbaren Rückgang der Insektenpopulation. Insekten sind nicht nur als Bestäuber unersetzlich, sie sind auch ein bedeutender Teil der Nahrungskette für Vögel und andere Tiere. DIE LINKE wird konsequent die Ursachen des Insektensterbens bekämpfen. Dazu gehören die deutliche Reduktion des Pestizid-Einsatzes, die Wiedergewinnung von Lebensräumen und Konzepte gegen die Lichtverschmutzung. Die Naturschutzbehörden sollen finanziell und personell in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben umfassend zu erfüllen. Moore speichern große Mengen an CO2 durch den Aufbau und die Speicherung von Torf. Daher sind bestehende Moore zu schützten. Moore sind zu wertvoll, um als Blumenerde zu enden.
Biotopverbünde und Alleen
Biotopverbünde haben eine wichtige ökologische Funktion, da Arten darin wandern können. Mit dem Grünen Band haben wir einen großen Biotopverbund, der weiter ausgebaut werden muss. Aber auch Alleen und Baumreihen sind für unsere Kulturlandschaft unerlässlich. Daher möchte DIE LINKE einen Alleenfonds nach dem Vorbild von Mecklenburg-Vorpommern einrichten, um den Erhalt aber insbesondere die Neuerschaffung von Alleen und Baumreihen zu finanzieren. Ein Baumkataster muss zukünftig baumgenau den Zustand unserer Alleen darstel-len und eine Grundlage für Entscheidungen bezüglich notwendiger Nachpflanzungen und der Neuanlage von Alleen werden.
Die Landwirtschaft hat für Sachsen-Anhalt als Arbeitgeberin, Investorin, soziale Akteurin und Gestalterin der Kulturlandschaft eine herausragende Bedeutung. Der beste Garant für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Bewirtschaftung der Agrarflächen in Sachsen-Anhalt ist eine vielfältige Agrarstruktur mit einer breiten Eigentumsstreuung, vielfältigen Betriebsgrößen und regionaler Verankerung. Wir wollen die Stellung der Landwirt*innen in der Gesellschaft und die Wertschöpfungskette durch die Orientierung auf den Ausbau regionaler Kreisläufe für Verarbeitung und Vermarktung stärken. Eine tiergerechte, flächenangepasste Nutztierhaltung ist wichtiger Teil der Landwirtschaft. Wir setzen uns schon lange und auch weiterhin für Chancengleichheit ostdeutscher Agrarunternehmen ein. Sie dürfen nicht wegen ihrer Größe und Leistungsfähigkeit benachteiligt werden.
Eine Bodenpreisbremse für Sachsen-Anhalt
Die Privatisierung ehemals volkseigenen Bodens durch die bundeseigene BVVG wurde zum maßgeblichen Türöffner für landwirtschaftsfremdes Kapital zum Bodenmarkt. Diese landwirtschafsfremden Investoren sind eine existenzbedrohende Gefahr für die ortsansässigen Agrarbetriebe geworden, sei es direkt durch den Aufkauf ganzer oder den Erwerb von Anteilen an Agrarbetrieben und indirekt durch explodierende Bodenkauf- und Pachtpreise. Denn ihnen geht es nur um Maximalprofit – ohne Rücksicht auf örtliche Strukturen, Umwelt oder Arbeitsplätze. Wir müssen alles tun, um dem einen Riegel vorzuschieben. Dazu gehört auch, den Druck auf den Bund zu erhöhen, die Privatisierung ehemals volkseigener Flächen zu beenden und diese in einem öffentlichen Bodenfonds auf Bundes- oder Landesebene für langfristige Verpachtung an ortsansässige Agrarbetriebe im Interesse nachhaltiger Landnutzungskonzepte zu sichern. Wir wollen den Zugang zu Grund und Boden denen ermöglichen, die ihn auch bearbeiten. Wir wollen deshalb das landwirtschaftliche Vorkaufsrecht stärken und Bodenverkäufe zur Sicherung der Agrarstruktur im Land regeln. Eine bundeseinheitliche Regulierung von Anteilsverkäufen und bei der Besteuerung von Verkäufen landwirtschaftlicher Flächen ist unabdingbar. Bei der Verpachtung landeseigener Flächen sollen ortsansässige Betriebe vorrangig berücksichtigt sowie eine besonders umweltgerechte Bewirtschaftung angestrebt werden.
Unser Agrarleitbild
Für die Zukunft der Landwirtschaft ist die Fortsetzung der Agrar-Leitbilddiskussion unter Beteiligung des Berufsstandes und der Zivilgesellschaft unerlässlich. DIE LINKE will eine am Gemeinwohl orientierte, sozial gerechte und ökologische Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt auf regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung. Die Landwirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Wir wollen einen Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung. Wir wollen einen leichteren Zugang zu gesunden, regional produzierten Lebensmitteln für öffentliche Einrichtungen und ihre Küchen und Kantinen ermöglichen.
DIE LINKE will die Agrarförderung an Tier-, Umwelt- und Klimaschutz sowie hohe soziale Standards binden. Dieser Einsatz soll sich für die Betriebe auch wirtschaftlich lohnen – sowohl bei der Flächenförderung als auch bei freiwilligen Programmen. Innovative Klimaanpassung, CO2-Reduzierung, Wassermanagement, Humusaufbau, extensive Bewirtschaftungsformen und Agroforstsysteme sollen unsere Landwirtschaft zukunftsfest machen. Dabei geht es uns um ein Dünge- und Bodenmanagement, das den Erfordernissen des Natur- und Klimaschutzes sowie dem Erhalt der Biodiversität, dem Gewässer-, Boden- (Wasser- und Winderosion) und Immissionsschutz gerecht wird. Wir setzen uns für ein EU-weites Verbot von Totalherbiziden wie Glyphosat ein und wollen den Einsatz von Pestiziden und schädlichen Düngeverfahren zurückdrängen.
Der Landtag soll bei der Ausrichtung und Schwerpunktsetzung der Agrarförderung in der nächsten EU-Förderperiode mitwirken, um den bürokratischen Aufwand im Antragsverfahren zu reduzieren. Die EU-Förderung muss schlechter gestellte Betriebe, insbesondere in weniger ertragreichen Gebieten, im Sinne einer flächendeckenden Landwirtschaft angemessen berücksichtigen. Wir werden eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, die – abhängig von der regionalen Futtermittelproduktion, den verfügbaren Flächen und den Möglichkeiten der Verwertung der Abfallprodukte – regionale Obergrenzen für Tierhaltungsanlagen festschreibt. Mit dem Tierschutzplan sollen die nötigen Ressourcen für die Umsetzung des Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration, die Abkehr von engen Kastenständen für Sauen und den Verzicht auf das Kupieren von Schwänzen bereitgestellt werden. Der Einsatz von Antibiotika zu Mastzwecken muss verboten werden. Insbesondere dürfen Reserveantibiotika nicht in der Tierzucht eingesetzt werden. Tierhalter*innen sowie Kontrollbehörden zur Prävention und Bewältigung von Seuchensituationen sind langfristig bei der Umsetzung von Biosicherheitsmaßnahmen zu unterstützen. Wir brauchen eine Eiweißpflanzenstrategie für Sachsen-Anhalt im Sinne von Nachhaltigkeit, CO2-Reduzierung durch Futterimporte, Reduzierung von mineralischem Dünger, Artenvielfalt auf Äckern zu entwickeln. Der Energiepflanzenanbau ist auf ein ökologisch verträgliches Maß zu beschränken. DIE LINKE setzt bei Biogasanlagen in erster Linie auf den Einsatz von Abfall- und Reststoffen.
Wie der Ökolandbau gefördert werden soll
Bestehende Betriebe und neueinsteigende im Ökolandbau sind zu unterstützen, insbesondere bei der Verarbeitung und Vermarktung ihrer Produkte. Damit wollen wir einerseits den Aufbau regionaler Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen fördern, um den Bedarf an regional und ökologisch erzeugten Produkten in den Regionen zu decken und die Erzeuger*innen vor dem Druck der Handelsketten zu schützen. Andererseits geht es dabei auch um mehr regionale Wertschöpfung und die Sicherung landwirtschaftlicher Einkommen sowie eine bessere Umwelt- und Klimabilanz der Produktion. Bewirtschaftungs- und Umstellungsprämien sind so auszurichten, dass das Mindestziel eines 20-prozentigen Anteils an der Gesamtanbaufläche erreicht wird. Den Anbau von transgenen Organismen lehnen wir ab. Modernen Methoden, bei denen Pflanzen mittels einer Genschere (Crispr/Cas9) innerhalb des eigenen Genoms in einer Weise verändert werden, wie es auch durch Züchtung oder natürliche Mutation geschehen kann, stehen wir offen gegenüber.
Wie wir die Weidetierhaltung voranbringen
Die Haltung von Weidetieren, wie Schafen, Mutterkühen und Ziegen, erhält unsere Kulturlandschaft und trägt zur biologischen Vielfalt bei. Sie hilft auch beim Hochwasserschutz. Wir wollen deswegen eine tierbezogene Weidetierprämie einführen. Konflikte im Zusammenleben mit geschützten tierischen Rückkehrern wie dem Wolf müssen wir aushalten lernen durch Aufklärung der Bevölkerung, durch die Wiederentdeckung längst vergessener Kulturtechniken zum wirksamen Schutz von Weidetieren, aber auch durch einen finanziellen Ausgleich von Mehraufwand und Schaden für Nutztierhalter*innen. Auf Bundesebene setzen wir uns weiter für einen einheitlichen Rechtsanspruch der Weidetierhalter*innen auf finanzielle und rechtliche Unterstützung und Beratung beim Herdenschutz ein. Das wissenschaftliche Monitoring der Wolfspopulation im Land soll mittelfristig ausgebaut und langfristig gesichert werden.
Gut für Sachsen-Anhalt: Der Weinbau
Der Weinbau an Saale und Unstrut, der in den vergangenen 30 Jahren regelrecht aufgeblüht ist, gehört zu den erfolgreichsten Zweigen unsere Landwirtschaft. Seit der deutschen Einheit hat sich die Zahl der Betriebe vervielfacht. Wir wollen dieses prägende Merkmal für die Kulturlandschaft erhalten, indem wir z.B. die Instandhaltung von Trockenmauern in den Weinbergen unterstützen. Die Förderung des Weinbaus ist für uns auch ein Beitrag zur Pflege dieser historischen Kulturlandschaft im Saale-Unstrut-Gebiet. Das Landesweingut wollen wir erhalten.
Für ein Bienenfreundliches Sachsen-Anhalt
Wir freuen uns über gute Standortbedingungen für die Bienenzucht, die Zunahme der Bienenvölker um 30 Prozent und einen Zuwachs bei den Imker*innen. Im Moment haben wir eine Bienendichte von etwa 1,14 Völkern je Quadratkilometer. Für optimale Bestäubungsleistungen benötigen wir zwei bis vier Bienenvölker je Quadratkilometer. Die Förderung der fachlichen Ausbildung von Imker*innen sowie der Zuschüsse für Geräte und Ausstattungsgegenstände zur Nutzung für die Imkerei soll fortgesetzt werden. Das Schulimkerprojekt im Land Sachsen-Anhalt wollen wir als gelungenes Beispiel für Nachwuchsarbeit verstetigen, hier werden Schulbil-dung und Praxis gut miteinander verbunden.
Die Förderung der Bienenzucht und Imkerei darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass natürlich vorkommende Bestäuber zunehmend ein Problem in unserer ausgeräumten und durchstrukturierten Landschaft haben. Neben dem Ausbau der Imkerei ist es mindestens genauso wichtig, geeignete Biotope für Wildbienen und andere Insekten zu schützen und zu schaffen.
Wertschätzung für Angler
Angler*innen sind das gute Gewissen der Gewässer. Sie hegen und pflegen ehrenamtlich die Fischbestände Sachsen-Anhalts. Denn mit dem Fischereiausübungsrecht ist auch untrennbar die Verpflichtung zum Aufbau und Erhalt naturnaher Fischbestände verbunden. In den letzten Jahren mussten auch die Anglervereine schmerzlich erleben, welche Auswirkungen Hitze und Trockenheit in Folge des Klimawandels auf die Fischbestände im Land haben. Damit sie auch zukünftig arbeitsfähig sind, ist es im gesamtgesellschaftlichen Interesse, sie für Besatzmaßnahmen von standorttypischen Fischarten finanziell zu unterstützen und ihre wertvolle Arbeit im Ehrenamt anzuerkennen. Wenn Fischereiwirtschaft und Ökologie Hand in Hand gehen, können Angler:*innen ihren eigenen Anspruch auch erfüllen.
Sachsen-Anhalts Wälder brauchen dringend Hilfe
Unsere Wälder sind natürliche CO2-Senken. Die Bäume speichern den Kohlenstoff im Holz und setzen wertvollen Sauerstoff frei. Unsere wunderschönen Waldlandschaften sind so bedroht wie nie. Naturschützer und Verbände warnen: Unser Land wird zum Epizentrum des Waldsterbens. Seit Sommer 2017 haben die Folgen des Klimawandels, wie Stürme und Dürren, aber auch Brände und Schädlinge die größten Verwüstungen seit 200 Jahren hervorgerufen. Ohne das Zusammenwirken des Landes, des Bundes, der EU und der körperschaftlichen Waldeigentümer mit den 50.000 privaten Waldbesitzern, meistenteils Klein- und Kleinstwaldbesitzer, wird es keine wirksame Strategie gegen dieses neue Waldsterben geben.
Was wir zum Schutz unserer bedrohten Wälder tun müssen
Die durch ökologische Überforderung und die Dürrejahre zerstörten Wälder müssen schnellstens und standortgerecht wieder aufgeforstet werden.
Monokulturen haben dabei ausgedient. Vielmehr muss bei Aufforstung und Waldumbau darauf geachtet werden, dass naturnahe Mischwälder entstehen, die sich den veränderten Klimabedingungen anpassen. Damit im Landesforstbetrieb und im Landeszentrum Wald genügend Stellen neu besetzt werden können, braucht es auch eine bessere Bezahlung des Personals sowie einer Stärkung der Forstausbildung in Magdeburgerforth. Die Landesforstverwaltung muss in die Lage versetzt werden, die Bestimmungen des Landeswaldgesetzes durch- und umzusetzen. Waldbrandschutzkonzepte müssen entwickelt und die notwendige Infrastruktur (Wege, Löschwasser) ausgebaut werden. Waldbesitzer*innen und Forstbetriebe sollen dabei unterstützt werden, die großen Mengen an Schadholz nach den Dürresommern und nach dem Befall mit Borkenkäfern, aber auch anderen Schädlingen, zu beseitigen. Dazu sind viele Unternehmen wegen der niedrigen Holzpreise derzeit nicht in der Lage. Zur Wiederaufforstung wollen wir die bestehende Förderpraxis vereinfachen und entbürokratisieren. Besitzer*innen von kleinen Privatwäldern und forstliche Zusammenschlüsse, wie Forstbetriebsgemeinschaften, müssen künftig besser unterstützt werden, z.B. durch eine Erleichterung der Fördermittelbeantragung.
Gut fürs Klima: nachhaltige Holznutzung
Durch die nachhaltige Holznutzung kann der im Holz gespeicherte Kohlenstoff dauerhaft konserviert werden und somit das verbrauchte CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt werden. Sein Einsatz als Baumaterial sowie als Rohstoff für innovative Technologien, wie die Kunststoffgewinnung, birgt ein großes Potential. Den Vorschlag des Waldbesitzerverbandes für eine Holzbauquote für die öffentliche Hand halten wir für ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll.
Waldbesitz bedeutet, dem Gemeinwohl zu dienen – Eigentum verpflichtet
Wir wollen den Verkauf von Waldflächen aus öffentlichem Besitz stoppen. Öffentliche Waldflä-chen sind für das Gemeinwohl unverzichtbar. Wir plädieren für ein Vorkaufsrecht für regional ansässige Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Wald darf nicht als reine Kapitalanlage missbraucht werden. Ein Vorkaufsrecht würde zudem langfristig die Betriebsstrukturen der Forstbetriebe verbessern. Wir plädieren für eine schrittweise Ausdehnung der Flächen, die nach den Maßstäben der Zertifizierungsorganisationen (1) bewirtschaftet werden. Wir wollen den Anteil der Waldflächen weiter ausbauen sowie zur natürlichen Entwicklung Flächen aus der kommerziellen Waldbewirtschaftung herausnehmen. Hierbei kommt der Stiftung Natur-, Umwelt- und Klimaschutz (SUNK) eine besondere Bedeutung zu.
Der Wald ist ein wichtiger Ort für Umweltbildung. Wir stehen deshalb zu den Jugendwaldheimen des Landeszentrums Wald und wollen diese finanziell und personell für die Bildungsarbeit besser ausstatten.
Die Nutzung der Waldwege muss neu geregelt werden. Die Interessen der Waldbesitzer*innen sind ebenso zu berücksichtigen, wie unvermeidbare Nutzungen mit Kraftfahrzeugen durch Landwirtschaft und Fischerei. Auch touristische Ansprüche und die Bedürfnisse von Anlieger*innen müssen einbezogen werden.
Tierschutz geht mit links
Seit 2019 ist der Tierschutz als ein Staatsziel der Landesverfassung. Für dessen Umsetzung kommt es auf die Arbeit einer Vielzahl von im Ehrenamt Tätigen an. Die Arbeit von Tierheimen und Tierschutzvereinen muss gewährleistet werden, wobei die kommunale Pflichtaufgabe der Unterbringung von Fundtieren nicht zulasten ehrenamtlicher Tierschutzarbeit gehen darf. Wir wollen das Amt des Tierschutzbeauftragten weiterführen und ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände einführen. DIE LINKE will weg vom Prinzip Rasseliste bei Hunden. Die Nachteile für die Tierhalter*innen und der Nutzen für die Sicherheit müssen neu abgewogen werden. Die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde muss konsequent umgesetzt werden, um die Arbeit der Tierheime zu erleichtern. Wir befürworten eine Regelung für Katzen, um aufgefundene Tiere ihren Halter*innen schnellstmöglich zurückgeben zu können.
(1) Insbesondere des Siegels des Forest Stewardship Council (FSC) und des Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC)
Die Digitalisierung ist allgegenwärtig im Alltag, im Haushalt, in der Freizeit und auf Arbeit. In der Pandemie zeigte sich aber andererseits besonders deutlich, wer keinen digitalen Zugang hat, ist von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen, ob in Bildung, Arbeit, Kultur oder Freizeit. Die Corona-Krise hat die digitale Spaltung der Gesellschaft und die damit einhergehende soziale Spaltung dramatisch offengelegt: Wer keinen oder nur schlechten Zugang zu digitalen Kommunikationsmedien hat, wer zudem arm ist, der ist zweifach abgemeldet – digital und sozial. Die digitale Spaltung unserer Gesellschaft muss überwunden werden, denn sie ist ein Anachronismus in einer Zeit, in der wir über künftige Formen der Arbeit, des Arbeitsortes und der Kommunikation neu verhandeln. Datensouveränität und digitaler Zugang müssen heutzutage soziale Grundrechte sein. Denn: Sie sind Bedingungen für demokratische Teilhabe. Völlig unabhängig, ob in der Stadt oder im ländlichen Raum. Digitaler Zugang ist zugleich auch eine Grundbedingung moderner Produktion und von erfolgreichen Wirtschaftsstandorten. Auch hier gilt: Digitale Gleichberechtigung in Ost und West, zwischen Stadt und Land, weltweit - für ein echtes World Wide Web. Anspruch linker Politik muss es sein, Digitalisierungs- und Arbeitszeitgewinne gerecht zu verteilen. Risiken müssen durch klare gesetzliche Leitplanken eingedämmt werden.
Das Recht auf Datenschutz ist im 21. Jahrhundert ein Grundrecht und hat zahlreiche Facetten – von behördlichem Handeln bis in den privaten Alltag. Datensouveränität, d.h. Schutz der Daten und Persönlichkeitsrechte, hat für uns Priorität, nicht die Aus- und Verwertung ihrer Daten als Geschäftsmodell. Unternehmen, die gegen Datenschutzauflagen verstoßen, müssen konsequent sanktioniert werden. Dazu gehört eine Stärkung der Amtsausstattung des Datenschutzbeauftragten. Wir wenden uns gegen jede Sperr- und Überwachungsinfrastruktur, denn das Netz soll ein freier gesellschaftlicher Diskursraum sein. Netzsperren und Haftungsverschärfungen bei Verweisen/Links für Provider und Verbote auf andere Webseiten zu verlinken lehnen wir ab. Das Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung gilt auch für Beschäftigte. Eine Überwachung von Beschäftigten durch Video, Detektive oder des E-Mail-Verkehrs ist zu bekämpfen.
Die Chancen der Digitalisierung
Die Digitalisierung bietet vor allem durch intelligente Mess-, Auswertungs- und Berechnungssysteme enorme Chancen im Bereich der Energie- und Ressourceneinsparung. Sie besitzt einen wichtigen Stellenwert bei der Bewältigung des Klimawandels, sowohl bei der Modellberechnung als auch bei der Möglichkeit Treibhausgase und Energie einzusparen. Der ökologische Fußabdruck der Digitalisierung durch die Verwendung von seltenen Erden für die Hardware oder auch Serverfarmen droht diese Chancen zunichtezumachen. Auch bei den digitalen Endgeräten selber muss deshalb auf Nachhaltigkeit und Energiesparsamkeit geachtet werden. Hier ist politische Regulierung notwendig, z.B. für eine Mindesthaltbarkeitsdauer für Geräte.
Digitale Mitbestimmung am Arbeitsplatz
Intelligente Systeme/Assistenzsysteme bieten viel Potential, um Arbeit sicherer, effizienter und gesundheitsschonender zu machen. Die Befreiung von körperlich schwerer oder monotoner Arbeit durch zum Beispiel Pflegeroboter oder unterstützende Roboter (die helfen schwere und gesundheitlich bedenkliche Tätigkeiten zu minimieren oder gar zu verhindern), wollen wir vo-rantreiben. Die durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz entstehenden Produktivitätspotentiale wollen wir zum Nutzen aller freisetzen. DIE LINKE hält eine generelle Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden für möglich. Gleichzeitig treten wir Bestrebungen entgegen, die diese Technologien zur Arbeitsverdichtung, Stresserhöhung und verstärkter Kontrolle nutzen. Mit der Digitalisierung gehen auch Veränderung von Geschäftsmodellen und damit auch der Beschäftigtenstruktur und Veränderungen im Arbeitsprozess einher. Plattformarbeit oder auch Crowdworking bewegen sich in rechtlichen Grauzonen. Sie schaffen durch Deregulierung neue prekäre Arbeitsformen und soziale Entsicherung. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt will ein Verbot oder enge Begrenzung der Verlagerung von Tätigkeiten auf Subunternehmen oder neue Formen der Scheinselbstständigkeit (Plattformökonomie). Die Mitbestimmungsrechte der Belegschaften und Betriebsräte müssen dagegen erweitert werden. Gemeinsam mit Gewerkschaften, Experten im Bereich Arbeitsrecht und Arbeitsmedizin müssen sie für den Bereich der Plattformökonomie neu formuliert werden.
Digitale Infrastruktur für Unternehmen, Verwaltung und Bildung ausbauen
Der freie Markt hat beim Ausbau des schnellen Internets versagt. Die Landesregierung wird ihr Ziel, alle Schulen bis Ende 2020 ans Glasfasernetz anzuschließen, verfehlen. Viele Länder sind beim Anschluss an schnelles Internet, vor allem an Glasfaser deutlich weiter als Sachsen-Anhalt. Was wir vor allem im ländlichen Raum brauchen, sind Lösungen wie der Zweckverband Altmark und/oder staatlich geförderte Glasfasernetze im öffentlichen oder genossenschaftlichen Eigentum. Jeder Haushalt muss ein Anrecht auf einen bezahlbaren, schnellen Internetanschluss haben. Schnelles Internet ist für DIE LINKE Bestandteil der Daseinsvorsorge, d.h. digitaler Zugang muss soziales Grundrecht sein und darf nicht nach wirtschaftlichen Renditeerwägungen punktuell erfolgen. Der Einsatz einer durchgehenden Glasfasertechnologie muss Ziel des Landes sein, da nur diese in der Lage ist, die permanent steigenden Bedarfe an symmetrischen Down- und Upstreambandbreiten zu bewältigen.
Für die Digitalisierung in den Kommunen fordern wir eine Kommission aus Vertreter*innen von Land und Kommunen, welche die Standards und Ziele verbindlich formuliert und die Verteilung der notwendigen Mittel vornimmt.
Mobilfunk – 5G-Ausbau
Wir wollen in Sachsen-Anhalt bei der Einführung der Mobilfunktechnologie der 5. Generation (5G) vorangehen. Schnelles Internet wollen wir an jeder Milchkanne. Denn davon sollen nicht nur städtische, sondern auch ländliche Räume rasch profitieren. Wir werden weiterhin für eine umfassende Netzneutralität streiten, damit der Zugang zu schnellen Datenwegen nicht vom Geldbeutel abhängt. Wir unterstützen Initiativen, die Breitbandversorgung aus der Hand weniger Telekommunikationskonzerne in öffentliches Eigentum zu überführen oder genossenschaftlich zu organisieren.
Unterstützung von Freifunkinitiativen
Die Schaffung von freien Internetzugängen ist in der durch Digitalisierung geprägten Welt ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen. Die zumeist ehrenamtlichen Freifunkinitiativen leisten dazu einen anerkennenswerten Beitrag. DIE LINKE will das gemeinnützige Engagement für die digitale Gesellschaft anerkennen und sich auf Bundesebene aktiv dafür einsetzen, dass Freifunkinitiativen in der Abgabenordnung als gemeinnützig anerkannt werden. Die Landesförderung für Freifunknetze und WLAN wollen wir fortführen und weiter ausbauen. Für den weiteren Ausbau von Freifunkinfrastruktur wollen wir, dass auch die landeseigenen Behörden ihre Gebäude zur Verfügung stellen.
Entwicklungspolitik lebt auch von Veränderung. Deshalb war es wichtig, dass DIE LINKE auf eine Überarbeitung und Aktualisierung der Entwicklungspolitischen Leitlinien (EPL) unter Mitwirkung der zivilgesellschaftlichen Akteur*innen hingewirkt hat. Aspekte wie lebenslanges Lernen, weltweite soziale Gerechtigkeit, Demokratiebildung und Friedenspolitik sind dabei für uns von zentraler Bedeutung. Die Stellen für das Eine-Welt-Promotor*innen-Programm sind weiter zu finanzieren. Die Unterstützung des fairen Handels, der nachhaltigen Beschaffung und von nachhaltigem Konsum können zur Armutsbekämpfung im globalen Süden beitragen. Ein erster richtiger Schritt wäre das Vergabegesetz in Sachsen-Anhalt zu ändern, denn die Einhaltung von Menschenrechten und verbindlichen Umwelt- und Sozialstandards (ILO-Kernarbeitsnormen) in den Lieferketten sowie entsprechende Offenlegungspflichten dürfen nicht freiwillig sein, sondern ein Muss. Grundsätzlich wollen wir die Bildungsarbeit für nachhaltige Entwicklung mehr fördern, das heißt globalem Lernen mehr Raum geben. Eine intensive Kooperation von Hochschulen und Universitäten des globalen Südens mit dem globalen Norden wird für alle Beteiligten vorteilhaft sein. Wir können und müssen Wissen austauschen und voneinander lernen. Um auf Landesebene erfolgreiche entwicklungspolitische Arbeit zu leisten, wollen wir den Runden Tisch Entwicklungspolitik weiter institutionalisieren.
Teil III: Bildungsgerechtigkeit, die wir meinen
Der massive Lehrkräftemangel, der Rückstand in der digitalen Ausstattung, der Stillstand auf dem Weg zu einer inklusiven Schule, und die mangelnde Integration von Schüler*innen mit Migrationserfahrungen sind die schlimmsten Defizite in unserem Schulsystem. Die soziale Schere beim Bildungszugang wird nicht geschlossen und die große Zahl von Schüler*innen, die die Schulen ohne Abschluss verlassen, steigt weiter. Das ist die Bilanz von fast zwei Jahrzehnten CDU-Regierungen in Sachsen-Anhalt. Diesem Absinken der Qualität von schulischer Bildung stellt sich DIE LINKE entgegen. Durch Schulschließungen und Quarantäneanordnungen während der Pandemie wurden und werden viele Schüler*innen in ihrer Entwicklung zusätzlich benachteiligt. DIE LINKE tritt dafür ein, die erforderlichen Ressourcen zu mobilisieren, um diese Nachteile auszugleichen und Bildungsgerechtigkeit herzustellen, damit alle Schüler*innen unabhängig ihres Geschlechtes, ihres familiären Hintergrunds oder ihres sozialökonomischen Status die gleichen Bildungschancen und -möglichkeiten haben.
Digitales Lernen voranbringen – Netzzugang für alle Kinder!
In der Pandemie wurden durch das Engagement und die Kreativität der Pädagog*innen und der Schüler*innen aber auch vieler Eltern an vielen Schulen in kurzer Zeit neue, mediengestützte Kommunikationsformen erprobt. Dennoch ist Deutschland ein Entwicklungsland in Sachen digitalen Lernens. Um digitale Lernformen künftig für alle nutzbar zu machen, müssen die Schulen schneller Glasfaseranschlüsse für leistungsfähiges Internet erhalten. DIE LINKE will außerdem sicherstellen, dass jede/r Schüler*in über ein internetfähiges Gerät und einen Internetzugang verfügt. Für die Verbesserung des Bildungserfolgs gilt es neben der technischen Ausstattung aber auch, sich mit gesellschaftlichen Grundfragen der Digitalisierung auseinanderzusetzen, die kompetente Nutzung moderner Medien für die Gestaltung von Lernprozessen durch Lehrer*innen und die digitale Mündigkeit der Schüler*innen zu entwickeln sowie einen effektiven Datenschutz zu gewährleisten. Die Schulen brauchen IT-Systeme, die die Arbeit mit frei zugänglichen Bildungsmaterialen uneingeschränkt ermöglichen.
Volksbegehren umsetzen – unser Programm gegen den Personalmangel
Fast zwanzig Jahre lang haben es Landesregierungen zugelassen, dass viel zu wenige Lehrkräfte ausgebildet wurden, die jetzt an allen Schulen fehlen. Es wird deutlich mehr pädagogisches Personal benötigt, um die Bedingungen für Lehrer*innen und Schüler*innen zu verbessern.
Um erfolgreich zu lernen, sind mehr Zeit und kleinere Lerngruppen erforderlich.
Als Ziel für eine ausreichende Personalausstattung macht sich Die LINKE die Forderungen des Volksbegehrens „Den Mangel beenden! Unseren Kindern Zukunft geben!“ zu eigen und wird dafür streiten, die dort geforderten Personalschlüssel im Schulgesetz zu verankern. Unser Ziel ist es, den aktuellen Personalbestand um mindestens 2.000 Lehrkräfte, 400 pädagogische Mitarbeiter*innen und 600 Schulsozialarbeiter*innen zu erweitern.
Da in den kommenden Jahren sehr viele Lehrkräfte altersbedingt ausscheiden, müssen jährlich bis zu 1.500 neue Lehrkräfte für den Schuldienst des Landes gewonnen werden. DIE LINKE strebt deshalb mit beiden Universitäten des Landes Ergänzungszielvereinbarungen an, um die Lehrerausbildung von derzeit 1.000 auf 1.500 Erstsemesterplätze auszubauen, die tatsächlichen Studiendauern zu verkürzen und mehr erfolgreiche Abschlüsse zu ermöglichen. Außerdem muss gemeinsam mit den Universitäten eine stärkere Ausrichtung der Fächerwahl der Lehramtsstudierenden am Bedarf des Landes erreicht werden. Um die Ausbildung und den Einsatz der neuen Lehrkräfte effizienter zu gestalten, soll die universitäre Ausbildung für die allgemeinbildenden Schulen nur noch in zwei Lehramtslaufbahnen stattfinden – eine Laufbahn für die Primarstufe einschließlich der sonderpädagogischen Fachrichtungen und eine Laufbahn gemeinsam für die Sekundarstufen I und II. Inklusions- und Medienpädagogik müssen Bestandteil aller Lehramtsstudiengänge sein.
Für den Vorbereitungsdienst sollen weitere Seminare für Lehrämter in der Fläche des Landes (Dessau, Gardelegen oder Stendal, Halberstadt) eingerichtet werden. Schulträger sollen mehr Zuständigkeit bei der Gewinnung von Lehrkräften bekommen. Außerdem sollen im Vorbereitungsdienst bei besonderen regionalen Bedarfssituationen zusätzliche Bewerber*innen durch die Zahlung von Anwärtersonderbezügen gewonnen werden.
Die gerechte Eingruppierung aller Lehrkräfte und gute Arbeitsbedingungen sind wichtige Voraussetzungen, damit Sachsen-Anhalt konkurrenzfähig bleibt und erfolgreich Lehrkräfte ausbilden und einstellen kann. Wir werden die Vergütung der Grundschullehrkräfte auf das Niveau der anderen Lehrkräfte in die A13/E13 anheben und die Altersermäßigungen für alle Lehrkräfte wieder ab dem 60. Lebensjahr gewähren.
Wir wollen zu jeder Zeit Einstellungen ermöglichen und auch die Rückkehr aus anderen Bundesländern fördern. Durch schnelle Entscheidungen vor Ort wollen wir die Einstellungsverfahren verkürzen und den Schulen mehr Verantwortung und Einfluss einräumen. Durch frühzeitige Einstellungszusagen sollen Gemeinden und Landkreise motiviert werden, für Studierende und Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst gute Bedingungen für sie und ihre Familien zu schaffen und sie so an die Region zu binden. Die Universitäten und die Seminare für Lehrämter sollen die Kommunen dabei durch Kooperationen unterstützen.
Der Schuldienst des Landes wird noch über lange Zeit auf viele Seiteneinsteiger*innen angewiesen sein. DIE LINKE wird dafür Sorge tragen, dass diese Lehrkräfte berufsbegleitend eine vollwertige pädagogische Ausbildung erhalten, unabhängig von der Zahl der Unterrichtsfächer. Auch wer sich ohne zusätzliche Ausbildung im Unterrichtseinsatz über längere Zeit bewährt, soll eine Laufbahnbefähigung erhalten und somit auf Dauer nicht schlechter bezahlt werden als Kolleg*innen mit grundständiger Lehrerausbildung.
Lehrkräfte sind Fachleute für das Lernen im Unterricht und benötigen für die Bewältigung der vielfältigen Aufgaben im Schulalltag Unterstützung anderer pädagogischer Professionen. Langfristig orientieren wir uns an den Empfehlungen des Bundesverbandes für Schulsozialarbeit, der pro 150 Schüler*innen eine Schulsozialarbeitsstelle für nötig erachtet.
Die Schulsozialarbeit soll weiterhin in Kooperation mit Trägern der freien Kinder- und Jugendhilfe durchgeführt und durch die etablierten Netzwerkstellen koordiniert und unterstützt werden. Außerdem werden wir den schulpsychologischen Dienst und die schulfachliche Evaluation und Beratung der Schulen im Landessschulamt personell verstärken.
Um die regionalen Kenntnisse für einen effizienten Einsatz der Lehrkräfte zu nutzen und die Verantwortung der Kommunen als Schulträger zu stärken, werden wir für Gemeinden und Landkreise durch Modellversuche die Möglichkeit eröffnen, im Rahmen vorgegebener Stellenkontingente den Lehrkräftebedarf für ihre Schulen selbst zu planen.
Schule als ganztägigen Lern- und Lebensort gestalten – Horte ins Schulgesetz!
Gute Bildung für alle ist eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, wirtschaftlichen Erfolg und einen verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Umwelt. Darum kommen der Ausweitung der Lernzeit, dem längeren gemeinsamen Lernen in Gemeinschaftsschulen, der Entwicklung von inklusiv arbeitenden Regelschulen, der Erweiterung von Ganztagsangeboten und der flächendeckenden Etablierung von Schulsozialarbeit und praxisorientiertem Lernen entscheidende Bedeutung zu. Gute Bildung braucht ausreichend Zeit. Deshalb will DIE LINKE eine 10-jährige Vollzeitschulpflicht für alle Schüler*innen. Ziel ist es, dass alle mindestens den mittleren Schulabschluss (Realschulabschluss) nach 10 Schuljahren erreichen können. Dabei kann das 10. Schuljahr auch an einer Berufsbildenden Schule in der dualen Ausbil-dung absolviert werden. Statt Schüler*innen bei Leistungsschwächen die Versetzung zur verweigern, wollen wir die Förderung verstärken, damit der Anschluss wieder geschafft wird. Das „Sitzenbleiben“ als untaugliche Maßnahme muss beendet werden, die freiwillige Wiederholung der Klassenstufe soll aber möglich bleiben.
Für die ganztägige Bildung und Erziehung im Primarbereich sollen die Horte mit ihren spezifischen Angeboten einen größeren Beitrag leisten, Freiräume für Kreativität und Gemeinschaftsarbeit schaffen sowie Raum für Sport, Erholung und Besinnung bieten. Die notwendige enge Kooperation von Grundschulen und Horten soll durch die Verankerung der Horte im Schulgesetz gewährleistet werden, wobei die bisherige Trägervielfalt erhalten bleiben soll. Außerdem wollen wir die personellen und finanziellen Voraussetzungen schaffen, um Ganztagsangebote an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen bedarfsgerecht auszubauen.
Inklusion an den Schulen voranbringen – kein Kind zurücklassen
Für uns ist der Anspruch auf eine erfolgreiche Bildung im Regelschulsystem für alle Schüler*innen verbindlich und eine gesellschaftliche Notwendigkeit zur Gewährleistung des sozialen Zusammenhalts. Inklusion kann und muss besser gelingen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir die Rahmenbedingungen für die Förderung von Kindern mit festgestelltem Förderbedarf in Regelschulen strukturell verbessern und vor allem deutlich mehr qualifizierte Pädagog*innen einsetzen. In den Landkreisen und kreisfreien Städten werden wir Regionale Förderzentren ermöglichen, um so einen Übergang vom bisherigen Förderschulsystem zu einem inklusiven Schulsystem zu erreichen.
Die vielen Schüler*innen, die ohne regulären Schulabschluss die allgemeinbildenden Schulen verlassen, sind eine große Herausforderung für das Schulsystem. Wir werden die Möglichkeiten der Förderung zur Erlangung eines Schulabschlusses verbessern und erweitern. Dazu zählt u.a. die bedarfsgerechte Fortführung des „Produktiven Lernens“.
Kindern und Jugendlichen, die kurz oder langfristig der Schule fernbleiben, muss durch mehr sozialpädagogische Unterstützung, ggf. auch durch Angebote an außerschulischen Lernorten, der Weg zurück zur Fortführung der schulischen Bildung geebnet werden. Bestrafen ist keine Hilfe. Deshalb werden wir die Schulverweigerung als Ordnungswidrigkeit aus dem Schulgesetz streichen und dafür keinen Jugendarrest mehr zulassen.
Länger gemeinsam Lernen – eine Erfolgsgeschichte
Die Gemeinschaftsschulen haben sich in der letzten Wahlperiode gegen Widerstände aus der CDU als erfolgreiche Schulform für längeres gemeinsames Lernen etabliert. Sie sind bei immer mehr Schüler*innen und ihren Eltern beliebt, weil die Entscheidung über den Bildungsweg länger offengehalten wird. Diesen Weg wollen wir konsequent fortsetzen.
Gemeinschaftsschulen sollen künftig neben dem mittleren Schulabschluss auch einen gleichwertigen Weg zum Abitur anbieten. Dafür wollen wir die Einrichtung kleiner gymnasialer Oberstufen und die Bildung von Oberstufenzentren als Kooperation mehrerer Gemeinschafts- und Gesamtschulen ermöglichen. Darüber hinaus sollen alle Gemeinschaftsschulen eine Fachoberstufe einrichten können, um in Kooperation mit Berufsbildenden Schulen die Fachhochschulreife anzubieten. Sie sollen dafür ein attraktives polytechnisches Profil entwickeln, bei dem praxisorientiertes Lernen von Anfang an und verstärkt ab dem 7. Schuljahrgang einen festen Platz hat.
Für Sekundarschulen soll es attraktiv werden, sich in Gemeinschaftsschulen umzuwandeln. Wir streben auf der Basis freiwilliger Entscheidungen von Schulen und Schulträgern einen vollständigen Übergang zu einem Schulsystem aus zwei Säulen im Bereich der Sekundarstufe I an, bestehend aus Gemeinschaftsschulen und Gymnasien.
Berufsbildende Schulen
DIE LINKE will sich dafür einsetzen, die berufsbildenden Schulen zu stärken und die Rahmen-bedingungen für die berufliche Ausbildung zu verbessern. Dazu muss u.a. die Konzentration der Ausbildung in Landesfach- und Regionalklassen an zu wenigen Standorten eingedämmt werden. Für eine moderne technische Ausstattung der berufsbildenden Schulen sollen den Schulträgern über ein Landesprogramm finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Die Entscheidung für eine vollzeitschulische Ausbildung z.B. zur Erzieher*in darf nicht vom Geldbeutel der Familie abhängen. Deshalb fordern wir die Übernahme des Schulgeldes durch das Land. Alle Auszubildenden müssen wissen, wie sie ihre Rechte geltend machen können und was Ausbilder*innen dürfen und was nicht. Darum wollen wir, dass Gewerkschaften in den Berufsschulen über Arbeitnehmer*innenrechte aufklären. Alle Auszubildenden sollen zwei Wochen vor ihren Abschlussprüfungen zur Vorbereitung vollständig freigestellt werden.
Eigenverantwortung und Schuldemokratie
Schulen müssen vor allem für die Schüler*innen Orte gelebter Demokratie werden. DIE LINKE setzt sich ein für die Erweiterung der Schülermitbestimmungsrechte. Dabei soll es auch möglich sein, für die Gesamtkonferenz einer weiterführenden Schule die Drittel-Parität einzuführen. Damit Schulen Motoren ihrer eigenen Entwicklung werden, müssen sie über organisatorische, finanzielle und pädagogische Fragen selbst mehr entscheiden können. DIE LINKE wird den Gesamtkonferenzen zusätzlich Entscheidungsbefugnisse übertragen. Außerdem sollen die Schulträger aufgefordert werden, den Schulen möglichst große Teile ihres Schulhaushaltes als Budget zur eigenen Bewirtschaftung zur Verfügung zu stellen. Die Bewertung des Verhaltens durch „Kopfnoten“ werden wir aufheben und durch individuelle Rückmeldungen ersetzen.
Was wir gegen Schulschließungen und für Neu- oder Erweiterungsbauten tun
In Sachsen-Anhalt sind in 30 Jahren mehr als die Hälfte aller staatlichen Schulen geschlossen worden. Gleichzeitig füllen immer mehr Privatschulen Lücken im staatlichen Schulnetz. DIE LINKE wird entsprechend des Verfassungsauftrages das öffentliche Schulwesen stärken. Die Vorgaben für Schulgrößen und Klassenstärken an den staatlichen Schulen in der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung werden aufgehoben und durch globale Personalzuweisungen ersetzt. Die Entscheidungen über den Erhalt und die Neuerrichtung von Schulstandorten wird so vollständig an die Schulträger übertragen. Schulstandorte stehen dann nicht mehr zur Disposition, weil durch schwankende Schülerzahlen starre Grenzwerte unterschritten werden. Wir setzen uns ebenso für faire Entwicklungsbedingungen der bestehenden Schulen in freier Trägerschaft ein.
Jeder Schule sollen ausreichend Räume zur Verfügung stehen. Schulen sollen nicht mehr überfüllt werden. Bei der rechtzeitigen Planung und Errichtung von Neu- oder Erweiterungsbauten müssen die Schulträger durch ein Schulbauprogramm des Landes unterstützt werden. Wir werden verbindliche Vorgaben für den Neu-, Aus- und Umbau von Schulgebäuden schaffen. Dabei orientieren wir uns an den Anforderungen für die Arbeit in inklusiven Schulen, die u.a. Räume für Teilungsunterricht, Schulsozialarbeit und Ganztagsarbeit einschließen. Barrierefreiheit aller Schulgebäude ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine inklusive Schule. Auch die Arbeitsbedingungen für Lehrer*innen müssen verbessert werden. Außerdem sollen die Kommunen durch eine deutliche Erhöhung der Finanzzuweisungen in die Lage versetzt werden, den Bau- und Sanierungsbedarf an Schulgebäuden zu bewältigen. Bei Neubauten und Grundsanierungen müssen Pädagog*innen, Schüler*innen, Eltern und weiterer Partner*innen der Schulen verbindliche Mitsprache erhalten.
Bildung von Anfang an
Kinder lernen von Anfang an, am besten und am liebsten gemeinsam mit anderen Kindern. Darum sind für uns Kindertageseinrichtungen Orte frühkindlicher Bildung, denn dort können Kinder in der Gemeinschaft aufwachsen, sich entwickeln und lernen. Um diesem Verständnis Rechnung zu tragen, soll auch die Übertragung der Verantwortung für die frühkindliche Bildung und für die Kinder- und Jugendhilfe an ein Ministerium für Bildung und Jugend intensiv geprüft werden.
Das Programm „Bildung elementar – Bildung von Anfang an“ werden wir überarbeiten, um den Bereich der Medienpädagogik erweitern und seine Umsetzung in den Einrichtungen durch einen größeren Stellenwert in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Erzieher*innen und durch Zeit für die Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit qualifizieren.
Ganztagsanspruch, Beitragsfreiheit und bessere Betreuungsqualität in Kitas
DIE LINKE will einen uneingeschränkten Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung in Kindertageseinrichtungen für alle Kinder, unabhängig von ihrer familiären oder sozialen Situation. Die Planung und Finanzierung der Kindertageseinrichtungen sollen in einer Hand bei den Landkreisen und kreisfreien Städten liegen. Dafür haben wir ein transparentes Finanzierungssystem erarbeitet, das sich an den tatsächlichen Personalkosten orientiert, den Finanzierungsanteil der Gemeinden aufhebt und schrittweise zur Beitragsfreiheit für die Eltern führt. Zur Verbesserung der Betreuungsqualität wollen wir die Personalschlüssel schrittweise absenken. Wir werden eine kostenlose Mittagsversorgung für alle Kinder in Kitas und Tagespflege schaffen und Trinkbrunnen fördern. Die Finanzierung aller Maßnahmen erfolgt durch eine entsprechende Erhöhung des Landesanteils.
Auch für die Kindertagespflege müssen vernünftige Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Dazu zählt vor allem, dass die Kindertagespflege Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarungen mit den Jugendämtern abschließen kann. Dies hilft, die tatsächlichen Kosten transparent zu machen und die Einkommen der Tagespflegepersonen anzuheben. Tagespflegepersonen müssen gesicherte Beschäftigungsperspektiven erhalten.
Junge Menschen schützen, Jugendhilfe stärken
In vielen Bereichen befinden sich unsere Jugendämter in einer schwierigen Lage. DIE LINKE wird für einen Qualitätsdialog des Landes mit den Kommunen eintreten, um die personelle Ausstattung der Jugendämter zu verbessern. Dazu gehören der Ausbau und die Weiterentwicklung der Netzwerke Früher Hilfen und Kinderschutz sowie die Förderung präventiver und niedrigschwelliger Angebote, insbesondere im ländlichen Raum.
Im Bereich Hilfen zur Erziehung müssen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Hilfen zielgenauer zu gestalten und problematischen Kindheitsverläufen möglichst frühzeitig präventiv zu begegnen. Zwischen den Hilfen zur Erziehung, den Kinder- und Jugendpsychiatrien und den Gesundheitsämtern müssen sich ein gelingendes Übergangsmanagement und verbindliche Kooperationsstrukturen entwickeln, um die Hilfen passgenau für jeden jungen Menschen anzubieten. Kinder, Jugendliche und ihre Familien müssen bei ihrem Recht auf Jugendhilfe stärker unterstützt werden. Deswegen will DIE LINKE die flächendeckende Einführung von Ombudsstellen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten.
Wir werden dafür Sorge tragen, dass die Jugendhilfeplanungen der Landkreise und kreisfreien Städte nach quantitativen und qualitativen Mindeststandards erfolgen und mit einer durch das Land zu erarbeitenden landesweiten Jugendhilfeplanung abgestimmt werden, um ein Aufwachsen in gleichen Lebensverhältnissen zu sichern.
Rechtsanspruch auf Jugendarbeit für junge Menschen umsetzen und sichern
Wir werden die Jugendarbeit als Rechtsanspruch für junge Menschen im Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes festschreiben. Die Förderung der Maßnahmen der kommunalen Jugendarbeit (ehemals Jugendpauschale und Fachkräfteprogramm) werden wir um mindestens eine halbe Million Euro erhöhen und eine Dynamisierung von mindestens 2,5 Prozent pro Jahr gesetzlich verankern. Wir werden einen Flächenfaktor bei der Förderung einführen, um Benachteiligungen im ländlichen Raum zu überwinden.
Die Beschäftigten in der Jugendarbeit und in den Jugendverbänden befinden sich oft in einer prekären Beschäftigungs- und Einkommenssituation, weil es dafür bisher keine ausreichend gesicherte und auskömmliche Finanzierungsgrundlage gibt. Wir werden in der Jugendarbeit, der Jugendverbandsarbeit, bei institutionell geförderten Trägern und Beratungsstellen eine Bezahlung nach dem öffentlichen Tarifrecht zur Grundlage machen und mehrjährige Zuwendungsverträge abschließen. Wir setzen uns ein für die Entwicklung von personellen Mindeststandards für den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Der Jugend(medien)schutz muss verbindlicher Bestandteil der Jugendhilfeplanungen werden.
Frühe Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stärkt Demokratie
Demokratie muss so früh wie möglich erlebbar sein. Kinder und Jugendliche sollen lernen, Meinungen fair auszutauschen, sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen und Wertschätzung für andere Positionen zu entwickeln. Damit sich Kinder- und Jugendbeteiligung entwickeln kann, ist es erforderlich, Angebote für eine altersgemäße politische Bildung auf- und auszubauen.
Mit dieser Zielstellung wurde bereits 2014 ein Kinder- und Jugendteilhabegesetz erarbeitet. Kinderrechte in die Landesverfassung aufnehmen, Wählen ab 14 Jahren, mehr Mitsprache und Partizipation auf der Ebene der Kommunen und des Landes, das Setzen von Standards für kommunale Kinder- und Jugendbeteiligung, die Unterstützung von Servicestellen der Kinder- und Jugendbeteiligung, mehr Rechte für Schüler*innen – das wollen wir auch weiterhin erreichen. In den Kommunen sollen Jugendparlamente in einem Online-Verfahren gewählt werden, die über ein eigenes Budget für Projekte verfügen und in Stadt- und Gemeinderäten, in den Kreistagen bei Kinder- und Jugendbelangen ein Antrags-, Rede- und Vetorecht haben und personell angemessen unterstützt werden.
Beim Landtag soll eine Kinderkommission als parlamentarischer Unterausschuss eingerichtet werden, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen im Parlament vertritt. Im regelmäßigen Austausch mit den Vertreter*innen u.a. des Netzwerkes gegen Kinderarmut, dem Kinder- und Jugendring und der Landesvereinigung für kulturelle Jugendbildung soll sie dazu beitragen, auftretende Problemstellungen schneller zu erkennen und entsprechende Lösungen zu entwickeln. Der/die Kinderbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt soll ständiges beratendes Mitglied der Kinderkommission sein.
Angebote für queere junge Menschen
Der 7. Kinder- und Jugendbericht Sachsen-Anhalts konstatiert ein zu geringes Angebot für junge queere, inter* und trans* Menschen. Dabei gab gerade diese Gruppe am häufigsten an, Opfer von Gewalt geworden zu sein (1). Das Jugendpolitische Programm des Landes und die örtlichen und überörtlichen Jugendhilfeplanungen müssen daher im Hinblick auf queere Lebensweisen angepasst werden. Die im Landesjugendhilfeausschuss beschlossenen Leitsätze für Diversität müssen umgesetzt werden. Dazu gehört, dass es in allen Landkreisen und kreisfreien Städten zentrale Anlaufstellen gibt, die für junge queere, inter* und trans* Menschen Beratungen sowie für Familien und pädagogische Fachkräfte Fortbildungen anbieten.
(1) Siehe 7. Kinder- und Jugendbericht LSA, Teil A, 2.7 Herausforderungen im jugendlichen Alltag, S. 134, Anstrich 2
Grundlegende Ziele unserer Wissenschaftspolitik
Wie sehr unsere Hochschulen und Universitäten gebraucht werden, zeigt sich heute mehr denn je bei der Bewältigung der Pandemie und deren Folgen für die Menschen, das Gesundheits- und Sozialsystem und die Wirtschaft. Aber auch der Klimawandel und der Strukturwandel bleiben aktuelle Themen für Forschung und Entwicklung.
Die Hochschulen und wissenschaftlichen Institute sind entscheidende Motoren für Innovationen und willkommene Partner, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Dabei geht es aber nicht nur um hochinnovative Ausgründungen, sondern auch um ökonomische, psychologische und soziologische Begleitforschung. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit ist für uns kein alleiniges Kriterium für eine zukunftsfähige Wissenschaftslandschaft.
Grundlagenforschung ist die tragende Säule, ohne die keine anwendungsorientierte Forschung möglich ist. Beides muss in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Grundlagenforschung auf entscheidenden Gebieten, Risikoforschung ebenso wie die geisteswissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Forschung müssen gestärkt werden. Besonderen Wert legen wir darauf, die Bewertung sozialer und ökologischer Risiken von Technologie und Fortschritt kritisch zu begleiten. Und wir wollen kein öffentliches Geld mehr für Forschung zu militärischen Zwecken einsetzen, das werden wir mit einer Zivilklausel im Landeshochschulgesetz sicherstellen.
Bei allem gesellschaftlichen Anspruch an die Hochschulen bleiben Forschung und Lehre ihre Hauptaufgaben. DIE LINKE steht zur Freiheit von Forschung und Lehre und deren Einheit, zum Prinzip Bildung durch Wissenschaft und zur Autonomie der Hochschulen.
Wie DIE LINKE die Hochschulen fördern will
Um unsere Hochschullandschaft kontinuierlich zu entwickeln, werden wir die Hochschulbudgets jährlich um 3 Prozent erhöhen und Tariferhöhungen in vollem Umfang ausgleichen. Die zunehmende Abhängigkeit der Hochschulen von befristeten Projektfinanzierungen werden wir korrigieren. Zusätzliche Bundesmittel werden wir den Hochschulen auch zusätzlich zur Verfügung stellen. Den von den Hochschulen geforderten Corona-Solidarbeitrag werden wir streichen.
Die Hochschulen spielen für die Bekämpfung des Fachkräftemangels eine zentrale Rolle. Ein Schwerpunkt muss dabei auf die MINT-Fächer Mathematik, Ingenieurswissenschaften, Naturwissenschaften und Technik gelegt werden. Für die Akademisierung weiterer Berufe z.B. bei Hebammen, Pflegeberufen oder Physiotherapeut*innen werden wir den Hochschulen zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, damit das Studienplatzangebot erweitert werden kann.
DIE LINKE hält an den beiden Hochschulmedizin-Standorten Halle und Magdeburg fest, verschließt sich jedoch nicht einer stärkeren Verzahnung und fairen Abstimmung darüber, welches Profil am jeweiligen Standort angeboten wird. Um ein dauerhaftes Defizit der Universitätsklinika zu vermeiden, wollen wir einen Systemzuschlag und die Ausfinanzierung der Hochschulambulanzen durch die Krankenkassen. Um dem drohenden Ärztemangel entgegenzuwirken, müssen an den beiden medizinischen Fakultäten jeweils 75 zusätzlich Studienplätze geschaffen werden. Für Zahnärzt*innen und Kieferorthopäd*innen müssen darüber hinaus an der MLU unverzüglich 20 zusätzliche Studienplätze eingerichtet werden. Mit der Universität, den Kammern und den Krankenkassen muss das Land eine Vereinbarung zum zukünftigen Bedarf, den erforderlichen Studienplatzkapazitäten und deren Finanzierung abschließen.
DIE LINKE bekennt sich zu allen Hochschulstandorten. Sollten die Studierendenzahlen sinken, wird die Ausstattung der Hochschulen beibehalten. Freiwerdende Kapazitäten sind dann zur Qualitätsentwicklung zu nutzen. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen das Promotionsrecht erhalten und ihre Kooperationen mit den Universitäten intensivieren. Der Erhalt der Vielfalt von Fächern, die unsere Hochschulen attraktiv machen, ist dabei ein wichtiges Ziel. Das gilt auch für die sogenannten kleinen Fächer. Dafür muss über echte Kooperationsplattformen mehr Kraft in einzelnen Disziplinen entwickelt werden.
DIE LINKE garantiert die Weiterführung des staatlichen Studienkollegs an den Standorten Halle und Köthen mit einer angemessenen Ausstattung. Den existierenden privaten Kollegs stehen wir offen gegenüber, fordern aber die Einhaltung von Qualitätsstandards, um Wildwuchs zu verhindern.
Auch die außeruniversitären Forschungsinstitute werden wir weiter unterstützen ebenso wie die nationale Akademie Leopoldina und die Global Young Academy, die in Sachsen-Anhalt ihren Sitz haben.
Was DIE LINKE für die Studierenden tun will
DIE LINKE steht ohne Wenn und Aber für ein gebührenfreies Studium. Nach dem Fall der Langzeitstudiengebühren werden wir auch die Gebühren für ein Zweitstudium und für Lehr- und Lernmittel abschaffen. Niemand darf dafür bezahlen müssen, der bestimmte Fächer z.B. in den Naturwissenschaften studiert oder dem gesellschaftlichen Ruf nach lebensbegleitendem Lernen folgt. Wer in Sachsen-Anhalt sein Bachelorstudium erfolgreich absolviert, soll eine Garantie erhalten, hier auch ein Masterstudium absolvieren zu können. Deshalb soll die Regelstudienzeit kurzfristig verlängert und mittelfristig durch andere Modelle ersetzt werden.
Die Studentenwerke werden wir finanziell besser ausstatten, damit die Beiträge nicht weiter steigen. Dem Hochschulpakt muss endlich ein Hochschulsozialpakt folgen, mit dem Wohnheimbau und -sanierung und eine bessere Mensaversorgung gewährleistet werden. Das Bafög muss endlich elternunabhängig, auf einem real grundsichernden Niveau und für die gesamte Dauer des Studiums gezahlt werden. Wir wollen ein kostengünstiges landesweites Studierendenticket für den ÖPNV einführen.
Was DIE LINKE für die Hochschulbeschäftigten tun will
DIE LINKE wird einen Kodex für gute Beschäftigung im Hochschulgesetz verankern und die Forderungen nach guter Arbeit in der Wissenschaft, dauerhafte Arbeitsperspektiven im Wissenschaftlichen Mittelbau und fairen Karrierechancen durch Tenure Track erfüllen. Alle Arbeiten, die dauerhaft anfallen, sollen durch unbefristet angestellte Mitarbeiter*innen erledigt werden. Teilzeitjobs oder befristete Arbeitsverträge wollen wir zurückdrängen.
Der Abbau von Barrieren endet für uns nicht bei der Gestaltung von Räumen, Wegen und Gebäuden. Auch unterschiedliche Zugänge zu wissenschaftlicher Arbeit durch Hilfs- und Unterstützungssysteme müssen an den Hochschulen ermöglicht und Barrieren für Studierende oder Beschäftigte mit Beeinträchtigungen und chronischen Erkrankungen abgebaut werden. Dazu gehören unter anderem flexible Studienzeiten, frühzeitige Beratung und Studienplatzzusagen sowie wirksame Nachteilsausgleiche.
Wie wir Frauen an den Hochschulen fördern wollen
Der Frauenanteil an den Berufungen muss erhöht werden. In den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen sollen dazu verbindliche Quoten im Sinne eines „Kaskaden-Modells plus“ vereinbart werden. Danach ergeben sich die Ziele für den Frauenanteil einer jeden wissenschaftlichen Karrierestufe durch eine Steigerung des tatsächlichen Anteils der Frauen auf der direkt darunterliegenden Qualifizierungsstufe. Die Berufungsgremien müssen mindestens zu 50 Prozent mit Frauen besetzt werden.
Das Leben mit Kindern oder die Verantwortung für familiäre Aufgaben darf kein Hinderungsgrund für ein erfolgreiches Studium sein, nicht für Frauen und nicht für Männer. Geflüchteten soll der Zugang zu den Hochschulen unabhängig vom Aufenthaltsstatus gewährt werden. Wir unterstützen Initiativen der Hochschulen, statt der formalen Nachweise der Studierfähigkeit Geflüchteter durch Prüfungen den Hochschulzugang zu ermöglichen.
Was wir für die Hochschuldemokratie tun wollen
Wir treten für eine paritätische Besetzung der Hochschulgremien ein. Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretung sollen mit Sitz und Stimme vertreten sein. Gewählte Gremien wie Studierenden- und Fachschaftsräte sollen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben mit grundlegender Ausstattung und mehr verbrieften Rechten ausgestattet werden. Dies schließt insbesondere Informationspflichten der Hochschulleitung gegenüber den studentischen Gremien über die Studierendenschaft direkt betreffende Themen mit ein.
Teil IV: Zusammenhalt, den wir meinen
CDU und SPD haben den Staat jahrelang aus der Fläche zurückgezogen und damit selbst die Perspektivlosigkeit herbeigeführt und die Abwanderung befördert, die sie nun so wortreich beklagen. Wer heute über die Stärkung der Kommunen spricht, muss diesen Worten Taten in den ländlichen Räumen folgen lassen. Das Land muss sich seine Versprechen etwas kosten lassen. Schulstandorte im ländlichen Raum dürfen nicht aus finanziellen Gründen geschlossen werden. Die Stilllegung von Bahnstrecken ist rechtlich zu untersagen; die Bahn muss mehr im ländlichen Raum investieren. Auch wenn wir auf die Verbesserung des ÖPNV setzen, erkennen wir an, dass das Auto für viele Arbeitnehmer*innen, Familien und Senioren*innen unverzichtbar ist. Dorfgemeinschaftshäuser, Vereine, Freizeit- und Erholungsangebote im ländlichen Raum sind stärker finanziell zu unterstützen. Mit Dorferneuerungsprogrammen können Veränderungsprozesse gesteuert und der Ausbau von Angeboten der Daseinsvorsorge oder die Schaffung bzw. Erhaltung von Gemeinschaftseinrichtungen gefördert werden. Und auch das Internet muss im kleinsten Dorf verfügbar sein. Privat und beruflich sind Funklöcher in der heutigen Zeit absolut inakzeptabel. Der wachsende Leerstand in den Dörfern ist nicht zuletzt für die besorgniserregend, denen diese Häuser ursprünglich auch zur Altersvorsorge dienten. Wir brauchen eine Förderung des ländlichen Raums, damit dieser wieder attraktiv für junge Familien wird. Dazu gehören eine erreichbare Grundversorgung und attraktive lebendige Ortskerne.
Hierzu ist ein Umsteuern der Politik zugunsten des ländlichen Raums erforderlich. Die Wohnungsknappheit in den Ballungsgebieten und die Digitalisierung bieten die Chance für ländliche Räume als neue Wohn- und Arbeitsorte. Dafür brauchen wir Mobilität und Glasfaserausbau. Der ländliche Raum muss attraktive Lebensbedingungen für junge Menschen, Familien und die ältere Generation bieten. Die Digitalisierung darf nicht am Dorf vorbeigehen. Telemedizin und die digitale Vernetzung in allen Bereichen des Lebens, wie zum Beispiel Mitfahr-Apps, sind nur so umsetzbar. Dafür müssen regionalpolitisch die finanziellen Weichen gestellt werden. Strukturschwache Regionen müssen durch entsprechende Förderprogramme bedacht werden.
Mittelzentren in Sachsen-Anhalt
Das Rückgrat der öffentlichen Daseinsvorsorge sollen nach unseren Vorstellungen 24 Mittelzentren in Sachsen-Anhalt sein. Diese müssen in jedem Landstrich wichtige soziale, kulturelle und infrastrukturelle Angebote vorhalten und vom Umland mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos mindestens zweimal am Tag erreichbar sein. Sie sollen gerade in den Teilen des Landes Sachsen-Anhalt, die besonders stark von Bevölkerungsverlust betroffen sind, als verlässliche Zentren landesplanerisch gefördert werden. Keine Region darf von der gesellschaftlichen Entwicklung abgeschnitten sein. Deshalb ist es wichtig, die Planungsregionen des Landes (Altmark, Harz, Anhalt, Magdeburg und Halle) zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Entwicklungspotentiale zu entfalten. Die Einheits- oder Verbandsgemeinden müssen mit größeren Handlungsspielräumen ausgestattet werden. Sie sollen darüber entscheiden, welche, wo und wie viel Infrastruktur vorgehalten wird. Wir wollen die Regionalbudgets weiter stärken. Diese müssen der regionalen Entwicklung dienen.
Kommunale Unternehmen
Für DIE LINKE gilt: Wenn es um eine gesicherte Grundversorgung geht, muss die öffentliche Hand verantwortlich sein, damit nicht der Profit für Einzelne im Mittelpunkt steht. DIE LINKE möchte die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen auf die Bereiche des Gesundheits- und Pflegewesens sowie die Beteiligung im Bereich erneuerbarer Energien ausweiten. Die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens dient immer dem öffentlichen Zweck und sollte daher in unseren Augen nicht ausschließlich auf das Gebiet der Kommune begrenzt werden, soweit nicht mit benachbarten Kommunen konkurriert wird. Besonders die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune im Bereich erneuerbarer Energien soll den Kommunen die Möglichkeit geben, ihre Strom- und Energieversorgung klimafreundlich umzustellen.
Bürgernahe Verwaltung garantieren
Bürgeranliegen gehören in die Rathäuser. Dazu müssen ortsnahe Verwaltungen auch bürgernah aufgestellt sein. Sie sind als Eingangsportal zum Dialog mit den Einwohner*innen zu entwickeln. Die Kommunen brauchen insgesamt mehr Personal in den Umweltämtern, bei den Kfz-Zulassungen, bei den Gesundheits- und Jugendämtern. Die LINKE tritt für entsprechende Aufstockungen der Zuweisungen an die Kommunen ein. Wir wollen außerdem, dass die Aufgabenverteilung zwischen dem Landesverwaltungsamt und den Kommunen mit dem Ziel der Erweiterung der Gestaltungsspielräume für die Kommunale Selbstverwaltung evaluiert wird. Nach dem Online-Zugangs-Gesetz (OZG) müssen alle Verwaltungsleistungen bis spätestens 31.12.2022 seitens des Bundes und der Länder auch digital angeboten werden. Dieses Vorhaben wurde von Beginn an vernachlässigt und muss nun zügig und flächendeckend umgesetzt werden.
Mobilität ist für uns die Grundvoraussetzung für soziale und kulturelle Teilhabe und entscheidender Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. Rückgrat einer neuen Mobilitätskultur in Sachsen-Anhalt ist deshalb für uns der vernetzte Umweltverbund – zu Fuß, per Rad, mit Carsharing, mit Bus und Bahn.
Daher wollen wir dem Öffentlichen Personennahverkehr als Teil der Daseinsvorsorge die besondere Aufmerksamkeit geben, die er nach der stiefmütterlichen Behandlung der letzten Jahrzehnte benötigt. Wir plädieren für eine Verkehrsverlagerung auf Schienenwege und Wasserstraßen und setzen uns für barrierefreie und kostengünstige Mobilitätsangebote für alle ein.
DIE LINKE will dem Ausbau dieser Infrastruktur sowohl beim Mitteleinsatz als auch bei der planerischen Gestaltung und bei der personellen Ausstattung innerhalb der Landesverwaltung höhere Priorität einräumen. Mit hohen Qualitätsstandards wollen wir den ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr aufwerten. Daher soll guter Nahverkehr nicht nur als Pflicht zur Daseinsvorsorge laut ÖPNV-Gesetz, sondern auch als kommunale Pflichtaufgabe festgeschrieben und finanziert werden. Das Landesprogramm zur Barrierefreiheit muss deshalb verlängert und finanziell erweitert werden, um die Anforderungen des ÖPNV-Gesetz zeitnah erfüllen zu können. Dafür müssen die ÖPNV–Mittel des Landes schrittweise erhöht werden. Jede Gemeinde muss an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen sein. Wobei Erreichbarkeit, Verknüpfungen von Bus und Bahn mit den Menschen vor Ort entschieden werden sollen.
Attraktiver ÖPNV zum Nulltarif
Die Kosten für den Einzelnen sind ein entscheidender Faktor für die Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs. Wir wollen ihn deshalb mittelfristig landesweit zum Nulltarif anbieten. Dafür muss er im Rahmen der Verkehrs– und Energiewende seitens des Bundes finanziell besser unterstützt werden und wir werden alternative Finanzierungskonzepte durch Anpassungen in der Landesgesetzgebung ermöglichen (Stichwort Jobabgabe).
In einem ersten Schritt werden wir kostengünstige und ganzjährig geltende Schüler-, Azubi, Studierenden- und Sozialtickets durchsetzen und Eigenbeteiligungen streichen, da sie gerade Familien mit geringen Einkommen benachteiligen. Tarifverbünde auch über die Landesgrenze hinaus sinnvoll weiterentwickeln, gegebenenfalls zu einem landesweiten Tarifverbund.
Der Nahverkehr muss daher kostenfrei nutzbar sein, besonders für Kinder und Jugendliche, Schüler*innen, Auszubildende, Studierende und Freiwilligendienstleistende.
Wir setzen auf Bahnen und Busse
Wir setzen auf Bahnen und Busse und wollen die Verkehrsunternehmen der Landkreise und Städte stärken, indem wir sie weiterhin bei der Bus- und Straßenbahnanschaffung finanziell unterstützen. Um Güterverkehr von LKWs auf alternative Transportmöglichkeiten und die Schiene zu verlagern, bedarf es einer großen Kraftanstrengung und innovativer Projekte. Die Bahninfrastruktur und das Schienennetz werden wir aktiv sichern. DIE LINKE setzt sich dafür ein, eine Trassensicherung stillgelegter Strecken landesplanerisch festzuschreiben, um sie später reaktivieren zu können. Stillgelegte Haltepunkte wollen wir reaktivieren. Das geht einher mit der Unterstützung der neuen S-Bahn-Verbindung von Merseburg nach Leipzig und führt gleichzeitig zur Notwendigkeit der Nachverhandlung zur Verteilung der Regionalisierungsmittel des Bundes für eine auskömmliche Finanzierung der vom Land bestellten Beförderungsleistungen. Im überregionalen Nahverkehr setzen wir auf eine Stärkung landesbedeutsamer Buslinien, die entsprechend mit dem Schienenpersonennahverkehr enger zu vertakten sind. Hier sind nicht nur die Pendler*innenströme in die Zentren zu beachten. Zwischen den kleinen Orten im ländlich geprägten Raum müssen unabhängig von der Schüler*innenbeförderung, mehr Busse fahren.
Auch beim Transport von Gütern wollen wir neue Wege gehen. Für die „letzte Meile“ beim Lastverkehr sollen anbieterneutrale Logistik-Hubs zur stadtverträglichen Feinverteilung, zum Beispiel mit Lastenrädern, geschaffen werden. Das muss ein verbindliches Ziel kommunaler Mobilitätsplanung und förderfähig sein. Auch den Nahverkehr im ländlichen Raum wollen wir für den Güterverkehr nutzen. Das hilft Leerfahrten zu verhindern und sorgt dafür, dass viele Ortschaften auch mit regulären Fahrten angesteuert werden können. Das Pilotprojekt „Busschnellgut“ in Salzwedel/Arendsee ist für uns dabei ein wichtiger Ansatz, ÖPNV im ländlichen Raum zu stärken. Ein Bus bringt dort in Kooperation mit Bäckereien die Waren zu den Haltestellen, an denen die Menschen ihre bestellten Alltagswaren abholen können. Auch Erfahrungen aus der Vergangenheit, wie die Nutzung von Straßenbahnen für den Gütertransport in den Nachtstunden wollen wir prüfen.
DIE LINKE will mit Straßeninvestitionen vorrangig die Infrastruktur erhalten und den Rad- und Fußverkehr stärken. Neubau soll es nur da geben, wo es entsprechende Verbesserungen gibt, wo Umfahrungen aus Gründen der Verkehrssicherheit oder zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Orten dringend erforderlich sind oder eine Verkehrsanbindung im ländlichen Raum verbessert werden muss. Rufbusse und Anrufbusse, die wie ein Taxi fungieren, müssen gesetzlich ermöglicht werden als ein weiterer Baustein einer Mobilität ohne eigenes Auto.
DIE LINKE bekennt sich zu den landesbedeutsamen Fähren und will die Kommunen bei Betrieb und Unterhalt unterstützen. Hierzu ist eine Änderung des Landesstraßengesetzes samt Mittelbereitstellung im Landeshaushalt unumgänglich.
Ausbau von Rad- und Fußwegen
Wir streben eine ökologische Verkehrswende an, die beinhaltet neben der Stärkung des ÖPNV auch die des Rad- und Fußverkehrs. Radwegebau zwischen den Gemeinden und die überregionalen Verbindungen sollen deshalb Landesaufgabe werden. Die Bewilligung von Fördermitteln für den Straßenbau wollen wir an die Bedingung knüpfen, Rad- und Fußwege auszubauen.
Im Frühjahr 2021 hat das Land einen Radwegeplan vorgelegt, der schnelles und sicheres Radfahren in und zwischen den Gemeinden ermöglicht und das Umland mit den Städten verbindet. Er ist Grundlage für Planung und Bau der Radwege und soll bis spätestens 2030 umgesetzt werden. Dies wollen wir durch eine Erhöhung der Landesfördermittel und zusätzliche Planungsstellen beschleunigen. Radschnellwege und Fahrradstraßen wollen wir dadurch systematisch ausbauen. Das Förderprogramm für Lastenräder wird ausgebaut und Stellplatzsatzungen werden zukünftig sichere Fahrradabstellplätze berücksichtigen. Carsharing soll erleichtert und gefördert werden, wobei das stationsgebundene Carsharing bevorzugt wird.
Keine neuen Autobahnen
Sachsen-Anhalt ist durch seine zentrale Lage Transitland. Der damit verbundene Ausbau immer neuer Verkehrsadern führt zu erheblichen Einschnitten in das Landschaftsbild und zu Eingriffen in die natürliche Umwelt. DIE LINKE respektiert getroffene Entscheidungen zum Ausbau zentraler Verkehrswege, setzt aber in der Verkehrspolitik andere Prioritäten. Wir setzen uns dafür ein, Transparenz und Bürger*innenbeteiligung bei allen Bauprojekten von Landes-, Bundes- und Kommunalstraßen deutlich zu verbessern. Dazu ist es auch erforderlich, den Landesstraßenbaubetrieb nach der Ausgliederung der Bundesauftragsverwaltung in die Infrastrukturgesellschaft des Bundes finanziell und personell zu stärken. Bisher fehlen die Planungskapazitäten für den nötigen Ausbau und die Sanierung der Rad- und Fußwege. DIE LINKE wird bei der planerischen Gestaltung der Verkehrswege den gewachsenen Mobilitätsbedürfnissen Rechnung tragen.
Flughafenpolitik
Das Nacht-Logistikdrehkreuz am Flughafen Leipzig/Halle erfüllt wegen extrem belastender Arbeitsbedingungen und gesundheitsschädigendem Nachtfluglärm nicht unsere Anforderungen an gute Arbeit und an ökologische und volkswirtschaftliche Nachhaltigkeit. Deshalb fordert DIE LINKE. Sachsen-Anhalt ein Nachtflugverbot und spricht sich gegen weitere Pläne zum Ausbau des Flughafens aus. Zudem setzen wir uns für bessere Arbeitsbedingungen am Flughafen und für mehr Lärmschutzmaßnahmen zugunsten der betroffenen Anwohner*innen ein. Eine militärische Nutzung des Flughafens lehnen wir nachdrücklich ab. Für die Entwicklung regionaler Verkehrsflughäfen mit Landesmitteln sehen wir keine Notwendigkeit.
Beim Stadtumbau haben wir schon viel erreicht, aber wir dürfen da nicht stehen bleiben. Die erreichten Erfolge im Stadtumbau sind zu sichern. Dort, wo es noch Investitionsbedarf gibt, muss der Weg fortgesetzt werden. Die Erhaltung der erreichten Standards im Wohnungsbau, die technischen Ausstattungen und die zugehörigen Ver- und Entsorgungsleistungen sind dauerhaft für alle bezahlbar zu garantieren.
Eine hohe Wohnqualität darf für Mieter*innen oder Genossenschaftler*innen nicht zu sozialen Härten führen. Spekulanten dürfen hier nicht weiter die Preise treiben. Das gilt auch für Grundstückseigner*innen, bei denen Grundsteuern, Beiträge, Energie, Wasser und Entsorgungsleistungen nicht zur Armutsfalle werden dürfen.
Wir wollen vor allem innovative und alternative Wohnkonzepte fördern. Dazu zählen zum Beispiel Mehrgenerationen-Wohnprojekte und gemeinnützige Wohngemeinschaften oder Formen betreuten Wohnens, in denen die Generationen voneinander lernen und sich gegenseitig helfen können. Auch notwendige Umzugsassistenz könnte solche Wohnformen unterstützen und eine Belebung des ländlichen Raumes fördern. Plattenbauten aus DDR-Zeiten sollen durch Aufwertung und Geschossrückbau attraktiver werden.
DIE LINKE will eine Wohnungsbauförderung, die vorrangig auf energetische Sanierung, bedarfsgerechte Ertüchtigung, Barrierefreiheit sowie auf Ausbau statt Neubau setzt. Lediglich in den großen Städten sehen wir einen Bedarf für moderaten Neubau und Verdichtung. Eine Zersiedelung durch Neubauten am Stadtrand und auf der grünen Wiese lehnen wir ab. Wir fordern und unterstützen das Bauen mit alternativen Baustoffen wie Holz, Stroh oder Lehm.
Gegen steigende Mieten, für sozialen Wohnungsbau
In Städten wie Halle und Magdeburg gibt es eine Verdrängung einkommensschwacher Haushalte aus guten Wohnlagen in weniger attraktive Wohngebiete. Die schmale Rente älterer Menschen kann immer weniger mit steigenden Mieten mithalten. Es werden mehr altersgerechte Wohnungen gebraucht. Wenn das bestehende Mietrecht nicht ausreicht, um steigende Mieten zu dämpfen, sind regionale Mietendeckel zu erproben. Wir wollen gutes und energiesparendes Wohnen auch für Menschen mit geringen finanziellen Ressourcen gewährleisten, modern und inmitten des gemeindlichen Lebens.
DIE LINKE fordert daher die unbefristete Fortsetzung von Städtebau- und sozialer Wohnraumförderung im bisherigen Umfang. Damit Kommunen hier angemessen mitwirken können, ist deren Finanzausstattung dauerhaft zu sichern. In Verantwortung der CDU bleibt der soziale Wohnungsbau in Sachsen-Anhalt weiterhin auf der Strecke, obwohl der Bund dafür 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Die zur Verfügung stehenden Mittel verfallen, weil die Landesregierung die Fertigstellung der zwingend erforderlichen Richtlinie bisher nicht zustande gebracht hat. Die Haseloff-Regierung verkennt das Problem von fehlendem bezahlbarem Wohnraum im Land, besonders in den Zentren. Die bisherige Wohnungsbauförderung ist nicht geeignet, bezahlbares Wohnen auch in attraktiven Lagen für Geringverdienende abzusichern. Zugleich soll neben der Schaffung bedarfsgerechter, energieeffizienter und bezahlbarer Wohnungen auch eine vom Land (zwischen)finanzierte Anschlusslösung für Altschulden geleistet werden. Die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Fortführung des Stadtumbaus gilt es zu verbessern. Die neuen Förderziele sollen klimaneutrale und barrierefreie Quartiere fördern, das Quartiersmanagement ist auszubauen.
Förderung der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungswirtschaft
Die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen müssen dabei die Möglichkeit haben, ihre finanzielle Situation verlässlich und stabil zu gestalten. Dazu ist u.a. der bisherige zielgenaue und bedarfsgerechte Einsatz von rückzahlbaren Fördermitteln für die Schaffung von altersgerechtem, barrierefreiem und energieeffizientem Wohnraum zu überprüfen.
Die Rückläufe aus dem Landesanteil früherer Förderungen sollen weiterhin zweckgebunden dem Wohnraumförderfonds und der Förderung für Umbaumaßnahmen, Schuldenentlastung, Wiederertüchtigung von Leerstand zufließen. Die Finanzhilfen des Bundes für die bestehenden Wohnungsbauförderprogramme sind langfristig zu vereinbaren, um Planungssicherheit zu gewährleisten. Der Stadtumbau mit öffentlicher Beteiligung zur Quartiersentwicklung ist gemeinsam mit starken kommunalen und genossenschaftlichen sowie privaten Wohnungseigentümer*innen und öffentlichen Verwaltungen uneingeschränkt fortzuführen. Damit können teurer Wohnungsleerstand und Schrottimmobilien verringert oder bedarfsgerecht ertüchtigt werden und sozial verträgliche Miet- und Wohnkosten erhalten bleiben.
Wie wir den Erhalt von Kleingärten fördern wollen
Kleingärten sind unverzichtbar für das soziale Miteinander und für die kostengünstige Erholung. In der Corona-Pandemie haben sich die Kleingärten als perfekter Rückzugs- und Ausgleichsort bewährt. Und gerade in den Zeiten des Klimawandels verdienen die Kleingärtner*innen mehr Wertschätzung für ihre vielfältigen Beiträge zur Reduzierung von CO2. Kleingärten binden Schadstoffe, sorgen für Verschattung, Abkühlung und dienen als Wasserspeicher sowie Rückzugsort für zahlreiche Arten. Leerstand und Umnutzungen zu Baugebieten bedrohen jedoch den Bestand. Im Jahre 2018 waren von den 110.000 Kleigärten in Sachsen-Anhalt über 20.000 ungenutzt. Wir wollen den Bestand der Kleingartenanlagen erhalten. Besonders wichtig ist es, dass Land und Kommunen, den Generationswechsel in den Kleingarten fördern.
Kunst und Kultur sind fundamental für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ohne sie gibt es keine Empathie und Toleranz. Politik für die Künste ist Politik für Mitmenschlichkeit und kritisches Denken. Linke Kulturpolitik will Wegbereiterin einer emanzipierten Kunst- und Kulturszene sein. Sachsen-Anhalt braucht die Künstler*innen und Kreativen, die Theater, Museen, die Galerien, die Bibliotheken, die Soziokulturellen Zentren, Ausstellungen, die Clubs und Projekte als Vermittler zwischen den Generationen, zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem, als Korrektiv und als Unterhaltungsfaktor. Denn Kunst und Kultur vermag all diese Eigenschaften zu vereinen, wie kein anderes Politikfeld.
Der Bedrohung der Corona-Folgen für Kunst und Kultur begegnen
Die aktuelle Krise zeigt die Anfälligkeit des Kulturfördersystems in drastischer Weise, potenziert die bereits vorhandenen Probleme und reißt neue Lücken. Die Unterstützung für die Kreativen und die Kunst- und Kulturschaffenden werden wir verbessern. Die Soforthilfeprogramme müssen deutlich aufgestockt und von unsinnigen bürokratischen Hürden befreit werden. Nur so können die Betroffenen auch tatsächlich erreicht und auskömmlich unterstützt und der ansonsten drohende Verlust künstlerischer und kultureller Vielfalt in Sachsen-Anhalt verhindert werden. Dazu zählt auch, die Kommunen in der Krise finanziell so zu stärken, dass die kommunale Kulturförderung nicht der Konsolidierung der Haushalte geopfert wird.
Warum sich die staatliche Kulturförderung ändern muss
Die Praxis der staatlichen Kulturförderung in Sachsen-Anhalt fällt durch Bevormundung, Inkompetenz und Desinteresse an künstlerischen Produktionsweisen auf. Im 30. Jahr der deutschen Einheit werden in Sachsen-Anhalt Künstler*innen gegängelt und öffentlich bloßgestellt. Das Landesverwaltungsamt behindert durch eine engstirnige Förderpraxis Vielfalt und Kreativität. Wir wollen die Kulturförderung grundlegend reformieren. Dazu gehören eine ausgewogene Förderung zwischen Freier Szene und Kulturinstitutionen, die Etablierung von überjährigen Förderungen, Konzeptförderungen, Vollfinanzierungen, die Flexibilisierung der Förderung sowie die Vereinfachung der Rahmenbedingungen für Zuwendungen. Die Kulturförderung des Landes braucht einen transparent arbeitenden künstlerischen Beirat, der über inhaltliche Schwerpunkte der Förderung mitbestimmt und bei Personalentscheidungen berät.
Für Vielfalt und Freiheit der Kunst- und Kulturszene
Die kontroverse Auseinandersetzung mit dem Publikum wohnt künstlerischem Handeln inne. Kulturelle Angebote und ihre kommunikativen Kräfte, ästhetische Experimente, ein Mehr an Kunst und offene Räume sind in der Lage „Filterblasen“ zu durchdringen und Empathie herzustellen. Nur der direkte Kontakt mit Kunst und Kultur, das Erleben und die Auseinandersetzung mit dem Erlebten können eine Annäherung und einen schrittweisen Wandel im Denken erreichen, um der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Das passiert nicht von heute auf morgen. Deshalb geht eine nachhaltige kulturelle Infrastruktur vor reiner Projektarbeit und aktionistischen Formaten. DIE LINKE unterstützt Kunst- und Kulturschaffende in und abseits der Städte dabei, in den Dialog mit Bürger*innen zu treten, indem wir Soziokulturelle Zentren stärken, Kunst und Kulturschaffen im ländlichen Raum ermöglichen, langfristige und nachhaltige Konzepte und Mobilität unterstützen.
Tarifgerechte Entlohnung im Kulturbereich
DIE LINKE setzt sich für gute, existenzsichernde Arbeit im Kulturbereich ein. Künstler*innen sollen von ihrer Arbeit leben können und müssen sozial abgesichert sein. Eine flächendeckende Tarifausstattung der im Landesauftrag tätigen Einrichtungen sowie die Einhaltung von Honoraruntergrenzen sind Bestandteil linker Kulturpolitik.
Kunst und Kultur gegen rechten Populismus verteidigen
Rechter Populismus polemisiert gegen die Freiheit und Vielfalt der Kunst. Museen, Theater, Literaturhäuser, Gedenkstätten und Kultureinrichtungen stehen als Bastionen gegen die rechte Umdeutung und Vereinnahmung von Geschichte und Kultur in Sachsen-Anhalt. DIE LINKE unterstützt die Kunst- und Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen gegen Angriffe von rechts und fördert deren Solidarisierung untereinander.
Kulturelle Bildung ist mehr
Die Vermittlung, die Schaffung von Zugängen und die damit verbundene frühzeitige Heranführung an Kunst und Kultur sind wesentliche Bestandteile der Fördermaßnahmen und Auftrag für alle Kultureinrichtungen im Land. Alle Menschen müssen die Möglichkeit zur Teilhabe am kulturellen Leben und dem kulturellen Reichtum dieser Gesellschaft haben, um einen kontinuierlichen, lebenslangen Lernprozess und eine umfassende Persönlichkeitsentwicklung zu ermöglichen.
Schule muss sich weiter öffnen. DIE LINKE will non-formale und informelle Bildung besser mit dem formalen Bildungssystem verbinden. Wir wollen deshalb Kooperationen von Kultureinrichtungen unterschiedlichster Sparten sowie den Austausch mit Kultureinrichtungen, wie z.B. dem UNESCO Weltkulturerbe, und den Schulen stärker fördern. Um diese Verzahnung langfristig zu sichern, muss kulturelle Bildung grundsätzlich als Querschnittsaufgabe zwischen Kultur-, Bildungs-, und Sozialministerium verstanden werden. Darüber hinaus wollen wir Konzepte zur Digitalisierung in der kulturellen Bildung befördern und die Kultureinrichtungen bei Angeboten kultureller Bildung unterstützen.
Musikschulen sind ein Herzstück des Musiklandes Sachsen-Anhalt
Musikschulen sind wichtige Partner für die Gestaltung kultureller Infrastruktur. Die 20 staatlich anerkannten Musikschulen mit ihren landesweit 231 Unterrichtsorten gehören zur Daseinsvorsorge. Die Qualitäts- und Leistungsstandards des Musikschulgesetzes, welches von uns bereits in den 90er Jahren erfolgreich initiiert wurde, gelten bundesweit als musterhaft und ermöglichen jedem Bürger und jeder Bürgerin unabhängig vom Geldbeutel eine musikalische Ausbildung. DIE LINKE wird aber die seit über 20 Jahren stagnierende Landesförderung deutlich erhöhen und das Land stärker an der Finanzierung der Musikschulen beteiligen und so die Angebote öffentlicher Musikschulen dauerhaft für die gesamte Bevölkerung zugänglich erhalten.
Novellierung des Bibliotheksgesetzes
Öffentliche Bibliotheken sind Orte lebenslangen Lernens, der kulturellen Betätigung, der Kommunikation und des interkulturellen Austausches. Sie sind darüber hinaus zentrale Bildungspartner formaler, non-formaler und informeller Bildungsangebote sowie von Einrichtungen der Kultur und Wissenschaft in Sachsen-Anhalt. Öffentliche Bibliotheken müssen langfristig gestärkt werden um ein weiteres Bibliothekssterben, dem seit 1991 bereits drei Viertel aller öffentlichen Bibliotheken zum Opfer gefallen sind, zu stoppen. DIE LINKE hat bereits eine Novellierung des Bibliotheksgesetzes vorgelegt, die auf eine grundsätzlich kostenfreie Nutzung des Bücher- und Medienbestandes durch Kinder und Jugendliche und auf eine langfristige Bestands- und Qualitätssicherung, u.a. durch eine angemessene Personalausstattung, ausreichende Medienetats und geeignete Ausstattungen abzielt.
Theater muss sein – Theater und Orchester stärken
Die Stadttheater in Sachsen-Anhalt wirken in den urbanen und sozialen Raum. Unsere Theaterlandschaft werden wir durch eine verlässliche und ausreichende Landesförderung im Rahmen der Theatervertragsverhandlungen sichern. Ein Sparzwang geht immer auf Kosten künstlerischer Qualität und zulasten der Arbeitsbedingungen an den Bühnen. Wir wollen weg von der Selbstausbeutung, insbesondere beim künstlerischen Personal. Neben der Bestärkung des Auftrages an die Theater, junges Publikum durch theaterpädagogische Angebote zu erreichen, möchte DIE LINKE verstärkt die Netzwerke und Kooperationen von Theaterhäusern unterstützen.
Museen und Sammlungen – Stärkung regionaler Herzstücke
DIE LINKE setzt sich dafür ein, die Museumslandschaft inhaltlich zu entwickeln, nachhaltig zu stabilisieren und langfristig zu professionalisieren. Für DIE LINKE sind Museen und Sammlungen unabhängig ihrer Trägerschaft von besonderem Landesinteresse, die für Sachsen-Anhalt prägende Entwicklungen aufarbeiten und von hoher regionaler Bedeutung sind. Diese wollen wir mit Landesmitteln unterstützen.
Zur Erhaltung der Vielfalt des Sports bedarf es optimaler Rahmenbedingen. Vor allem im Kinder- und Jugendalter soll regelmäßige Bewegung ermöglicht werden. Hier haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu gravierenden Einschnitten geführt, die auch die Mitgliederentwicklung und die Vereinsstrukturen beeinträchtigen. Gemeinsam mit dem Landessportbund werden wir die Folgen analysieren und nach wirksamen Lösungen suchen.
Der Breiten-, Behinderten- und Leistungssport braucht zur Umsetzung seiner Aufgaben eine kontinuierliche und verlässliche Finanzierung. Die unentgeltliche Nutzung der Sportstätten behalten wir bei. Die pauschale Sportförderung für Vereine, Kreis- und Stadtsportbünde sowie für Landesfachverbände werden wir fortführen, ihren Umfang erweitern und ihre Umsetzung in die Verantwortung des Landessportbundes geben.
Wir setzen uns für den Erhalt und den Ausbau der Sportinfrastruktur des Landes und der Kommunen ein. Der Zugang zum Sport soll für jede und jeden möglich sein. Mit einem „Haus des Sports“ in Halle soll der Vereinsservice eine solide Basis erhalten. Erfolgreiche Projekte, wie z.B. die Talentsichtung und -förderung, werden fortgeführt. Die Vereine werden wir in ihrem
Digitalisierungsprozess und beim Aufbau von e-Sport-Gruppen unterstützen.
Damit Themen wie die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs, Inklusion, Integration, Projekte gegen extreme Rechte und Gleichstellung im Sport angemessen bearbeitet werden können, sind Voraussetzungen für den Einsatz dafür qualifizierter Mitarbeiter*innen zu schaffen. Ebenso werden wir die Aus- und Fortbildung von Übungsleiter*innen und Trainer*innen fördern.
Teil V: Vielfalt braucht Solidarität
Wir treten dafür ein, dass die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Identität überwunden wird. Deswegen wirken wir auf Bundesebene weiterhin für eine Änderung des Grundgesetzes hin, die das verbietet. Wir wollen den Diskriminierungsschutz für Lesben,Schwule, Bisexuelle, transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI*) im allgemeinen Gleichstellungsgesetz verankern. Wir unterstützen die Forderung des LSVD nach einem Verbandsklagerecht für Antidiskriminierungsverbände. Geschlechtsangleichende Operationen bei intergeschlechtlichen Kindern sollten gesetzlich verboten werden. Das Transsexuellengesetz wollen wir durch ein modernes Geschlechtsidentitätsgesetz ersetzen, damit die Änderung des Vornamens sowie des rechtlichen Geschlechts problemlos beim Standesamt möglich ist. Wir werden die Umsetzung des neuen Adoptionshilfegesetzes kritisch begleiten und prüfen, inwiefern im Zuge dessen Diskriminierungstatbestände gegenüber Regenbogenfamilien erfüllt sind.
Auf Landesebene muss das „Aktionsprogramm für die Akzeptanz von LSBTI*“ in einem Dialogprozess mit den im Land aktiven Verbänden, die sich für deren Interessen einsetzen, fortge-schrieben und an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden Die Förderung der LSBTI*-Landeskoordinierungsstellen ist fortzusetzen sowie die sich ergänzende fachliche Profilierung und deren Weiterentwicklung zu stärken. Der Lockdown hat auch die Beratungs- und Szenestrukturen von LSBTI* getroffen. Wir setzen uns dafür ein, den Beratungsstellen auch unter Pandemiebedingungen eine niedrigschwellige und sichere Arbeit zu ermöglichen. Hierbei dürfen der ländliche Raum und auch die Situation von Senior*innen nicht vergessen werden.
Gewalt gegen LSBTI*
Noch immer werden nicht alle Straftaten von den Opfern angezeigt – aus Scham, Angst oder aus anderen Gründen. Zugleich gibt es Probleme bei der Erfassung durch die Polizei. Wir fordern ein Bund-Länderprogramm gegen homo- und transphobe Gewalt, das zudem Präventionsstrategien beinhaltet und zum anderen eine Reform des polizeilichen Erfassungssystems, um Straftaten klar zuordnen zu können und eine jährliche Berichtspflicht. Es bedarf einer gesetzlichen Regelung im SOG LSA zum Wahlrecht von Trans* und Inter* bei polizeilichen körperlichen Durchsuchungsmaßnahmen. Der Titel der Ansprechperson bei Polizeidienststellen in Sachsen-Anhalt muss in „LSBTI*“ geändert werden.
Asylsuchende LSBTI*
Wir setzen uns dafür ein, dass Basisinformationen über die Situation und Probleme von asylsuchenden LSBTI* für die Behörden bereitgestellt werden. Ferner fordern wir die Schaffung von sozialpädagogisch betreuten Schutzräumen für LSBTI* ab Beginn der Anerkennungsphase als Flüchtling und die Etablierung einer queeren Geflüchtetenhilfe.
Geschlechtergerechte Bildung weiter voranbringen
Queere Lebensweisen müssen verbindlich in die Curricula der Erzieher*innen- und Lehrkräfteausbildung aufgenommen werden, um diese als verbindlichen Bestandteil des Unterrichts zu verankern. Darüber hinaus muss die geschlechtliche Vielfalt in Fachlehrplänen und Unterrichtsmaterialien berücksichtigt werden. Das Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e.V. soll weiterhin institutionell gefördert werden. Die Einführung des Medienkoffers für Kitas und Grundschulen in Sachsen-Anhalt ist ein guter und richtiger Schritt hin zu einer geschlechtergerechten Bildung, jedoch kann dies nur der Anfang sein. Die Finanzierung des Medienkoffers muss daher verstetigt werden. Auch für die weiterführende Bildung zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt sollen bedarfsgerechte fachliche Angebote vom Land gefördert werden.
Wir leben in einer Welt, in der nach Angaben der UN 80 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Ohne die Überwindung der wichtigsten Fluchtursachen, die in einer ausbeuterischen und ungerechten Weltwirtschaftsordnung, Umweltzerstörung, völkerrechtwidrigen Angriffskriegen und politischer, sexistischer und rassistischer Unterdrückung bestehen, wird es weiter Flucht und Vertreibung geben.
Die Notwendigkeit der Bekämpfung der Fluchtursachen darf niemals Ausrede dafür sein, Menschen in Not Hilfe zu verweigern. Obwohl nur ein Bruchteil der Geflüchteten nach Europa gelangt, setzt die EU auf Abschottung ohne Erbarmen. Seit 2014 sind nach Schätzungen von Hilfsorganisationen mehr als 20.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Ungezählt bleiben diejenigen, die auf den Fluchtrouten verhungert, verdurstet und getötet worden sind. In dieser Situation setzt die EU auf Tränengas, Gewalt gegen Kinder, Knüppeleinsätze und Schüsse an der griechischen-türkischen Grenze, duldet Überfälle und das Ausrauben von Geflüchteten auf den Fluchtrouten. Die Brände im Lager Moria auf Lesbos im September 2020 hätte es ohne diese absichtliche europäische Hilfsverweigerung nicht gegeben. Die illegale Zurückführung von Geflüchteten hinter die EU-Außengrenzen werden wir bekämpfen.
Im Unterschied zu zahlreichen EU-Staaten hat sich Deutschland 2015 seiner humanitären Verantwortung, in großem Umfang Menschen in Not aufzunehmen, gestellt. Dies sollte jedoch den Blick auf zahlreiche Missstände im Umgang mit den Geflüchteten nicht verstellen.
DIE LINKE begreift es als ihre Aufgabe, diesen Zuständen entgegenzutreten. Menschenrechte sinduniversell; für ihre Einhaltung wollen wir Verantwortung übernehmen. Mit der Pandemie hat sich die Situation der Geflüchteten noch einmal verschärft. Geflüchtete haben sich hier in hoher Zahl infiziert, weil sie in der Zentralen Unterbringung keine Möglichkeit hatten, die Sicherheitsabstände einzuhalten. Wir setzenuns für einen Paradigmenwechselin der deutschen undeuropäischen Asyl- und Flüchtlingspolitikein, der den Bedürfnissen vonSchutzsuchenden endlichRechnung trägt.
Wie wir die Lage von Geflüchteten verbessern wollen
Wir fordern ein Landesaufnahmeprogramm für aus Seenot Gerettete, das das Anliegen der „Sichere-Häfen-Beschlüsse“ der Städte Halle und Magdeburg aufgreift. Sachsen-Anhalt soll sich dabei bemühen, eine Vorbildrolle in der Aufnahme von Geflüchteten einzunehmen. Dies soll sich insbesondere in dem Aufnahmekontingent sowie einer hohen Integrationsleistung widerspiegeln. Mit diesem guten Beispiel wollen wir sowohl im Bund als auch in der EU ein Zeichen der Solidarität setzen.
Wir halten eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen als Regelaufnahme für den besten Weg der Integration. Soweit eine vorläufige Unterbringung in größeren Wohneinheiten unvermeidlich ist, wollen wir verbindliche Standards festschreiben. Kindern und Jugendlichen muss so umgehend wie möglich der Regelunterricht an Schulen ermöglicht werden. Wir begrüßen, dass endlich erste Verbesserungen in der Aufnahme sogenannter vulnerabler Personengruppen gemäß EU-Recht eingeleitet wurden. Denn von sexueller Gewalt betroffene Mädchen und Frauen, Opfer von Menschenhandel, Schwangere, LSBTTI-Personen, allein reisende Minderjährige, Menschen mit Beeinträchtigungen sowie Kranke brauchen unseren besonderen Schutz. Indes mangelt es noch immer sowohl an der praktischen Umsetzung, als auch an ausreichenden Kapazitäten (Beratungsangebote, Gewaltschutzräume u.a.). Wir wollen Asylsuchenden möglich machen, ihren Wohnsitz innerhalbSachsen-Anhalts frei zu wählen.
Wir wollen eine elektronische Gesundheitskarte zur Gesundheitsversorgung von Geflüchteten mittels Rahmenvertrag zwischen Land und Krankenkassen einführen. Dies dient dem Abbau von Diskriminierung beim Zugang zur ärztlichen Versorgung und entlastet zudem die Behörden, in denen bislang nicht-medizinisches Personal Entscheidungen über die Notwendigkeit der Versorgung fällt. Ferner treten wir für anonymisierte Krankenscheine analog der Regelungen in Thüringen oder Hessen ein. Damit sorgen wir für eine Gesundheitsversorgung illegalisierter Personen und für Menschen ohne gesetzlichen Krankenversicherungsschutz. Unter den Bedingungen der Pandemie ist dies ein Gebot der Stunde.
Wie wir die Integration verbessern wollen
Aufbau eines neuen Integrationskonzeptes. Integrationspolitik begreifen wir nicht als Ordnungspolitik, sondern als zentrale Frage gesellschaftlicher Entwicklung. Wir wollen hierfür die Funktion der/des Integrationsbeauftragten ausbauen und die vielen Menschen der Zivilgesellschaft stärken, die sich couragiert für eine Willkommenskultur im Land einsetzen. Das Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen (LAMSA) und der Flüchtlingsrat, die Kirchen, antirassistische Initiativen, Bürgervereine und Einzelpersonen leisten eine unverzichtbare Arbeit; oftmals in einem rechtlichen und bürokratischen Spannungsfeld. Gemeinsam mit Gemeinden, Städten und Landkreisen, Flüchtlings- und Wohlfahrtsverbänden wollen wir ein Aufnahme- und Integrationskonzept entwickeln. Sowohl der Flüchtlingsrat als auch die LAMSA brauchen eine angemessene institutionelle Grundförderung, um eine Unabhängigkeit der Projektförderung zu erreichen, die dann diese wichtige Arbeit nur noch ergänzend unterstützt.
Änderung desLandesaufnahmegesetzes: Wir wollen die fachlich zuständigen Verwaltungsstellen in den Kommunen in einer Servicestelle Einwanderung zusammenzufassen. Interkulturelle Fachkompetenzen, behördliche Zuständigkeiten und Informationen über Beratungs- und Unterstützungsangebote sollen gebündelt und Migrant*innen der Behördenmarathon erspart werden. Zusätzlich zu der in Magdeburg wollen wir eine zweite Clearingstelle im Süden des Landes einrichten. Denn unbegleitete minderjährige Geflüchtete brauchen unseren besonderen Schutz.
Wir treten für Erleichterungen bei der Einbürgerung ein. Dazu gehört einerseits sich auf Ebene des Bundes für eine Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes einzusetzen. Andererseits sollten auf Landesebene eine spielraumnutzende Durchführungsverordnung und entsprechende Weiterbildungsangebote die Entscheidungspraxis in den Kommunen verbessern und vereinheitlichen.
Was für die schulische Förderung von Migrant*innen zu tun ist
Wir wollen das bereits einmal in der 6. Wahlperiode erfolgreich eingeführte System von Sprachlehrkräften wiederbeleben und bedarfsgerecht ausbauen. Die Schulen sollen besser befähigt werden, die kulturelle Vielfalt, die Schüler*innen mit Migrationserfahrungen in die Bildungseinrichtungen bringen, verstehen und schätzen zu lernen. Das kann auch durch Lehrkräfte mit Migrationserfahrung geschehen. Wir werden die Hürden für ihre Einstellung senken und für eine bessere Bezahlung sorgen.
Abschiebung und soziale Diskriminierung überwinden
Viele weitere zentrale Weichen der Asyl- undZuwanderungspolitik werden bundespolitischgestellt. Die kritischen Forderungen der Länder an die Migrations- und Asylpolitik des Bundes, die sie in den letzten Jahren im Bundesrat gestellt haben, wurden durch den Bund ignoriert. Wir wissen uns in Übereinstimmung mit PRO ASYL und anderen Menschrechtsorganisationen, wenn wir uns für die Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzeseinsetzen. Wir kritisieren die Abschiebungspraxis und die Abschiebedebatten in unserem Land, Abschiebung ist weder eine Strafe noch ein Instrument der Integrationspolitik. Notwendig sindWinterabschiebstopps, Abschiebstopp in (Bürger-)Kriegsländer, auf Abschiebehaft gänzlich zu verzichten, umfassendeEinzelfallprüfung von Abschiebehindernissen, die Öffnungder Härtefallkommission auch fürMenschen im Dublin-Verfahren,die Orientierung am Kindeswohl unddie Verhinderung der Familientrennungoder auch die Geltendmachung vonLandesinteressen, z.B. in Fällen vonin Ausbildung bzw. Arbeit befindlichenPersonen.
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden – so will es das Grundgesetz. Und Menschen mit Behinderungen wollen genauso leben wie nichtbehinderte Menschen auch. Inklusion heißt die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen in den Schulen, Kitas, in Beruf und Studium, in Politik, Kunst, Kultur, Freizeit und Sport, im ÖPNV und beim Wohnen. Alle Barrieren, die die Teilhabe verhindern, müssen fallen. Für DIE LINKE ist die UN-Behindertenkonvention hierbei das Leitbild. Deswegen sollte die Förderung von Investitionen verbindlich an Barrierefreiheit gebunden werden.
Solidarität in der Pandemie
Die Versorgung von Menschen mit Beeinträchtigungen in Zeiten von Pandemien muss gesichert sein – unabhängig von der Hilfe von Familie und Freunden – zur Sicherung der unabhängigen Daseinsvorsorge und Teilhabe. Beschäftigte in Werkstätten sind im Falle eines Lockdowns von Verdienstausfällen betroffen. Menschen mit Erwerbsminderungsrenten, für die der Verdienst in der Werkstatt anrechnungsfrei ist, sind auf diesen unbedingt angewiesen. Für Werkstattbeschäftigte müssen Ersatzleistungen geschaffen werden.
Interessenvertretungen in Gesetzgebung einbinden
Durch eine Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes Sachsen-Anhalt sollen mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Landesbehindertenbeirates ein Spektrum von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen in einem ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern zueinander abbilden. Im Hinblick auf die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wollen wir die Rechte der kommunalen Behindertenbeauftragten, des Landesbehindertenbeauftragten sowie der Betroffenenverbände stärken. Bei Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben sowie bei Verwaltungsvorschriften sollen die/der Beauftragte und der Beirat eingebunden werden. Ihnen müssen die Mitarbeit sowie eine umfassende Stellungnahme ermöglicht werden. Wir fordern hauptamtliche kommunale Behindertenbeauftragte (für Landkreise und kreisfreie Städte). Kostenträger ist das Land. Das gilt ebenso im Hinblick auf Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen.
Das Blinden- und Gehörlosengeld erhöhen
Die Aufwendungen, die den Betroffenen entstehen, können mit den derzeitigen Beträgen (360 Euro Blindengeld und 52 Euro Gehörlosengeld) kaum gedeckt werden. Allein die Kosten von Gebärdensprachdolmetscher*innen sind mit diesem Betrag nicht zu stemmen.
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit betrifft alle Lebensbereiche: Von der baulichen Gestaltung von Straßen und Wohnungen, bis zu Wegweisern in leichter Sprache. Wir wollen flächendeckend einen barrierefreien ÖPNV und ein bedarfsgerechtes und bezahlbares Wohnungsangebot ohne Barrieren. Die Arbeit der Landesfachstelle für Barrierefreiheit verdient hohe Wertschätzung und wird von uns auch künftig unterstützt.
Teilhabe am Arbeitsmarkt
Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt 17 Inklusionsbetriebe. Davon spricht man, wenn mindestens 30 Prozent der Mitarbeiter eine geistige oder körperliche Beeinträchtigung aufweisen. Inklusionsbetriebe sind wichtig für den Übergang aus den Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Deswegen muss das Land diese Betriebsmodelle unterstützen, z.B. durch die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand.
Teil VI: Demokratie, die wir meinen
Beteiligung und Mitarbeit der Menschen an den politischen Gestaltungsprozessen sind im Land bisher nur schwach entwickelt, weil die rechtlichen Grundlagen für eine aktive Mitwirkung nicht ausreichen. Die bestehenden Regelungen, um sich außerhalb von Wahlen einbringen zu können, sind für die Initiatoren oft entmutigend – das zuletzt gescheiterte Volksbegehren, aber auch die Fülle an erfolglosen Bürgerbegehren sind nachdrückliche Belege dafür. Das wollen wir ändern.
Demokratie stärken
Wahlen sind wichtig für unser demokratisches Gemeinwesen. Wir sehen in der Parteien- und Politikverdrossenheit ein großes Problem unserer Demokratie. Ursachen sind die Enttäuschung vieler Menschen durch nicht eingehaltene Versprechen und eine Politik, die sich immer mehr von dem Leben der Menschen entfernt und vorrangig auf die großen Lobbygruppen hört, welche das Handeln der Regierenden bestimmen. Auf der anderen Seite wächst aber durchaus die Bereitschaft, sich politisch zu engagieren. Nicht zuletzt die Fridays-for-future-Bewegung zeigt, dass junge Menschen Einfluss nehmen wollen auf Politik, schließlich geht es um ihre Zukunft. Wir wollen durch eigenes Handeln und durch staatliche Initiativen das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder stärken. Wir wollen durch ein Herabsetzen des aktiven Wahlalters auf 14 Jahre und ein kommunales aktives Wahlrecht für Migrant*innen mehr Menschen an der Demokratie beteiligen und ihnen ermöglichen, ihr Umfeld mit zu gestalten.
Direkte Demokratie beleben
DIE LINKE will die Anwendung aller Formen direkter Demokratie außerhalb von Wahlen deutlich erleichtern und erweitern. Dafür hatten wir in der zurückliegenden Legislatur bereits umfassende Änderungen des Volksabstimmungsgesetzes und des Kommunalverfassungsgesetzes eingebracht. Einige Teile davon wurden umgesetzt, aber nur sehr verzagt. Das reicht uns nicht.
Bei Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden sollen die Quoren zum Teil weiter abgesenkt werden. Vor allem aber wollen wir die Bedingungen für die Initiatoren, diese Quoren auch erreichen zu können, durchgreifend verbessern. Darüber hinaus sollen sich künftig Fachausschüsse des Landtages mit Anliegen befassen, wenn dies mindestens 1.000 Einwohner*innen fordern (neues Element: die Einwohnerinitiative)
Wir wollen die Zustimmungsquoren für Einwohneranträge auf maximal ein Prozent der stimmberechtigten Einwohner*innen, für Bürgerbegehren auf maximal fünf Prozent der wahlberechtigten Bürger*innen senken. Auch das Quorum für den Bürgerentscheid ist zukünftig abzusenken.
Petitionsrecht im Landtag stärken
Petitionen sind ein praktischer Beweis, dass die Menschen mitreden und mitentscheiden wollen. Deshalb wollen wir das Petitionsrecht stärken. Petitionen an den Landtag sollen künftig auch online als Öffentliche Petitionen gestellt und mitgezeichnet werden können, der Petitionsausschuss soll in den Regionen Bürgersprechstunden anbieten und über eine öffentliche Petitionsplattform sollen Austausch und Diskussion sowie die Mitzeichnung von Bitten und Beschwerden ermöglicht werden.
Entscheidungen auf Kommunen verlagern
DIE LINKE setzt sich für eine Stärkung des Gemeinwesens in den Ortschaften ein. Deshalb müssen die letzten Gebietsreformen seit 2007 (Landkreise und Gemeinden) evaluiert werden. Die Funktionalreform muss erneut angepackt werden, denn das Versprechen, mit den Gebietsreformen den Kommunen mehr Entscheidungsbefugnisse zu geben, blieb unerfüllt. Auch für viele Bürger*innen brachten die Reformen Einschnitte mit sich.
Ehrenamt wertschätzen und systematisch unterstützen
Bürgerschaftliches Engagement ist eine tragende Säule unseres Gemeinwesens. Die zahlreichen Vereine und Initiativen, Freiwilligenagenturen, Nachbarschaftshilfen, Verbände in Sport, Kultur, Landschaftspflege usw. leisten einen unschätzbaren Beitrag für den kulturellen Reichtum und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land. Sie machen das meist unentgeltlich oder erhalten geringe Aufwandsentschädigungen. Sie können diese Arbeit aber nur leisten, wenn ihnen nicht nur die Auslagen für ihre Arbeit ersetzt werden, sondern sie auch die Unterstützung des Gemeinwesens durch hauptamtliche Mitarbeiter*innen haben. Die spezifischen Herausforderungen und Barrieren für Frauen in Ehrenämtern sind uns bewusst und wir setzen uns auf allen Ebenen für eine Verbesserung ihrer Beteiligungsmöglichkeiten ein. DIE LINKE hat sich zum Ziel gesetzt, das Ehrenamt und damit bürgerschaftliches Engagement zu stärken und weiterzuentwickeln. Mit unserem „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes“ fordern wir einen Ehrenamtsfonds zur Förderung einzelner Maßnahmen und Projekte sowie ein Kommunalbudget zur Schaffung von kommunalen Strukturen zur Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements. Ehrenamtliche Mitglieder der Vertretung (Fraktionen) sollen zudem aus Haushaltsmitteln Zuwendungen erhalten sowie eine angemessene sächliche als auch personelle Ausstattung.
Politische Bildung ausbauen
Die politische Bildungsarbeit in Sachsen-Anhalt steht vor großen Herausforderungen. Neben einer grundlegenden Demokratiebildung gewinnt die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Antisemitismus, alten und neuen Verschwörungstheorien an Bedeutung.
Der Klimawandel, Strukturwandel, Digitalisierung erfordern die Begleitung durch die Institutionen der politischen Bildung. Der ländliche Raum darf bei politischen Bildungsangeboten nicht vernachlässigt werden und es sind zugleich mehr Online-Angebote zu entwickeln, um mehr junge Leute zu erreichen. DIE LINKE hält vor dem Hintergrund dieser Bedarfe eine deutliche Erhöhung der Mittel für die politische Bildungsarbeit für nötig. Dies betrifft sowohl die Landeszentrale für politische Bildung als auch die demokratischen politischen Landesstiftungen in Sachsen-Anhalt und die freien Träger zur Stärkung der Zivilgesellschaft und der Demokratie.
Die Leistungsfähigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften ist maßgeblich für das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat. Doch in Sachsen-Anhalts Gerichten stauen sich die Verfahren. Die Neuzugänge steigen, während die Abarbeitung von Altbeständen nur schleppend vorangeht. So betrug beispielsweise die durchschnittliche Verfahrensdauer erledigter Klagen bei den Sozialgerichten im Jahr 2019 ca. 17 bis 19 Monate. Beim Landessozialgericht lag die durchschnittliche Verfahrenslaufzeit erledigter Berufungen bei 21 Monaten. Im Zeitraum von 2018 bis zum Stichtag des 31.08.2020 sind insgesamt 30.960 Verfahren anhängig. An den Verwaltungsgerichten des Landes liegt die durchschnittliche Dauer der Verfahren mit 14,4 Monaten über dem Bundesdurchschnitt von 2,8 Monaten. Mehrere hundert Verfahren sind älter als zwei oder drei Jahre. Insgesamt sind mehr als 5.200 Verfahren anhängig, etwa 40 Prozent mehr als vor 2015.
Eine hohe Arbeitsbelastung geht einher mit einem hohen Krankenstand, der seit Jahren ansteigt. Diese und viele Überstunden sind eine Ursache für überlange Verfahren. Gerade für Menschen mit wenig Geld, die vor Sozial- und Verwaltungsgerichten ihre Ansprüche durchsetzen wollen, ist dies sehr bedrückend. Für DIE LINKE ist besonders wichtig: Rechtsschutz darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass der Zugang zur Rechtsprechung nicht infolge fiskalischer Barrieren und Sparmaßnahmen begrenzt wird. Deshalb wenden wir uns gegen Beschränkungen der Beratungs-, Prozess- und Verfahrenskostenbeihilfen für die Bürger*innen.
Bürgernahe Justiz – Erhalt von bürgernahen Gerichtsstandorten
Wir stehen für den Erhalt einer bürgernahen Gerichtsstandortstruktur sowie einer bürgerfreundlichen Justiz. Wir werden uns deshalb für den Ausbau von bürgerorientierten Justizzentren einsetzen. Die Grundversorgung mit Justizdienstleistungen mit einem möglichst wohnortnahen Zugang der Bürger*innen mittels Einzelgericht soll verbessert werden. Wir unterstützen die Erhaltung und Sanierung des Landesgrundbucharchivs in Barby.
Was wir für mehr Richter und Staatsanwälte tun wollen
Sachsen-Anhalt hat eine ausreichende Stellenausstattung mit Richter*innen und Staatsanwält*innen. Leider nur auf dem Papier.Denn das CDU-Justizministerium betreibt die Neubesetzung freiwerdender Stellen nicht in dem erforderlichen Maße. Gerichte und Staatsanwaltschaften sind somit gravierend personell unterausgestattet. Um dem entgegenzutreten hat DIE LINKE eine Personalstrategie für ausreichende Neueinstellungen erarbeitet, um aktuelle und künftige Altersabgänge langfristig zu kompensieren. Das Land muss für den juristischen Nachwuchs attraktiver werden und berufliche und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Das beginnt mit einer konkurrenzfähigen Werbung und guten Bedingungen für die Richter*innen auf Probe. Es muss sich mehr um Arbeitszufriedenheit und die Bedingungen für eine zuverlässige Lebens- und Familienplanung gekümmert werden. Wir wollen eine Evaluation und Modernisierung der Fort- und Weiterbildungen in der Justiz, darin eingeschlossen eine partielle Fortbildungspflicht unter Wahrung des Grundsatzes der richterlichen Unabhängigkeit.
Nur eine digitalisierte Justiz ist auch eine bürgernahe Justiz
Die Digitalisierung der Justiz ist unumkehrbar. Denn bis 2026 sind in allen Verfahrensarten elektronische Akten einzuführen. Wir sehen darin eine große Chance, Arbeitszeit einzusparen und Verfahren zu beschleunigen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Gerichte künftig Schrift-sätze, Unterlagen, Akten, Dokumente elektronisch versenden und Videokonferenzen noch häufiger als bisher im Gerichtssaal abhalten können. Richter*innen müssen die Möglichkeit erhalten, auch von zuhause Zugriff auf benötigte Fachprogramme zu haben. Wir wollen dafür sorgen, dass die Justiz ein leistungsstarkes Datennetz sowie eine moderne digitale Ausstattung erhält.
Wir wollen neue Schwerpunktstaatsanwaltschaften einrichten
Für die Verfolgung bestimmter schwerwiegender Strafsachen, einschließlich deren Strafvollstreckung, wollen wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften mit landesweiter Ermittlungsbefugnis einrichten. Dies ist vor allem in den Bereichen Rechtsextremismus und Gewalt gegen Frauen nötig.
Sozial verträgliche Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren
Der Zugang zu Gerichten und Einrichtungen der Justiz darf nicht durch finanzielle Hürden erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden. Im Bundesrat muss sich unser Land für sozial verträgliche Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren einsetzen.
Warum wir das Strafrecht reformieren wollen
Die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates wird nicht durch eine stetige Verschärfung des Strafrechts garantiert. Es darf nur dann zur Anwendung kommen, wenn es unweigerlich erforderlich ist. Deswegen wollen wir Straftatbestände wie das „Containern“ oder das „Schwarzfahren“ abschaffen. Auch der Gebrauch von Drogen wie Cannabis sollte nicht weiter kriminalisiert werden. Die zutiefst frauenfeindliche Kriminalisierung der Information über Schwangerschaftsabbrüche muss schleunigst beendet werden. All das wird zu einer Entlastung bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten, die für die Verfolgung schwerer Straftaten benötigt werden, führen.
Was wir für die Entlastung der Haftanstalten fordern
Wer eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzt, tut dies in der Regel, weil er seine Geldstrafe nicht bezahlen kann. Mittels Bundesratsinitiative werden wir uns für die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe einsetzen. Auf Landesebene wollen wir gemeinnützige Projekte wie „Arbeit statt Strafe“ ausbauen, in denen die Betroffenen ihre Geldstrafen abarbeiten können, ohne im Gefängnis zu sitzen.
Mediation statt langer Gerichtsverfahren
Nachbarschaftskonflikte und andere Streitigkeiten müssen nicht vor dem Kadi landen und damit Anwalts- und Gerichtskosten verursachen. Die Mediation ist ein immer häufiger eingesetztes Verfahren zur einvernehmlichen Schlichtung von Konflikten. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass im Bundesrat die Einführung einer finanziellen Unterstützung für Mediationen (Mediationshilfe) vorangebracht wird.
Opferschutz und Opferhilfe verbessern
Opfer einer Straftat zu werden ist oftmals ein so erschütternder Einschnitt in das persönliche Leben, dass noch sehr lange Hilfe benötigt wird. Daher setzen wir uns für einen Opferhilfefonds in Sachsen-Anhalt ein. Es geht um unbürokratische Hilfe, vor allem dann, wenn kein Geld aus dem bundesweiten Opferentschädigungsgesetz beansprucht werden kann und der Anspruch gegenüber dem Täter nicht durchsetzbar ist. Die Landesregierung hat im Sommer dieses Jahres die Stelle einer ehrenamtlichen Opferbeauftragten eingerichtet. Wir fordern jedoch die Einrichtung einer Stelle eines/r hauptamtlichen Landesopferbeauftragten, um die Unterstützung von Opfern und deren Angehörigen bestmöglich zu koordinieren sowie zu unterstützen und die Akteure des Hilfesystems zu vernetzen. Wir schlagen vor, dass die Einnahmen aus Geldauflagen im Rahmen von Strafverfahren stärker Einrichtungen zugute kommen, die Opferschutzarbeit leisten. Opfer von Straftaten sollen kostenlose Untersuchungen in den Opferschutzambulanzen erhalten, weil sie eine gerichtsverwertbare Dokumentation ihrer Verletzungen benötigen. Die in Halle und Magdeburg bestehenden Opferschutzambulanzen sind zu erhalten und auszubauen.
Haftvermeidung und Täter-Opfer-Ausgleich
Der Täter-Opfer-Ausgleich ist ein wichtiger Baustein bei der Bewältigung der Auswirkungen von Straftaten und für eine langfristig wirksame Resozialisierung von Straftäter*innen. Im Mittelpunkt steht dabei die Wiedergutmachung eines durch eine Straftat entstandenen materiellen und immateriellen Schadens. Gerichte und Staatsanwaltschaften sind in Sachsen-Anhalt dafür zu sensibilisieren, alle Möglichkeiten des Täter-Opfer-Ausgleichs in vollem Umfang - vor allem im Jugendbereich - zu nutzen. Weiterbildungen für Richter*innen, Staatsanwält*innen sowie Justizbedienstete sollen dieses Vorhaben unterstützen. DIE LINKE unterstützt Projekte zur Haftvermeidung durch frühzeitige ambulante sozialpädagogische Maßnahmen und Konfliktlösungen außerhalb der Gerichte, wie den Täter-Opfer-Ausgleich.
Was getan werden muss, damit Jugendliche nicht weiter auf die schiefe Bahn geraten
Es gibt gute Gründe dafür, dass das Jugendstrafrecht in wesentlichen Grundsätzen vom allgemeinen Strafrecht abweicht. Eine Jugendstraftat soll in erster Linie durch Erziehungsmaßregeln geahndet werden. Im Bereich des Jugendstrafvollzugs lehnen wir kriminalpolitische ad hoc-Entscheidungen und unverhältnismäßige, freiheitsentziehende Maßnahmen, wie etwa den sogenannten Warnschussarrest für Jugendliche und heranwachsende Straftäter*innen, kategorisch ab. Wir sehen vielmehr Handlungsbedarf an anderen Punkten. Um Chancen auf ein zukünftiges straffreies Leben zu erhöhen, muss der Jugendstrafvollzug die Jugendlichen aus den Gefängnisstrukturen und den dort herrschenden Subkulturen herauslösen. Deshalb wollen wir eine Modelleinrichtung „Strafvollzug in freien Formen“. Straffällige Jugendliche sollen in Wohngruppen an alltäglichen Problemlösungen beteiligt werden, um die soziale Verantwortung zu stärken. Um schneller auf Jugendkriminalität reagieren zu können, streben wir die Errichtung von Häusern des Jugendrechts an. Sie dienen der behördenübergreifenden Zusammenarbeit bei Straftaten von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden. Die Häuser sollen kurze Informationswege zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe, Gerichten sowie freien Trägern unter einem Dach bieten. Damit soll eine schnelle und individuell zugeschnittene Reaktion auf straffälliges Verhalten erfolgen. Dagegen sprechen wir dem Jugendarrest eine überzeugende erzieherische Wirkung ab. Zwischen Tat und Ahndung liegen regelmäßig größere Zeiträume und die Rückfallquote ist relativ hoch. Die erforderliche intensive Betreuung durch Fachpersonal kann nicht ausreichend gewährleistet werden. Solange jedoch für die Abschaffung keine rechtlichen Grundlagen auf Bundesebene existieren, hat der Vollzug des Jugendarrestes mit einem reformierten Landesgesetz in einer modernen Jugendarrestanstalt in Sachsen-Anhalt zu erfolgen. Auch Schulschwänzer*innen gehören nicht in den Jugendarrest. Wegsperren ist aus pädagogischer und erzieherischer Sicht ungeeignet, nicht zielführend und untauglich.
Straftäter resozialisieren
Strafvollzug heißt resozialisieren und nicht einfach wegsperren. Nur wer eine positive Perspektive für die Zeit nach der Haftentlassung hat, kann dauerhaft ein straffreies Leben führen. Daher ist ein professionelles Übergangsmanagement einzuführen. Damit sollen Gefangene und Haftentlassene individuell begleitet und betreut werden. Für erfolgreiche Resozialisierungsmaßnahmen bedarf es einer ausreichenden Finanzierung, aber vor allem muss der personellen Unterbesetzung im Justizvollzug entgegengewirkt werden. DIE LINKE wird sich dafür einsetzen, dass für die Gefangenen ausreichende und gute Bildungs- und Qualifizierungsangebote sowie Ar-beitsangebote im Strafvollzug zur Verfügung gestellt werden. Zu einem menschenwürdigen Strafvollzug gehört außerdem, dass die Arbeitsleistungen der Strafgefangenen in die gesetzli-che Rentenversicherung einbezogen werden.
Justizvollzugsstandorte in Sachsen-Anhalt
DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die ab dem Jahr 2025 vorgeschriebene Einzelunterbringung von Gefangenen flächendeckend sichergestellt wird. Die dafür notwendige Erweiterung der Justizvollzugsanstalt Halle (Dessauer Straße), deren bauliche Umsetzung sowie Finanzierung werden wir kritisch begleiten. Eine Privatisierung von Teilen des Strafvollzugs lehnen wir strikt ab, ebenso die Privatisierung von Tätigkeiten im Strafvollzug. Unser Anspruch ist es, den offenen Vollzug zu stärken und künftig zum Regelvollzug auszugestalten. Für eine effektive Arbeit der Ermittlungsbehörden müssen die beiden rechtsmedizinischen Standorte in Magdeburg und Halle erhalten bleiben. Ihr Erhalt ist ebenfalls Voraussetzung dafür, eine generell verpflichtende zweite Leichenschau bei Erd- und Feuerbestattungen realisieren zu können. Dazu bedarf es einer generellen Reformierung des Bestattungsrechts.
Eines der Grundbedürfnisse der Menschen ist es, sicher leben und arbeiten zu können. Das heißt vor allem vor Kriminalität geschützt zu werden sowie vor Armut, vor Ausgrenzung, aber auch vor unverhältnismäßigen Eingriffen des Staates in ihr Leben. Wir wollen weg von einem auf Law & Order reduzierten Sicherheitsbegriff, der vor allem auf Restriktion, Abschreckung und Überwachung setzt, hin zu einem umfassenden Begriff von öffentlicher Sicherheit. Wir stehen für eine Politik, die dort ansetzt, wo Menschen in ihrem täglichen Erleben tatsächlich mit Unsicherheiten zu kämpfen haben. Der populistische Ruf nach dem starken Staat kommt zwar im Bereich der Sicherheit sehr laut aus der CDU, zugleich wird der Staat da, wo er konkret erlebbar ist, aber immer weiter geschwächt. Wenn es um den Schutz vor rassistischem und rechtsextremem Terror geht, haben die Sicherheitsbehörden regelmäßig versagt. Zunehmende Cyberkriminalität, internationaler Terrorismus und Neonaziterror sowie eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft im sozialen Nahbereich – das alles zählt zu den zentralen innenpolitischen Herausforderungen.
Polizei besser aufstellen
Sachsen-Anhalt benötigt motivierte und bürgernah agierende Polizist*innen, die flächendeckend präsent und einsatzbereit sind. CDU und SPD haben in den letzten Jahren einen unverantwortlichen Personalabbau betrieben, der mittlerweile zu einem Personalnotstand führt, der von den Polizist*innen ausgebadet werden muss und der eindeutig zu Lasten der Öffentlichen Sicherheit geht.
Was DIE LINKE für Personal, Bezahlung und Ausstattung der Polizei tun will
Für DIE LINKE steht Nachwuchsgewinnung bei der Polizei im Vordergrund. Die hohe Zahl von Altersabgängen bei der Polizei muss kompensiert werden. Aus diesem Grund sind die Anzahl von Neueinstellungen, die Ausbildungskapazitäten und -inhalte konsequent an künftige Herausforderungen anzupassen und auszubauen. Wir fordern eine vorausschauende Personalplanung bei der Polizei, die verlässlich und motivierend für die Lebensplanung der Beamten*innen ist. Dies schließt eine moderne Polizeiausbildung, die Reduzierung von Mehrarbeit und Überstunden, gute Bezahlung, ein wirksames Gesundheitsmanagement ein.
Beförderungsstau auflösen
Seit vielen Jahren warten Polizeibeamt*innen in Sachsen-Anhalt vergeblich auf ihre Beförderung, obwohl sie beförderungsfähig waren. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass dieser Beförderungsstau unverzüglich abgearbeitet wird. Hierzu bedarf es eines jährlich verlässlichen, langfristigen und rechtzeitigen Beförderungskonzeptes. Das Budget zur Finanzierung muss so ausgestaltet sein, dass es für alle beförderungsreifen Polizeibeamt*innen hinreichend ist.
Polizeigebäude sanieren
Marode polizeiliche Gebäude müssen schnellstens saniert werden, um die örtliche Unterbringungssituation und infolgedessen die Arbeitsbedingungen der Polizist*innen zu verbessern. Die bauliche Situation der Polizeigebäude muss zur „Chefsache“ in der Landesregierung erklärt, die diesbezüglichen Kompetenzschiebereien zwischen dem Ministerium für Finanzen und dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes müssen beendet werden.
Ausbildung, Fortbildung und Qualitätssicherung
Eine Grundlage dafür, dass die Polizei ihre Aufgaben verantwortungsvoll erfüllen kann, ist eine fundierte Ausbildung. Die polizeiliche Aus- und Fortbildung muss deshalb in hoher Qualität und mit ausreichend personellen, räumlichen und sächlichen Kapazitäten sichergestellt werden. Um diskriminierende polizeiliche Maßnahmen zu verhindern, müssen Polizist*innen bereits während ihrer Ausbildung entsprechend sensibilisiert werden und Fortbildungen zu interkultureller Kompetenz verbindlich werden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Ausbildung für den Kriminalpolizeidienst über einen eigenständigen Studiengang „Kriminalistik“ qualifiziert wird.
Sicherheit ist eine öffentliche Aufgabe
Eine Verlagerung des staatlichen Gewaltmonopols auf kommunale Vollzugsbedienstete lehnen wir ab. Erst recht lehnen wir die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf private Sicherheitsunternehmen vehement ab. Ermittlungs- und Strafverfolgungsaufgaben gehören ausschließlich in die Hände von öffentlichen Bediensteten. Bürgerwehren oder andere vergleichbare Strukturen, die das Gewaltmonopol infrage stellen, lehnen wir ab.
Aufklärung und Untersuchung rechtsextremer und antisemitischer Vorfälle in den Sicherheitsbehörden
In den letzten Jahren sorgten immer wieder Enthüllungen über rechte Netzwerke in Polizei und Bundeswehr, unerlaubte Informationsweitergabe an rechtsextreme Gruppen, Berichte über Polizeigewalt und rechtswidrige Maßnahmen aus rassistischen Motiven für Erschütterung. Auch in Sachsen-Anhalt wurden antisemitische und rechtsextreme Vorfälle in der Bereitschaftspolizei bekannt, die aufgeklärt werden müssen. Wer Sicherheit will, muss auch eine kritische Überprüfung polizeilichen Handelns garantieren. Der Aktionismus des Innenministers kann die Versäumnisse der letzten Jahre nicht aufwiegen. Offensichtlich haben wir es mit einem strukturellen Problem zu tun, das einer unabhängigen Beschwerdestelle, externer Ermittlungen und Zusammenarbeit mit nicht-staatlichen Fachstellen bedarf, aber auch einer anderen Haltung, mit der das Innenministerium und damit die Landespolizei geführt wird. Hierfür brauchen wir eine funktionierende Fehlerkultur, wirksame Strukturen des Beschwerdemanagements, eine kritische Überprüfung der Verfasstheit der Sicherheitsbehörden und dienstrechtlicher Konsequenzen.
Diskriminierende Strukturen abbauen
Strukturen, die zu diskriminierendem Handeln der Sicherheitsbehörden führen, müssen abgebaut werden. Neben der verstärkten Sensibilisierung und verbindlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen brauchen wir auch eindeutige gesetzliche Regelungen, die diskriminierende Maßnahmen nicht nur abstrakt verbieten (wie bisher), sondern sie auch effektiv verhindern.
Racial Profiling bei der Polizei muss unterbunden werden. DIE LINKE wird sich für die Erarbeitung einer umfassenden wissenschaftlichen Studie zu Racial Profiling einsetzen, um auf deren Grundlage strukturellen Rassismus in der Polizei zu erkennen und abzustellen.
Ein Versagen wie im Umgang mit den Überlebenden des Anschlags vom 9. Oktober 2019 darf sich nicht wiederholen. Betroffene rechter Gewalt und rechten Terrors dürfen nicht wie Verdächtige behandelt werden, sondern müssen Schutz und Unterstützung erfahren.
Demokratische Kontrolle der Sicherheitsbehörden
Polizeiliches Handeln ist hoheitliches Handeln. Das Gewaltmonopol des Staates legitimiert sich nur durch die besondere Bindung an Recht und Gesetz und muss deshalb auch besonderer Kontrolle unterliegen. Die bereits eingeführte Kennzeichnungspflicht von uniformierten Polizeibeamt*innen wollen wir beibehalten. Wir wollen sie mittels der Einrichtung einer tatsächlich unabhängigen Anlauf- und Beschwerdestelle sowohl für Betroffene als auch für Angehörige der Polizei zur Untersuchung polizeilichen Fehlverhaltens - faktisch losgelöst und unabhängig vom Ministerium für Inneres und Sport - stärken. Die parlamentarischen Kontrollbefugnisse gegenüber den Sicherheitsbehörden müssen deutlich erweitert werden. Nazis, Rassisten und Antisemiten müssen aus dem Polizeidienst entfernt werden.
Die Abteilung für Verfassungsschutz im Ministerium für Inneres und Sport hat nicht den Nachweis erbracht, dass eine nachrichtendienstliche Behörde ein geeignetes Frühwarnsystem vor Gefahren für unsere Demokratie und unsere freie Gesellschaft ist. Zudem entzieht sie sich weitestgehend einer parlamentarischen Kontrolle und vollständig einer öffentlichen Kontrolle. Daher bleiben wir bei unserer Auffassung, dass die Abteilung für Verfassungsschutz aufzulösen ist. Zur Stärkung der demokratischen Kultur wollen wir einerseits Wissenschaft und Zivilgesellschaft und andererseits die Polizei zur Gefahrenabwehr weiter stärken und unterstützen. Es soll wissenschaftlich erforscht werden, was zur Förderung der demokratischen Kultur erforderlich ist und ein Erkenntnistransfer zwischen Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft hergestellt werden. Wir wollen langfristig Informations- und Dokumentationsstellen in Bund und Ländern etablieren, die neonazistische, rassistische, antisemitische und demokratiefeindliche Aktivitäten und Einstellungen erfassen und dokumentieren – wissenschaftlich und transparent.
Für eine wirksame Terrorismusbekämpfung und Spionageabwehr wollen wir das Personal beim Landeskriminalamt stärken, statt den Geheimdienst mit zusätzlichem Personal aufzublähen.
Eine der wichtigsten Aufgaben in den nächsten Jahren wird es sein, den Anschlag von Halle umfassend aufzuarbeiten. Eine kritische Überprüfung polizeilichen Handelns und der diesem zugrunde liegende Gefährdungsanalysen ist dafür unverzichtbar.
Versammlungsrecht
Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Verfassungsgut. Wir setzen uns deshalb für ein demokratieförderndes und grundrechtsbezogenes Versammlungsrecht ein. Versammlungsbehörden und Polizei haben zuallererst die Pflicht, dieses verfassungsmäßige Recht auf Versammlungsfreiheit zu garantieren. Dieser Verantwortung müssen die Versammlungsbehörden durch ihr Agieren und die Einsatzstrategien der Polizei gerecht werden und Strategien der Deeskalation erarbeiten. Staatliche Beschränkungen und Auflagen für Versammlungen dürfen nicht dazu führen, dass Versammlungen erschwert und das Versammlungsrecht willkürlich eingeschränkt wird. Zugleich sehen wir, dass bei rechten und verschwörungsideologischen Versammlungen immer wieder Auflagen verletzt werden, Beobachtende und Journalist*innen angegriffen werden und strafrechtlich relevante Aussagen getätigt werden können. Das ist nicht hinnehmbar. Hier haben wir es allerdings nicht mit einem Problem in der Rechtslage zu tun, sondern mit der fehlenden Durchsetzung geltenden Rechts. Wir wollen dafür sorgen, dass Versammlungsbehörden und Polizei ihren Auftrag erfüllen und Straftaten und Auflagenverstöße konsequent ahnden, Pressefreiheit schützen und Straftaten und Übergriffe als solche erkennen, diese voll umfänglich dokumentieren, rechtlich zutreffend analysieren und vor allem: eingreifen, ahnden und sanktionieren. Denn der Staat und seine Behörden sind nicht neutral. Sie sind der Demokratie verpflichtet.
Feuerwehr, Rettungsdienst, Katastrophenschutz
DIE LINKE bringt den Beschäftigten der Feuerwehr, der Rettungsdienste und des Katastrophenschutzes große Wertschätzung entgegen. Wir fordern mehr Anerkennung für ihre Leistung im Haupt- und Ehrenamt für unser aller Wohl. Wir finden, dass für ehrenamtliche Tätigkeit Rentenpunkte zur gesetzlichen Rente für die Teilnahme am aktiven Einsatzdienst bei den freiwilligen Feuerwehren als Anerkennung des Ehrenamtes wichtig sind. Eine gute Jugendarbeit mit der Nachwuchsförderung in Kinder- und Jugendfeuerwehren und der Ausbau der Entschädigungsmöglichkeiten der freiwilligen Feuerwehren bilden die Grundlage dafür. Die Forderung nach einem Erlass einer Feuerwehr-Entschädigungs-Verordnung am Thüringer Modell unterstützen wir ausdrücklich.
Wir fordern mehr Personal für das Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge und die Förderung der Landesrettungsschule zur Gewährleistung einer hochwertigen Ausbildung.
Für eine gute ehrenamtliche Arbeit ist die Kommunikation auf allen Ebenen wichtig, diese ist oftmals nicht gegeben, daher beantragten wir bereits die Einrichtung eines Landesbeirates für Brandschutz, Hilfeleistung und Katastrophenschutz. Leider wurde dieser bis heute nicht eingerichtet, wir bleiben dran. Gesundheit ist auch bei den ehrenamtlichen Helfer*innen ein hohes Gut. Daher ist es uns wichtig, einen verbesserten Schutz der Kamerad*innen bei Einsätzen zu gewährleisten. Eine Reform der Feuerwehrunfallkasse in Sachsen-Anhalt ist unbedingt notwendig. Hierbei steht die Anpassung an aktuelle Anforderungen und Verbesserung der Anerkennung von Unfällen im aktiven Einsatzdienst der Feuerwehren und eine Verbesserung der Traumabewältigung (Krisenintervention) für schwere Einsätze der freiwilligen Feuerwehren und des Rettungsdienstes im Vordergrund. Finanziell ist dies durch die Auszahlung von 90 Prozent der Einnahmen der Feuerschutzsteuer an die Städte und Gemeinden zweckgebunden für den Brandschutz abzusichern. Eine aus Spargesichtspunkten betriebene Zentralisierung der Rettungsleitstellen im Land lehnen wir ab.
Das Kostenerstattungssystem für Feuerwehren und Rettungsdienste muss vereinfacht werden.
Seit dem Frühjahr 2020 hat unsere Landesverfassung eine Antifaschismusklausel. Gemäß Artikel 37a ist es „Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung jedes Einzelnen, eine Wiederbelebung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie rassistische und antisemitische Aktivitäten nicht zuzulassen“. Das ist ein wichtiges Signal, für das DIE LINKE gekämpft hat. Sachsen-Anhalt zählt zu den Ländern mit den meisten rechtsextremen, rassistisch und antisemitisch motivierten Straftaten pro 100.000 Einwohner*innen in der Bundesrepublik. Die extreme Rechte verschiebt den Diskurs, befeuert rechten Terror und treibt zugleich Regierungen vor sich her. In Sachsen-Anhalt sympathisieren Teile der CDU offen mit einer Zusammenarbeit mit der AfD. Wir kämpfen gegen jeden Einfluss der extremen Rechten auf die Regierungspolitik. Für DIE LINKE ist klar: Sachsen-Anhalt braucht antifaschistische Politik mehr denn je, symbolisch und konkret.
Antifaschistische Kämpfe gemeinsam führen
Antifaschistische Politik findet an vielen Orten statt – in Anwohner*inneninitativen, Bildungsprojekten, Bündnissen, Vereinen wie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – bis hin zum Engagement Einzelner. Sie alle haben in den letzten Jahren zunehmend Abwehrkämpfe zu führen. DIE LINKE steht für die Verbindung dieser antifaschistischen Kämpfe im Parlament und in der Gesellschaft, für Solidarität und für antifaschistisches Selbstbewusstsein, an der Seite der Betroffenen, solidarisch mit sozialen Bewegungen und außerparlamentarischen Gruppen. Wir nehmen nicht hin, wenn Gewerkschafter*innen, Schüler*innen von Fridays for Future und Antifaschist*innen als linksextrem diskreditiert werden. Den unwissenschaftlichen Extremismusbegriff, der auf der Totalitarismustheorie aufbaut, wollen wir als Grundlage staatlichen Handelns streichen.
Wir blockieren weiterhin gemeinsam in breiten Bündnissen Naziaufmärsche und kämpfen gegen rassistische Angriffe. Ziviler Ungehorsam gehört zum demokratischen Protest.
Einsatz für Demokratie stärken
Wir wollen den Einsatz für die Demokratie stärken und die Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements verlässlich finanzieren. Dazu werden wir das Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit aufstocken, die Antragstellung vereinfachen und das Programm hinsichtlich der förderbaren Aktivitäten überarbeiten. Für die Demokratieförderung in Sachsen-Anhalt wollen wir eine eigenständige gesetzliche Grundlage schaffen, die den Trägern Rechtssicherheit und Verlässlichkeit garantiert und dauerhafte Förderung ermöglicht.
Betroffene schützen und Beratung stärken
Wir wollen das Monitoring politisch motivierter Straftaten in Zusammenarbeit mit den Opferberatungsstellen verbessern und die Mobile Opferberatung dauerhaft besser finanzieren. Eine Meldestelle für antisemitische Vorfälle soll eingerichtet werden. Für Opfer rechtsextremer Gewalt fordern wir ein Bleiberecht, um der auf Vertreibung gerichteten Ideologie der Täter entgegenzutreten und die Betroffenen zu schützen. Betroffene wollen wir besser schützen, den Schutz von Synagogen, Moscheen und anderen bedrohten sakralen Orten ausbauen. Analyse, Aufklärung und Beratung sind entscheidend für den gesellschaftlichen Einsatz gegen die extreme Rechte. Wir werden die Förderung der Träger, z.B. der Regionalen Beratungsteams und der Arbeitsstelle Rechtsextremismus sowie lokaler Bündnisse ausbauen. Die Versuche von AfD und CDU, diese Arbeit zu delegitimieren, weisen wir zurück, ebenso den Versuch, über die falsche Auslegung des Neutralitätsgebots die Arbeit freier Träger zu entpolitisieren und ihr Eintreten für Menschenrechte und die Verfassung zu diskreditieren.
Konsequente Strafverfolgung und Entwaffnung
Ohne ein Ende des gesellschaftlichen Rechtsrucks wird auch keine sicherheitspolitische Maßnahme das Erstarken der extremen Rechten stoppen. Und doch ist der Staat gefragt. Denn Agieren von Polizei und Justiz hat entscheidenden Einfluss auf Täter, wie auf Betroffene rechter Gewalt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, wie nicht zuletzt auch der Halle-Prozess gezeigt hat. Polizeikräfte und die Staatsanwaltschaften müssen Formen, Strukturen und Realität des Rechtsextremismus kennen und zutreffend analysieren können, um effektive Strafverfolgung sicherzustellen und Ermittlungen umfassend betreiben zu können. Die Richtlinien zur Verfolgung politisch motivierter Straftaten und deren Umsetzung wollen wir extern wissenschaftlich untersuchen lassen und anhand der Ergebnisse anpassen. Die Praxis der Einstellung von Strafverfahren bei rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt werden wir überprüfen. Dass Menschen, die regelmäßig Betroffene rechter Hetze und Gewalt werden, Straftaten nicht mehr anzeigen, weil sowieso nichts passiert, können und wollen wir nicht hinnehmen. In einem Lagebild „offene Haftbefehle“ wollen wir den Vollzug von Haftbefehlen gegen Neonazis und andere extrem Rechte untersuchen und verbessern.
DIE LINKE steht für deutlich weniger Waffen im privaten Besitz. Die Waffenbehörden müssen die Einhaltung der entsprechenden Gesetze umsetzen und kontrollieren. Waffenrechtliche gesetzliche Regelungen gehören auf den Prüfstand und es müssen individuelle Waffenverbote und Kontrollen stärker zum Tragen kommen. Wir wollen die Entwaffnung der extremen Rechten und besonders der sogenannten Reichsbürger*innen vorantreiben.
Bildung und Gedenken
Wir wollen Beratungsangebote zum Umgang mit rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt für Schulen schaffen und die Auseinandersetzung mit rechtem Terror in den Lehrplänen verankern. Wir setzen uns für eine antifaschistische Erinnerungskultur und den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus als Feiertag ein. Wir werden Stätten der Erinnerung unterstützen, ihre Finanzierung ausbauen und sichern.
Für DIE LINKE bleiben die christlichen Kirchen ein wichtiger zivilgesellschaftlicher Partner im humanistischen Dialog, auch wenn die Mehrheit der Menschen in Sachsen-Anhalt ohne religiöses Bekenntnis lebt.
Wir empfinden Hochachtung für das Engagement von Christ*innen für die Integration von Migrant*innen und in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten. Darüber hinaus wollen wir
die Kontakte zu den jüdischen und muslimischen Gemeinden im Land intensivieren und sie bei ihrem Recht auf Religionsausübung unterstützen. Wir wollen die Beziehung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und dem Landesverband der muslimischen Gemeinden institutionalisieren und rechtlich absichern.
Dass Juden und Muslime immer wieder bedroht, beleidigt und angegriffen werden, verlangt nach einer höheren Sensibilität der Verfolgung solcher Straftaten genauso wie nach einer gesellschaftlichen Ächtung von Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit. Der schreckliche Anschlag auf die jüdische Gemeinde in Halle unterstreicht die Notwendigkeit eines kompromisslosen Kampfes gegen alle Formen des Antisemitismus in Deutschland.
Das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf einen fakultativen Religionsunterricht steht einem verbindlichen Angebot eines Werteunterrichtes, der Grundverständnis der Weltreligionen vermittelt, nicht entgegen.
Die beiden christlichen Großkirchen verfügen über zahlreiche finanzielle Privilegien, die für ein finanzschwaches Land wie Sachsen-Anhalt nicht mehr zeitgemäß sind. Das Land Sachsen-Anhalt zahlt wegen der bisher abgeschlossenen Verträge die mit Abstand höchsten Pro-Kopf-Leistungen an die Kirchen. Es gibt auch keine zeitliche Begrenzung dieser dynamisch steigenden Kosten. Seit über 100 Jahren fordern Verfassung und Grundgesetz die Ablösung der Staatskirchenleistungen für die evangelische und katholische Kirche. Wir werden uns auch dafür einsetzen, dass dieser verfassungswidrige Zustand beendet wird. Entweder über eine Abgeltung dieser Ansprüche durch eine Übernahme der Baulast von besonders kulturhistorisch bedeutenden Kirchen und Gebäuden oder eine Einmalzahlung aus dem Landeshaushalt.
Als Internationalist*innen wissen wir, dass die Zukunft Sachsen-Anhalts nicht nur Teil der Entwicklung Deutschlands ist, sondern untrennbar in europäische und globale Zusammenhänge eingebettet ist. Der Weg unseres Landes kann nur erfolgreich sein, wenn unsere Nachbarländer, die gesamte Europäische Union und Europa als Ganzes seine Integration vertieft.
Wir haben gesehen, wie während der Corona-Pandemie nationalistische Abschottung Probleme verschärft, statt sie zu lösen. Deswegen kämpfen wir für einen grundlegenden Wandel der Europäischen Union, von einem marktorientierten Staatenbund hin zu einer echten Solidargemeinschaft, die den Menschen in den Mitgliedsländern soziale Sicherheit gibt, statt diese zu bedrohen, die reale Schritte hin zu einer C02-neutralen Wirtschaft einleitet und als stabilisierender Friedensfaktor weltweit wirkt. Wir streiten für die Durchsetzung grundsätzlicher Werte wie Rechtsstaatlichkeit, gegen die Diskriminierung von Minderheiten und für die humanistische Aufnahme von Flüchtlingen als verbindende Grundlage der Europäischen Union. Sachsen-Anhalt hat in den vergangenen Jahren sehr viel von Strukturfördermitteln der Europäischen Union profitiert. Wir wollen diese Mittel auch in Zukunft für die Entwicklung der Infrastruktur und für sozialpolitische Projekte in Sachsen-Anhalt einsetzen und setzen uns für eine verbesserte Zugänglichkeit und Abrechnung dieser Gelder ein. Wir beteiligen uns nicht an der engstirnigen Diskussion über Nettozahlungen an den EU-Haushalt, weil wir wissen, dass die Strukturförderung, insbesondere bei unseren osteuropäischen Nachbarn, die Entwicklung voranbringen kann und damit auch die Rahmenbedingungen für Sachsen-Anhalt geschaffen werden.
Wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland schaden nicht nur der russischen Wirtschaft, sondern auch der ostdeutschen wirtschaftlichen Entwicklung und dies außerdem überdurchschnittlich stark im Vergleich zu den alten Bundesländern. Auch wenn wir für den Wegfall der Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Russland eintreten und eine Phase der Kooperation und Zusammenarbeit einleiten wollen, setzen wir uns für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Russland ein.
In Sachsen-Anhalt leben etwa 34.000 nichtdeutsche EU-Bürger*innen. Sie arbeiten in der Landwirtschaft, der Lebensmittelindustrie, der Gastronomie und im Tourismus. Ohne sie würde in der Pflege nichts mehr laufen. Darüber hinaus gibt es eine hohe Zahl von Werkvertragsarbeiter*innen. Leider hat Sachsen-Anhalt im Vergleich zu westlichen Bundesländern eine niedrige Attraktivität für den Zuzug von EU-Bürger*innen. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass das Land Sachsen-Anhalt mehr für den Arbeitsschutz und zur sozialen Absicherung der EU-Bürger*innen tut. Zoll und Landesbehörden müssen hier zusammenwirken. Auf der Bundesebene geht es um das Verbot von Werksverträgen und den Anspruch auf SGB II-Leistungen ohne Fristen für den Zugang von Menschen aus Osteuropa, die Stärkung der Beratungsstruktur und den Zugang zu Sprachkursen für EU-Bürger*innen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung werden wir weiter für eine interkulturelle Öffnung in Verwaltung und Zivilgesellschaft streiten.
DIE LINKE setzt sich für Qualität, Medienvielfalt und Transparenz als wichtiges Instrument demokratischer Willensbildung und Teilhabe, für eine kritische Öffentlichkeit und für einen allgemeinen, freien und sozial gleichen Zugang zu den Medien ein. Veränderte Nutzungsgewohnheiten und -angebote in Zeiten der Digitalisierung bedeuten einen radikalen Umbruch in der Medienlandschaft. Dieser Umbruch geht einher mit einem zunehmenden Legitimationsdruck öffentlich-rechtlicher Medien und mit sich verschlechternden Rahmen- und Arbeitsbedingungen, der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen und einer zunehmenden Kommerzialisierung von journalistischen Angeboten u.a. durch die sinkenden Printauflagen und Konzentrationsprozesse bei Zeitungen und Redaktionen.
DIE LINKE setzt sich für eine plurale Medienlandschaft ein. Dazu gehören die Regionalstudios des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Bürgermedien mit den sieben Offenen Kanälen und den zwei nichtkommerziellen Radiosendern sowie die privaten Radiosender und regionalen Fernsehsender.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Grundauftrag der öffentlich-rechtlichen Medien ist es, mittels Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung einen Beitrag zur Meinungsvielfalt und somit zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Für ein unabhängiges Programm, das frei von den Interessen Dritter gestaltet werden kann, brauchen öffentlich-rechtliche Sender eine bedarfsgerechte Finanzierung. DIE LINKE setzt sich für die Ausweitung der Beitragsbefreiung u.a. auf soziale Einrichtungen und Menschen mit Beeinträchtigungen ein. Eine Kompensation der Beitragsbefreiungen aus Steuermitteln würde einen erheblichen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten, ist mit der gebotenen Staatsferne vereinbar und würde den Rundfunkbeitrag längerfristig stabil halten. DIE LINKE lehnt Programmkürzungen und Kürzungen bei den festen und freien Mitarbeiter*in-nen im ÖRR ab und fordert mehr journalistische Berichterstattung und mehr Programmvielfalt. Die Bestrebungen von CDU/CSU, ARD und ZDF fusionieren zu lassen, werden von uns konsequent abgelehnt. Stattdessen wollen wir eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir setzen auf Qualität statt Quote. Nicht der Marktanteil entscheidet über den Erfolg, sondern die Vielzahl qualitativ hochwertiger Angebote und deren gesellschaftliche Reichweite. Darüber hinaus brauchen wir mehr Engagement vor Ort. Der Kultur- und Bildungsauftrag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist unumstritten und gerade in der Pandemie ist die Bedeutung dieses Auftrages umso deutlicher geworden. Dieser muss weiter ausdifferenziert und gestärkt werden.
Darüber hinaus fordert DIE LINKE umfassende Transparenz der Gehaltsstrukturen. Dazu gehört, dass sich Intendant*innengehälter an der Besoldung von Ministerpräsident*innen orientieren und auch außer- und übertarifliche Gehälter in einer strukturierten Darstellung öffentlich zugänglich gemacht werden.
Bürgermedien
Bürgermedien mit ihren lokalen und regionalen Bezügen sind Teil der demokratischen Willensbildung, sie sind Orte der Integration und Koordination aller gesellschaftlichen Gruppen und Instrumente politischer Bildung und Medienkompetenz. DIE LINKE will diese Funktionen stärken und gemeinsam mit den Bürgermedien im Land weiterentwickeln.
Teil VII: Wer bezahlt die Rechnung für die Krise?
DIE LINKE steht dafür, dass Superreiche zur Finanzierung der Krise herangezogen und Geringverdiener und Mittelschicht vor den Krisenkosten geschützt werden. Wir brauchen einen fairen Lastenausgleich, wie ihn das Grundgesetz für solche Fälle vorsieht. Wir wollen eine einmalige Vermögensabgabe für Multimillionäre und Milliardäre einführen. Jetzt ist die Solidarität derer gefordert, denen es sehr gut geht. Nach der Krise braucht es eine große Steuerreform, die Geringverdiener*innen und die Mitte entlastet. Wir wollen eine progressive Vermögenssteuer für Multimillionäre und Milliardäre, die im Jahr rund 100 Mrd. Euro einbringt und dauerhaft Zukunftsinvestitionen in Bildung, Sozialstaat, Energiewende und Infrastruktur ermöglicht. Auch auf EU-Ebene brauchen wir eine Abgabe auf Vermögen von Milliardären, um die Mittel des Wiederaufbaufonds refinanzieren zu können. Für uns gilt: Weder die deutsche Verkäuferin noch der italienische Krankenpfleger sollen für diese Krise bezahlen.
Wie es um den Landeshaushalt bestellt ist
Im laufenden Doppelhaushalt Sachsen-Anhalts werden derzeit Einnahmeausfälle von 1,75 Mrd. Euro erwartet. Wir rechnen damit, dass dieses Haushaltsloch bis 2024 auf 5 Mrd. Euro anwächst. Dagegen hat die Haseloff-Regierung einen Nachtragshaushalt von lediglich 500 Mio. gesetzt. Sachsen-Anhalt muss endlich seine Notkreditermächtigungen nutzen, um die Steuerausfälle der Jahre 2020/21 sowie krisenbedingte Mehrbedarfe durch eine entsprechende Erhöhung der Nettokreditaufnahme auszugleichen. Wir teilen die Auffassung des DGB, dass für diese Kredite ein Tilgungszeitraum von 30 Jahren festzulegen ist. Die mittelfristige Finanzplanung ist mit dem Ziel zu überarbeiten, dass die Fehlbeträge der Jahre 2022 bis 2024 durch eine entsprechende Kreditaufnahme ausgeglichen werden. Dabei ist der Landtag darüber in Kenntnis zu setzen, welche Kosten unter den Bedingungen des gegenwärtigen Niedrigzinsumfeldes bzw. der Emission von Nullzinsanleihen dafür entstehen. Die Landesregierung muss sich gegenüber dem Bund für einen gesetzlichen Lastenausgleich zum Abbau der notlagebedingten Schulden einsetzen.
Die Kreditaufnahme ist deswegen ein strategisches Finanzierungsinstrument, weil derzeit kaum Zinsen für deutsche Staatsanleihen auf den internationalen Finanzmärkten anfallen. Vor allem aber wird immer mehr deutlich, dass die Notlage für die öffentlichen Haushalte nicht allein auf die Pandemie zurückzuführen ist, sondern auf die komplexen Verflechtungen verschiedener Krisenprozesse, die nicht nur eine temporäre Schock-, sondern eine langfristige Erosionswirkung auf die Wirtschaftsabläufe entfalten.
Bedarfsgerechte Kommunalfinanzen
Kernproblem der kommunalen Finanzausstattung bleibt die weit hinter dem Bundesdurchschnitt zurückbleibende Steuerkraft der Städte und Gemeinden Sachsen-Anhalts. DIE LINKE fordert mit ihrem Konzept „Steuergerechtigkeit für Kommunen“ eine Umverteilung zugunsten der Städte und Gemeinden. Pro 10 000 Einwohner*innen würden damit ca. 2,5 Mio. Euro jährlich Mehreinnahmen entstehen.
Unsere Anforderungen an das Land
Mit mehr als 3 Mrd. Euro ist die Kommunalquote im Landeshaushalt zwar hoch, jedoch erfolgt die Verteilung der Mittel in einer Vielzahl von Programmen und Fördertöpfen. Das führt zu Verteilungsungerechtigkeit und hohem bürokratischen Aufwand. Diese Zustände stehen für das Misstrauen der Landespolitik in die Kommunen.
DIE LINKE vertraut auf kommunale Selbstverwaltung. Wir werden die Vielzahl der Fördertöpfe durch klare Strukturen im Finanzausgleich ersetzen. Der seit 2016 geltende Festbetragsfinanzausgleich von 1,6 Mrd. Euro hat zwar den Sparkurs auf Kosten der Kommunen beendet, jedoch reicht das nicht aus. Deswegen werden wir das Finanzausgleichgesetz ändern, damit es sich besser am kommunalen Finanzbedarf orientiert. Wir wollen auch für die kreisangehörigen Gemeinden Ergänzungszuweisungen zum Belastungsausgleich einführen. Dieser Ausgleich von 30 Mio. Euro für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und die Kosten für die Unterhaltung der Gemeindestraßen soll künftig als Ergänzungszuweisung im Finanzausgleich verankert und nach Länge der Gemeindestraßen verteilt werden. Die Investitionspauschale wollen wir beibehalten und in sie auch die anteilige Finanzierung des Landes an den kommunalen Aufwendungen für die Abschreibungen integrieren.
Der Städte- und Gemeindebund hat nach einer Umfrage, an der sich 77 Städte und Gemeinden beteiligt haben, einen Sanierungsbedarf an kommunalen Schwimmbädern von rund 147 Mio. Euro ermittelt. Wir wollen einen Schwimmbadfonds auflegen, damit die Kommunen die Aufgabe stemmen können. Für die Kommunen wollen wir verbindliche Regelungen der Erstattung der tatsächlich anfallenden Kosten in Verbindung mit zu erfüllenden Qualitätsstandards für die Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen. Mit Blick auf die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern tritt DIE LINKE hierbei für eine deutlich stärkere Bundesbeteiligung ein.
Mit der Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfes soll sich künftig eine vom Landtag eingesetzte Gemeindefinanzkommission befassen. Die Verteilung der Finanzausgleichmittel muss den Aufgaben und Belastungen folgen. Die Kommunen müssen von restriktiven Regeln der Haushaltsaufstellung und Haushaltskonsolidierung befreit werden. Die Vorschrift, wonach bei fehlendem Ausgleich des Finanzhaushaltes bereits ein Haushaltskonsolidierungskonzept aufzustellen ist, muss abgeschafft werden. Die unzureichende Finanzausstattung der Kommunen hat dazu geführt, dass die Kommunen erhebliche Defizite vor sich herschieben. Deshalb sollten sie zum einen von ihren Altschulden entlastet werden. In der Haushaltskonsolidierung sind nur gegenwärtige strukturelle Defizite und die Fehlbeträge der vergangenen drei Jahre anzurechnen. Für die verbleibenden Altfehlbeträge wollen wir die Möglichkeit der Umschuldung in einen Landesfonds anbieten, in welchem diese auf eine Frist von 30 bis 50 Jahren zurückgezahlt werden sollen. Dabei wollen wir mit Zins- und Tilgungshilfen zusätzliche Anreize setzen.
Unsere Anforderungen an den Bund
DIE LINKE fordert eine Gemeindefinanzreform, die eine Neuausrichtung der Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden entsprechend der gesamtstaatlichen Aufgabenverteilung zum Gegenstand hat. Die Gewerbesteuer muss dringend reformiert und als Gemeindewirtschaftssteuer gestaltet werden. Für die Landkreise fordern wir eigene Anteile an den Gemeinschaftssteuern, zum Beispiel der Umsatzsteuer.
Sachsen-Anhalt sollte bei der Grundsteuer keinen Sonderweg gehen, sondern die Voraussetzungen für die Umsetzung des reformierten Bundesgesetzes schaffen. Die „Aufkommensneutralität“ kann vor dem Hintergrund des grundgesetzlich gesicherten Hebesatzrechtes der Gemeinden nicht durch landesrechtliche Bevormundung, sondern nur durch eine angemessene Finanzausstattung erreicht werden.
Steuergerechtigkeit, die wir meinen
Wir wollen das Einkommensteuerrecht umgestalten. Wer weniger als 5.600 Euro pro Monat zu versteuern hat, wird entlastet. Wer mehr versteuern muss, wird belastet. Dies erreichen wir durch eine Änderung des Steuertarifs. Der Grundfreibetrag wird auf 9.300 Euro erhöht, so dass mindestens ein Bruttolohn in Höhe von 12.000 Euro im Jahr steuerfrei bleibt. Der Spitzensteuersatz wird auf 53 Prozent (ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen in Höhe von 65.001 Euro) angehoben. Der sogenannte Mittelstandsbauch wird beseitigt, indem die Steuerbelastung bis zum Spitzensteuersatz linear ansteigt. Letzteres senkt nicht nur die Steuerbelastung von mittleren Einkommen, sondern schwächt zugleich die sogenannte kalte Progression ab.
Teil VIII: Ohne Frieden ist alles andere nichts: Nein zum Krieg! Nein zur Rüstung!
In einer Zeit wachsender Kriegsgefahren ist DIE LINKE die Partei des Friedens.
Seit dem Ende der Blockkonfrontation vor 30 Jahren ist die Welt nicht friedlicher geworden. Militärische Aggressionen des Westens und Russlands, aber auch von Regionalmächten wie der Türkei, Saudi Arabien und Iran wurden mit der Durchsetzung von Völker- oder Menschenrecht begründet, dienten aber letztlich nur dazu, eigene Interessen im regionalen oder globalen Maßstab mit dem Mittel des Krieges umzusetzen. Die Ergebnisse waren jedes Mal mehr Not, Elend und noch größere Flüchtlingsströme. Sie haben friedliche Konfliktlösungen verhindert und Kriege ausgedehnt.
Unsere Botschaft bleibt deswegen: Krieg und die Androhung militärischer Gewalt können keine Mittel einer friedensstiftenden Politik sein. Die Aussetzung der Umsetzung des Vertrages über Konventionelle Streitkräfte in Europa durch Russland im Jahre 2007, die Außerkraftsetzung des Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme durch die USA stehen ebenso für eine Rückkehr zum Wettrüsten, wie auch das NATO-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Militärausgaben zu verschwenden. DIE LINKE lehnt eine Steigerung der Rüstungsausgaben wie auch eine weitere Ausdehnung der NATO nach Osten ab. Sachsen-Anhalt muss im Bundesrat eine deutliche Stimme für die Entspannung und die friedliche Kooperation mit Russland sein. Die Bundesregierung muss endlich den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen. Das bedeutet auch, dass die US-Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden.
Bundeswehr in Sachsen-Anhalt reduzieren
Dass die Bundeswehr in Sachsen-Anhalt wieder die Truppenstärke wie vor der Bundeswehrreform 2011 hat, ist für uns kein Grund zur Freude. Die Standorte sind Teil der Militarisierung der deutschen Außenpolitik. Sie sind damit auch Teil eines gefährlichen Bedrohungsszenariums, vor allem gegenüber Russland.
Die zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide beschloss der junge Landtag von Sachsen-Anhalt 1991. Nach Jahrzehnten des militärischen Missbrauchs sollte dieses Gebiet mit einem Naturpark Zukunft finden. Es wurde aber ein Militärpark, der Truppenübungsplatz Altmark mit dem Gefechtsübungszentrum und der Kriegsübungsstadt Schnöggersburg als zentrale Orte der Ausbildung der Bundeswehr für Auslandseinsätze und Aufstandsbekämpfung. DIE LINKE setzt sich für die Schließung der Truppenübungsplätze Altmark und Zeitzer Forst u.a. ein. Sie unterstützt die Proteste der Friedensbewegung und friedliche Aktionen zivilen Ungehorsams. Eine militärische Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle wird abgelehnt.
Solidarität statt Ellenbogen
Gerade die Corona-Krise hat uns doch vor Augen geführt, dass wir uns für gesellschaftlichen Zusammenhalt oder für den Sieg des Egoismus zu entscheiden haben. Niemand lebt ohne Eigeninteresse, aber auch keiner nur für sich allein. Das Wesen unserer künftigen Gesellschaft wird maßgeblich davon geprägt sein, wie die Kosten der Krise verteilt werden.
DIE LINKE will eine gerechte Lastenverteilung. Wer Millionen hat, kann Tausende zahlen. Wer wenig hat, darf nach der Krise nicht noch weniger haben. Diese Forderung vertreten wir schon lange, nicht erst seit Corona. Jetzt aber haben wir die Chance, die sozialen Ungerechtigkeiten zu überwinden.
Wir wollen das Land verändern. Gegen soziale Ungerechtigkeit können wir gemeinsam vieles tun. Deshalb werben wir für Solidarität statt Ellenbogen.